Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
denen es nötig war.
Mit mir waren noch etwa zwanzig andere in der EPF , und keiner von uns war älter als achtzehn. Ein kleiner Junge war sogar erst neun. Er war mit seiner Mutter zur Flag gekommen, um seinen Dienst anzutreten. Genau wie jeder andere in der EPF wollte er in die Sea Org eintreten. Es gab immer eine riesige Fluktuation, und jede Woche wurde mindestens einer neu rekrutiert.
Unser Lehrmeister Dave Englehart war eher ein Drillsergeant. Er war ein altgedientes Sea Org-Mitglied und hatte noch mit LRH zusammengearbeitet. Er galt als hart, skrupellos und leicht verrückt und wurde seinem Ruf in jeder Hinsicht gerecht. Damit wir alle Erfahrungen eines Sea Org-Mitglieds machten, fuhr er mit uns in einem Segelboot hinaus, aber statt uns das Segeln beizubringen, brüllte er nur hier und da ein Kommando und wurde dann wütend, wenn wir nicht wussten, wie wir das Boot manövrieren sollten. Beim Appell schnüffelte er und sagte: »Irgendjemand stinkt hier!« Wenn wir uns dann verblüfft ansahen, geriet er in Rage und schrie: »Was ist das für ein Gestank?« Einmal bückte er sich und zog einen russischen Jungen am Fuß, sodass er hinfiel. »Du bist das, du verdammtes Schwein!«, brüllte er dann. »Wasch dir deine verdammten Füße, und erscheine nie, nie wieder mit stinkenden Füßen beim Appell!«
Obwohl ich erst dreizehn war, musste ich ein Formular zur »Lebensgeschichte« ausfüllen, in dem viele persönliche Fragen gestellt wurden, die man zum großen Teil nur als Erwachsener beantworten konnte. Ich musste meinen Namen, mein Geburtsdatum, meine Sozialversicherungsnummer, Nummern verschiedener Ausweise, Kreditkarten und Bankkonten angeben sowie das Datum, wann sie ihre Gültigkeit verloren. Außerdem musste ich die Namen aller Verwandten angeben sowie ihre Einstellung gegenüber Scientology. Ich musste eintragen, ob ich je mit einem Kritiker der Kirche in Verbindung gestanden hatte. Dann musste ich auflisten, welche scientologischen Kurse und Auditings ich bereits absolviert hatte, ob ich jemals eine Straftat begangen hatte oder im Gefängnis gewesen war, ob ich je für die Regierung oder irgendeinen Geheimdienst gearbeitet hatte, ich sollte auch jede einzelne sexuelle Erfahrung auflisten, die ich gehabt hatte, inklusive Masturbation, und angeben, ob ich je etwas Homosexuelles getan hatte, ob und welche Medikamente ich genommen hatte und noch nahm, jeden Krankenhausaufenthalt, Medikamenten- und Drogenmissbrauch, wann und wo.
Ich wusste, dass ich das Formular ausfüllen musste, konnte mir aber kaum vorstellen, warum die Kirche all diese Informationen brauchte. Das Konzept von Geständnissen erschien mir sinnvoll, aber das war keine gewöhnliche Geständnisprozedur, und was hatten meine Verwandten mit meiner Eignung zu tun? Ich war noch zu jung für eine Kreditkarte, aber wozu brauchte man diese Information? Obwohl ich nichts zu verbergen hatte, kam es mir vor, als wollte die Kirche aus reinem Selbstzweck alle Informationen, die über mich zu bekommen waren. Fast, als würde man Material ohne scientologischen Nutzen sammeln, mit dem man mich erpressen konnte. Ich fühlte mich, als würde ich ein Stück meiner selbst ausliefern. Aber ich gehorchte natürlich und redete mir ein, da ich nichts zu verbergen hatte, wäre es auch kein Problem.
Nachdem ich die EPF für die Sea Org durchlaufen hatte, musste ich die EPF absolvieren, die Zulassungsbedingung für die CMO war. Diesmal bestand meine Uniform aus einer dunkelblauen Hose mit einem weißen Poloshirt. Mein Tag begann damit, dass ich frühmorgens mit dem Bus zum WB fuhr, um die Büros der Führungskräfte zu putzen. Dabei mussten wir genau alle Schritte einhalten, die LRH für die Reinigung eines Zimmers aufgelistet hatte. Tatsächlich wurde ein Zimmer dadurch äußerst gründlich geputzt. Bei unseren morgendlichen Studien hatten wir eine Menge Grundlagenkurse wie zum Beispiel Schlüssel zur Kompetenz , Grundkurs Putzen , Grundkurs Computer und Grundkurs Messengerziele .
Bei dieser EPF wurde viel geputzt. Wir putzten die Quartiere von Führungskräften der CMO und Abgeordneten des RTC , und alles musste perfekt sein. Wir machten auch ihre Betten, wendeten ihre Laken und stellten Snacks bereit, normalerweise Obst, Käse und Cracker. Wenn man uns darum bat, wuschen wir sogar ihre Autos. Danach kümmerten wir uns um ihre Wäsche und folgten auch dort genau festgelegten Vorgaben. Wir mussten ihre Kleider stärken und bügeln, durften aber keinerlei Bügelfalten
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