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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Dienstleistungen verantwortlich waren, entgegen strikter Verbote einer Person (Lisa), die eine PTS – also eine Potential Trouble Source – war, Zugang zu Scientology gewährt hätten. Lisa galt demzufolge als PTS Typ 3, worunter im Grunde jemand verstanden wurde, der geisteskrank war und – nach LRH s Definition – Marsmenschen sah.
    Nach dem Briefing versuchte ich, mit Tante Shelly über den Fall zu sprechen, doch sie fuhr mich sofort an: »Es gibt so vieles zu bereden, und dann fragst du mich ausgerechnet danach? Warst du nicht beim Briefing? Begreifst du nicht, dass die Kirche bei einer Verurteilung einen Eintrag ins Strafregister erhält? Wir wären die erste Kirche in der Geschichte mit solch einem Eintrag«, sagte sie wütend.
    Später, nachdem die Anklagepunkte gegen die Church fallengelassen worden waren, erklärte mein Onkel Dave gegenüber anderen Scientologen, dass der Kirche bei einer Verurteilung die Aberkennung der Steuerbefreiung gedroht hätte und mit dieser auch der exklusiven Copyrights, was einer Katastrophe gleichgekommen wäre.
    Das mit der Außendarstellung der Church betraute Office of Special Affairs ( OSA ) behauptete, die Situation und die Demonstranten im Griff zu haben. In Wahrheit versuchten OSA -Mitarbeiter die Protestierenden loszuwerden, indem sie diese zu unbedachten Aktionen reizten und dann so taten, als seien sie gestoßen oder geschlagen worden, auch wenn das überhaupt nicht stimmte. Anschließend riefen sie dann die Polizei, um die Demonstration auflösen oder den betreffenden Demonstranten verhaften zu lassen. Außerdem pflasterte die OSA die Nachbarschaft aller Protestierenden mit deren Steckbriefen und behauptete, es handele sich um sexuell Perverse und Väter, die keinen Unterhalt zahlen würden. Selbst im Inneren unserer Gebäude brachte sie Fotos der Demonstranten mit den Aufstellungen ihrer vermeintlichen Verbrechen an, damit nur keiner einen anderen Eindruck von ihnen bekommen konnte.
    Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, warnte uns die OSA davor, die Schilder der Demonstranten zu lesen, da sie womöglich Material des OT Level III beinhalteten. Solange man diese Stufe auf der Brücke noch nicht erreicht hatte, konnte die Konfrontation damit ernste Folgen haben, wurde uns gesagt. Immerhin könnte es zu schweren Schädigungen oder sogar dem Tod führen, wenn wir uns mit diesem Wissen auseinandersetzten.
    Der beste Weg, uns vor dem versehentlichen Lesen überfordernder Texte zu bewahren, bestand in den Augen des Office of Special Affairs darin, unsere Bewegungsmöglichkeiten einzuschränken. Wir erhielten die Anweisung, wegen des Aufruhrs nicht länger von einem Gebäude zum anderen zu gehen. Stattdessen mussten wir für alle Strecken die Vans nehmen, selbst wenn das Ziel nur auf der anderen Straßenseite lag. Die Fenster der Kleinbusse waren mit milchigem Kontaktpapier abgeklebt, sodass wir nichts von den Aktionen auf der Straße sehen und keine Schilder lesen konnten. Manchmal versuchten die Demonstranten uns beim Aussteigen zu filmen. Es war nervend, bei jedem Schritt von Kameras verfolgt zu werden, sobald man aus dem Van oder Bus stieg. Die Filmerei zwang die Busfahrer mitunter, mehrmals um den Block zu fahren, wodurch wir dann unser Frühstück verpassten. All diese Angst vor den Demonstranten machte unser Leben noch klaustrophobischer.
    Die ganze Situation vermasselte mir immer wieder meine so schon knappe Zeit mit Martino. Stets erwarteten CMO -Leute die Vans, und ich musste vortäuschen, Martino nicht zu kennen, wenn er in meiner Umgebung war. Mein Verhalten schien ihm nicht zu gefallen, aber er sollte bald erfahren, warum es so sein musste.
    Ungefähr zwei Wochen nach meinem Brief an Tante Shelly gab Tom, der inzwischen die CMO leitete, beim Mittagsappell etwas bekannt, das zu meiner großen Überraschung mich betraf.
    Vor der ganzen Gruppe verkündete Tom in allen Einzelheiten den Antrag, den ich an Tante Shelly geschickt hatte, und informierte damit jeden, dass ich um meine Rückkehr in die Cadet Org gebeten hatte. Einen Moment lang hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Alle sahen mich an. Abgesehen von Tante Shelly hatte ich lediglich meinem Auditor davon erzählt, weil ich ihr über alles Bericht zu erstatten hatte. Natürlich wusste es auch Martino, aber der hatte mich bestimmt nicht verraten. Jetzt war mein Privatleben mit einem Schlag allen bekannt, und selbst Julia, der letzte Mensch, dem ich so etwas anvertrauen würde, wusste

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