Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Scherze, aber manchmal schüchterte er mich auch ein. Wahrscheinlich wollte ich ihn beeindrucken, weil Mom so ehrfürchtig von ihm sprach.
Je näher Don und Mom sich kamen, desto größer wurde die Distanz zwischen uns beiden. Früher hatte ich abends gewartet, bis sie nach Hause kam, aber jetzt meinte sie, das ginge nicht mehr, weil ich meinen Schlaf bräuchte.
Sie war auch schroffer als früher – manchmal geradezu unfreundlich. Eines Tages, als wir gerade mit einer Gruppe Leute zusammenstanden, gab sie mir eine Tüte mit einem Deo. Ich hatte noch nie Deo benutzt und wusste nicht, was ich damit sollte.
»Warum gibst du mir das?«, fragte ich sie etwas verwirrt.
»Weil du stinkst«, antwortete sie und fing an zu lachen. Ein paar andere aus dem Büro lachten auch, aber ich merkte, dass ich ihnen leidtat.
Je länger ich auf der Flag blieb, desto mehr spürte ich, wie sie sich von mir entfernte. Schließlich im Herbst 1995, als ich kurz vor dem Abschluss des LOC stand, erzählte Mom im Büro die Neuigkeit, dass Onkel Dave ihr eine Stelle beim RTC angeboten hatte. Das Religious Technology Center war in der Int Base untergebracht und stellte die höchste Führungsebene der Church dar. Hier wurden die Maßnahmen gegen Ethik-Verstöße beschlossen und die richtige Anwendung und Nutzung scientologischer Lehrmaterialien und Techniken überwacht. Das Angebot war nicht nur eine große Ehre, sondern bedeutete auch, dass sie nach Hause an die Westküste kommen würde, zu Dad, Justin, Sterling und mir. Sie wirkte unschlüssig, sagte, eigentlich wolle sie nicht zum RTC , weil ihr ihre Stelle in Clearwater so gut gefiel. Doch ihr war auch bewusst, dass sie nicht ablehnen konnte, weil das Angebot von Onkel Dave kam.
Auf ihrer Abschiedsparty wurde sie mit Geschenken überhäuft. Die Mitarbeiter der Flag schienen sie wirklich zu mögen und schenkten ihr eine komplette Wohnzimmerausstattung mit einer eleganten weißen Couch, einem antiken Schrankkoffer, einer Truhe und noch ein paar anderen Accessoires. Ich plante, in dieser Woche ebenfalls eine kleine Feier für meine Mutter zu veranstalten. Manchmal hatte ich nach den Abschlussfeiern am Freitag eine kleine Show vor Mom und ein paar Führungskräften aufgeführt, die sie in ihrer Wohnung empfing. Meine Aufführungen waren ziemlich albern. An einem Freitag gab es eine altmodische Modenschau, bei der ich Moms Kleider anzog und vorführte. Ein anderes Mal führte ich einen Stepptanz auf, obwohl ich nicht die geringste Ahnung davon hatte. Zur Feier von Moms Umzug zur Int Base plante ich daher die größte aller Shows für Mom und ihre Freitagsgäste.
Ich bastelte eine Kulisse aus Pappe und nähte mir aus Küchentüchern ein Kostüm. Als ich gerade Valeska und mich schminkte und danach alles aufräumen wollte, kam Mom ungewöhnlich früh nach Hause. Sie war fuchsteufelswild, dass es so unordentlich war, obwohl sie Gäste erwartete, und schrie mich an. Sie meinte, ich hätte nur Lumpen an, überall läge Müll herum, ich hätte einen CMO -Mitarbeiter von der Arbeit abgehalten, weil er mir Pappe besorgen musste, und wäre nichts anderes als ein verwöhntes Gör. Dann knöpfte sie sich Valeska vor. »Und du«, bellte sie, »werde endlich erwachsen!«
Valeska kam sich mit ihrem bemalten Gesicht und dem albernen Hütchen auf dem Kopf sichtlich lächerlich vor und brach fast in Tränen aus. Mom befahl ihr zu gehen, was sie auch tat.
Ich hatte meine Mutter noch nie angeschrien, aber ich hielt es einfach nicht aus, wie sie Valeska und mich behandelte. Also sagte ich ihr, dass ich im Gegensatz zu anderen keine Angst vor ihr hätte. Ich fluchte sogar mehrfach, als ich ihr sagte, dass wir versucht hatten, nur für sie eine Show auf die Beine zu stellen, und gerade hätten aufräumen wollen. Sie unterbrach mich und schrie zurück, ich sollte nicht fluchen, worauf ich zurückbrüllte, sie sollte mich nicht anschreien.
Das ging eine Weile so hin und her, bis wir beide den Tränen nahe waren. Sie seufzte schwer und sah mich direkt an.
»Verzeih mir, Jenna«, sagte sie. »Nimm mich mal in den Arm. Es tut mir wirklich leid.«
Ich war aufgewühlt und erschöpft. Einen solchen Streit hatten wir noch nie gehabt, also hatten wir uns auch noch nie versöhnen müssen. Widerstrebend umarmte ich sie.
Am Abend kamen ihre Freunde wie geplant zu Besuch, und Mom tat so, als wäre nichts passiert. Ein paar Tage später flogen wir an die Westküste, zurück zur Int und zur Ranch.
KAPITEL 13
Das goldene
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