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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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damit du weitermachen kannst.«
    »Ich habe so viel Schlimmes getan. Ich hab das Gefühl, ich könnte es nie wiedergutmachen«, stammelte sie unter Tränen. Es überraschte mich, das zu hören, hatte mir Mr. Rathbun doch ein paar Stunden zuvor noch erzählt, sie sei unkooperativ. Es setzte mir sehr zu, diese starke Frau, die ich mein ganzes Leben respektiert und bewundert hatte, so aufgewühlt zu sehen, aber ich gab mir Mühe, die Fassung zu bewahren.
    »Mom, vergiss nie, dass du ein guter Mensch bist, ganz gleich, was andere sagen, tun oder dir unterstellen. LRH hätte seine ganze Technologie nicht hierhergebracht, um Menschen zu helfen, wenn sie es nicht verdienen würden. Jeder, der dir das Gefühl gibt, schuldig oder wertlos zu sein, ist selbst schuldig und wertlos.« Meine Mom unterdrückte mühsam ihr Schluchzen, sodass ich fortfahren konnte: »Wenn du dein Programm absolvierst, können wir wieder zusammen sein.«
    »Ja, das würde ich gerne«, sagte sie und nickte, als wäre sie einverstanden. »Ich würde sehr gerne wieder mit dir in Verbindung sein. Das würde mir helfen, wenn es schwierig wird.«
    »Mom, natürlich werde ich dir schreiben«, sagte ich, damit sie etwas hatte, worauf sie sich freuen konnte. »Ich schicke dir auch alles, was du brauchst. Du musst es mich einfach nur wissen lassen.«
    Als ich das sagte, lächelte sie. Uns beiden entging nicht, dass wir die Rollen getauscht hatten. War es wirklich so verwerflich oder unnatürlich, dass sie nach jahrelanger Trennung von ihrem Mann, meinem Vater, Einsamkeit verspürt und Trost bei einem anderen gesucht hatte? Es waren die besten Voraussetzungen für ein Out 2D gewesen. Trotz ihres Fehlers hatte sie ihr ganzes Leben der Church gewidmet, hart gearbeitet und so viele persönliche Opfer gebracht, dass ich nicht einsah, wie ein einziger Fehltritt all das zunichtemachen konnte. So viel hatte sie für die Kirche aufgegeben, da kam mir die Strafe, obwohl sie zu erwarten und regelgerecht war, ziemlich erbarmungslos vor.
    »Wie geht es Justin?«, fragte Mom und wechselte damit das Thema. Als ich ihr mitteilte, was los war und dass er wahrscheinlich austreten würde, wirkte sie nicht überrascht. »Vielleicht wird er so glücklicher«, sagte sie und klang ein bisschen hoffnungsvoller. »Er wollte schon lange gehen.«
    »Ja, wahrscheinlich«, bestätigte ich.
    Danach umarmten wir uns noch einmal lange und verabschiedeten uns voneinander.
    Mr. Rathbun wartete im Nebenzimmer auf mich. Er sah mich erwartungsvoll an und winkte mich herein. Als ich ihm eröffnete, dass meine Mom jetzt ihr Programm absolvieren würde, wirkte er geschockt.
    »Im Ernst?«, fragte er verblüfft.
    »Ja«, sagte ich.
    Trotz des Schocks schien er sich aufrichtig über Moms Entscheidung zu freuen. Er ging zu ihr, um persönlich mit ihr zu sprechen. Als er zurückkam, sagte er, er könne nicht fassen, dass ich das ganze Problem für ihn gelöst hätte. Er war einfach sprachlos.
    Am nächsten Morgen suchte mich Mr. Rathbun erneut auf. Er sagte, er halte mich für einen so guten Ethik-Offizier, dass er mich nun bitten würde, mit meinem Vater zu sprechen, da er seit Moms Out 2Dnicht mehr so gut seiner Arbeit nachkommen würde. Ich war mir nicht sicher, ob er mich richtig beurteilte, würde es aber gerne versuchen.
    Doch meine Unterhaltung mit Dad war ziemlich unangenehm. Als ich ihn fragte, wie es ihm gehe, sagte er, es sei ihm schon mal besser gegangen. Ich sprach ähnlich mit ihm wie mit Mom, sagte, ich würde an ihn glauben, er sei ein fähiger Mensch und würde es schaffen, sich zusammenzureißen. Er freute sich, mich zu sehen, war aber weder an meiner Meinung noch an meinem Rat interessiert. Er war verschlossen und wollte über das ganze Thema nicht sprechen, was in gewisser Hinsicht verständlich war. Offenbar war ich als Ethik-Offizier doch nicht so gut, wie Mr. Rathbun gedacht hatte.

KAPITEL 18
Erste Fragen
    Mit zwiespältigen Gefühlen kehrte ich in die Flag zurück. Einerseits war ich stolz darauf, Mom zum Bleiben überredet zu haben, andererseits bereitete es mir Sorgen, dass ich mich nicht mehr um Dad gekümmert hatte. Kaum hatte ich Zeit, in mein Alltagsleben zurückzufinden, da traf die Nachricht ein, vor der ich mich gefürchtet hatte: Ein Familienmitglied verließ die Church. Doch es war nicht Mom, es war Justin.
    Nach allem, was ich mit ihm erlebt hatte, überraschte mich sein Schritt nicht wirklich. Diese Reaktion zeigt vielleicht am besten, wie sehr ich mich in so einer

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