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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Bescheid.
    Nach dem Appell ging ich zu Tom, den ich seit drei Jahren mit Mr. Devotch anzureden hatte. In diesem Moment kümmerte mich seine Stellung jedoch nicht, ich kochte vor Wut. Ich konnte nicht fassen, dass er einen derartigen Aufwand betrieb, um mich zu demütigen – noch dazu über eine Petition, deren Abfassung eigentlich niemandem zum Vorwurf gemacht werden sollte. Ich hatte kaum begonnen, mich zu rechtfertigen, da schnitt mir Tom aus Entrüstung über meinen mangelnden Respekt das Wort ab. Wütend schrie er mich an: »Jenna, du steckst in riesigen Schwierigkeiten. Erst freundest du dich mit Kadetten an, und dann kommandierst du mich auch noch herum, als wärst du hier der Boss. Du bist ungezogen, respektlos und gehörst eigentlich ins RPF . Und jetzt verschwinde aus meinem Büro.«
    Mit diesen Worten wurde ich in mein Apartment auf der Hacienda geführt und dort unter Hausarrest gestellt. Seine Zurechtweisung war wie ein Schlag ins Gesicht, von dem mir noch in meinem Zimmer der Kopf schwirrte.
    Eigentlich hätte ich meine Bestrafung kommen sehen müssen, nicht allein wegen Martino, sondern weil erst kürzlich Mädchen in der CMO mächtig Ärger für Flirten und ähnliches Fehlverhalten bekommen hatten. Angefangen hatte alles ausgerechnet mit Olivia und Julia, den beiden größten Regelverfechtern überhaupt. Sie hatten vorübergehend für meinen Onkel gearbeitet und waren dort des Flirtens mit Mitarbeitern beschuldigt worden, obwohl sie doch beide bereits verheiratet waren. Ironischerweise dürften sowohl Olivia als auch Julia für die Arbeit bei meinem Onkel gerade ausgesucht worden sein, weil sie so gut aussahen, besser jedenfalls als alle anderen in der CMO . Mit attraktiven Frauen umgab er sich gern.
    Außer Olivia und Julia hatte auch meine Mitbewohnerin Mayra wegen eines Typen Schwierigkeiten bekommen. Sie war ein paar Jahre älter als ich und hatte sich auf ein Verhältnis mit einem RTC -Abgeordneten eingelassen, den sie noch von der Cadet Org kannte. Jahrelang hatten sie Heiratspläne geschmiedet, was verboten war, da er der RTC angehörte und sie der CMO . Nachdem ihre Beziehung bei einem Security-Check ans Licht kam, musste sie ebenfalls mit einer harten Maßregelung rechnen.
    In Reaktion auf diese Verstöße hatte die Kirche damit begonnen, beim Appell diejenigen bloßzustellen, die out ethics waren. Die Absicht bestand darin, »einen Kopf auf die Lanze zu spießen«, wie LRH in einer seiner Ethikrichtlinien schrieb, was wiederum andere abschrecken sollte, ebenfalls out ethics zu werden. Obwohl ich miterlebt hatte, wie es den anderen Mädchen ergangen war, hatte ich irgendwie nicht für möglich gehalten, dass auch ich so vor aller Augen vorgeführt werden würde.
    Toms Bemerkungen nach dem Appell ließen keinen Zweifel daran, dass er von meinem unethischen Tun wusste. Und seiner abweisenden Schroffheit nach zu urteilen, würde mein Antrag offenkundig nicht positiv beschieden, auch wenn die Rückkehr zur Cadet Org in vorangegangenen Fällen schon genehmigt worden war. Wahrscheinlich würde ich sogar für meinen Wunsch, die Sea Org zu verlassen, bestraft werden.
    Wie Tom mir für das Abfassen einer Petition allerdings gleich mit RPF drohen konnte, blieb mir unbegreiflich. Allein die Buchstaben RPF zu hören, löste bei mir nach allem, was ich durch Mom und Justin miterlebt hatte, eine intuitive Abwehrhaltung aus. Worin auch immer mein Vergehen liegen mochten – sei es meine Nähe zu Martino oder mein Drang, wieder ein Kadett zu werden –, eine Bestrafung mit RPF war völlig unangemessen. Schließlich hatte ich nur versucht, das Richtige zu tun.
    Ich warf mich auf mein Bett und bemerkte erst jetzt Mayra, die auch unter Hausarrest stand. Zusätzlich zu der verbotenen Beziehung, die sie unterhalten hatte, war sie vor ein paar Tagen dabei erwischt worden, wie sie abhauen wollte, was zu Dauerbeobachtung und der Verriegelung unserer rückwärtigen Terrassentür geführt hatte. Mayra hatte sich aus der Sea Org absetzen wollen. Derartige Fluchtversuche waren selten und erregten immense Aufmerksamkeit. Die Abstrafung erfolgte stets rasch und mit großer Härte. Da ich ihren Versuch zu verschwinden nicht bemerkt hatte, galt ich als mitverdächtig, worum ich mir im Augenblick jedoch die geringsten Sorgen machte.
    Kurze Zeit später kam die Mitteilung, ich solle gemeinsam mit Mayra und einigen anderen, die Ärger bekommen hatten, MEST -Dienst leisten, doch ich weigerte mich. Mein Verhalten war falsch, das

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