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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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als ich von Mr. Rodriguez, der Auditorin meines Bruders beim RTC , erfuhr, dass Justin als List One Rock Slammer eingestuft worden war. Das bedeutete, seine Nadel hatte in einer Sitzung, als er über Scientology sprach, wild ausgeschlagen. Dieser fast unkontrollierbare Ausschlag war ein Zeichen für böse Hintergedanken beim angesprochenen Thema – was in Justins Fall Scientology selbst war. LRH hatte gesagt, dass List One Rock Slammers in ihrer gesamten Vergangenheit, Leben für Leben, nichts Gutes vollbracht, sondern nur Leid bei den Menschen bewirkt hätten. Dann zeigte mir Mr. Rodriguez LRH s Schreiben über List One Rock Slammers. Eine meiner Freundinnen war nur wegen eines einzigen wilden Ausschlags in die RPF geschickt worden. Als ich Mr. Rodriguez erklärte, ich glaubte nicht, dass Justin ein Rock Slammersei, antwortete sie, es sei alles auf Video aufgezeichnet worden.
    Als ich das nächste Mal meinen Bruder traf, schien ihm seine Einstufung wirklich sehr zuzusetzen. Um ihn zu trösten, sagte ich, ich glaubte nicht, dass er ein Rock Slammer sei. Allerdings war mittlerweile klar, dass ich ihn nicht zum Bleiben überreden konnte. Mr. Rathbun erklärte also schließlich, ich dürfe nicht mehr mit Justin sprechen, da es nicht funktioniere und es außerdem verboten sei, über Austritte aus der Sea Org oder aus der Church zu sprechen.
    Ich war enttäuscht, dass ich Justin und der Church nicht besser helfen konnte, andererseits erkannte etwas in mir langsam, dass all das möglicherweise aus gutem Grund geschah. Zwar hätte ich es nie gegenüber irgendjemandem zugegeben, doch nach und nach dämmerte mir, dass Justin vielleicht nur dann wirklich glücklich werden konnte, wenn er austrat, was er offenbar schon seit langer Zeit wollte. Bis dahin hatte ich, wenn davon die Rede war, nie in Betracht gezogen, was für ihn das Beste war, sondern nur, was das Beste für die Church war. Aber als ich mir seine Gründe und Gedanken dazu anhörte, konnte ich verstehen, warum er über einen Austritt nachdachte.
    Ein paar Wochen später wurde ich nachmittags aus der Sauna gerufen und direkt zum WB beordert. Zuerst protestierte ich, weil man das Minimum von fünf Stunden Sauna nicht unterschreiten durfte. Aber mir wurde gesagt, ich müsse unbedingt dorthin, weil jemand Wichtiges mich sprechen wolle. Also zog ich meine Uniform an und fuhr mit einem der Shuttle-Busse zum WB .
    Ich wusste nicht, ob ich beunruhigt sein sollte oder nicht. Im WB führte man mich zu einem der oberen Auditing-Räume am Ende des Flurs. Zu meiner Überraschung kam der Inspector General RTC Marty Rathbun persönlich herein. Er war der zweitmächtigste Mann der Church of Scientology und einer der wenigen Mitarbeiter meines Onkels, die ich noch nicht kennengelernt hatte. Daher wusste ich nicht, was mich erwartete.
    »Hi, Jenna«, sagte er, lächelte kurz und stellte sich vor. »Hast du im letzten Jahr irgendetwas von deiner Mutter gehört?«
    »Nein, Sir«, sagte ich, was auch der Wahrheit entsprach. Ich hatte keine Ahnung, was sie gerade machte, da ich weder Anrufe noch Briefe noch Berichte aus zweiter Hand bekommen hatte, nicht mal von meinem Vater. Dad schrieb mir mehrmals die Woche, erwähnte sie aber nie. Er bestand auch darauf, dass ich ihn anrief, und hatte mir sogar eine Telefonkarte geschickt, weil ich von den Apparaten der CMO keine Auswärtstelefonate führen konnte. Wann immer ich nach ihr fragte, sagte er nur, er wisse nichts und nehme an, dass sie ihr Programm absolviere. Leider hatte Mr. Rathbun nur noch mehr schlechte Neuigkeiten für mich.
    »Deine Mom wird als Antisoziale Person deklariert werden«, sagte er betont sachlich. »Sie will die Sea Org verlassen. Sie hat sich bereits mehrere Male unerlaubt entfernt, missachtet immer noch die Regeln und hat jetzt sogar angefangen, lächerliche Vorwürfe gegen die Church zu erheben. Ich habe mein Bestmögliches getan, doch jetzt werden wir sie wahrscheinlich ziehen lassen.« Er verstummte kurz, damit ich die Nachricht aufnehmen konnte, dann fuhr er fort: »Aber bevor sie geht, sollst du sie besuchen, damit sie nachher nicht die Kirche verklagen und behaupten kann, wir hätten verhindert, dass sie ihre Tochter sieht.«
    Das war es also. Ich saß mit unbewegter Miene da, aber in mir brach eine Welt zusammen. Die Vorstellung, dass meine Mom die Church verließ, war schon schlimm genug, aber dass es so kurz nach Justins Austrittsverkündigung kam, war einfach zu viel für mich. Nie hätte ich gedacht,

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