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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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reichlich MEST -Dienst auf der Hacienda verrichtet und hätte falls nötig problemlos noch mehr machen können. Aber ich hatte einfach keine Lust. Klar, mein Auditoren- und Security-Trainer war größer und stärker, und sie konnte sich durchsetzen, indem sie mich stundenlang im Raum festhielt.
    Am Ende bekannte ich mich zu ein paar Withholds und tat erleichtert, damit meine Nadel ausschlagen und sie die Sitzung beenden konnte. Auditoren standen unter beträchtlichem Druck, sich keinerlei Withholds entgehen zu lassen, und konnten eine Sitzung nicht abschließen, bevor sie nicht einen Erfolg verbucht hatten. In vielen Fällen spielte ich nur aus Mitgefühl für den Auditor mit.
    Am nächsten Tag kam Mr. Anne Rathbun zu mir. Ich dachte schon, sie würde mich womöglich verteidigen, aber da sollte ich mich irren. Ihrer Meinung nach verhielt ich mich derart unangebracht und out ethics, dass es schon einer Untertreibung gleichkomme zu behaupten, sie sei von mir enttäuscht. Sie ermahnte mich, ich solle gefälligst wieder zu Sinnen kommen, und schüchterte mich mit ihrer emphatischen Ansprache gehörig ein. Bei meinem nächsten Auditing probierte ich aus, ob mir größeres Entgegenkommen irgendwie weiterhalf, aber es nützte nichts. Übrig blieb lediglich das Gefühl, etwas gegen meinen Willen zugelassen zu haben.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wurde mir gesagt, dass ich unverzüglich zur Base kommen müsse, wo jemand dringend mit mir reden wolle. Es handele sich um einen Notfall, ich solle nur schnell irgendetwas anziehen und zur Base kommen. Ich bekam einen fürchterlichen Schrecken.
    Den Fahrer kannte ich von der CMO . Er raste wie ein Verrückter auf dem Weg zum WB . Oben empfing mich Mr. Rathbun und wies mich barsch an, meine Overts und Withholds aufzulisten, während ich im Auditing-Raum wartete. Ich schrieb bereits, als ein paar Minuten später Onkel Dave eintrat. Er wirkte unzufrieden.
    »Was machst du da?«, fragte er.
    »Ich schreibe meine Overts und Withholds auf, wie Mr. Rathbun es mir aufgetragen hat«, erwiderte ich.
    »Hmm, verstehe«, sagte er sehr distanziert. »Steckst du in ethischen Schwierigkeiten?«
    »Ja, Sir«, sagte ich und wäre beinahe in Tränen ausgebrochen.
    »Weshalb?«, wollte er wissen.
    »Ich habe versucht, meine Eltern anzurufen, und ich habe mich mit anderen geschlagen und …«
    Er schnitt mir mit einem gebrummten »unfassbar, einfach unfassbar« das Wort ab. Dann hob er seine Stimme deutlich und sagte: »Es wird keinerlei Sonderbehandlung mehr für dich geben.« Mit dieser Erklärung verließ er das Zimmer. Er hatte sich nicht einmal meine Geschichte zu Ende angehört. Seine Wut besänftigt hätte das allerdings auch nicht.
    Nur Sekunden später trat Tante Shelly ein, gefolgt von dem CO , Olivia und Mr. Anne Rathbun. Sie stellten sich alle mit verschränkten Armen an einer Seite des Zimmers auf und sahen mich an. Tante Shelly war besonders aufgebracht.
    »Jenna, ich war stets wie ein Guardian … nein, wie ein Guardian Angel zu dir«, begann sie, ihre Großzügigkeit zu beschreiben. »Ich hab dir meine Zeit geschenkt, mich um dich gesorgt, und du nutzt das alles bloß aus.« Dann fasste sie zusammen, was sie von mir hielt. »Du hast dich absolut empörend aufgeführt. Was ist denn in dich gefahren? Du lernst irgendeinen Schwachkopf kennen und benimmst dich sofort wie er?« Offenbar spielte sie auf Martino an.
    Und so ging es weiter und weiter. Sie stellte klar, dass Onkel Dave der einzige Mensch auf dem Planeten war, der direkt bei der Int Base anrufen dürfe, führte an, dass ich immer schon beim geringsten Anlass zu meinen Eltern gerannt sei, womit ich diese – Verstoß eins – von ihrer Arbeit abhielt und mich außerdem – Verstoß zwei – übertrieben hilfsbedürftig und privilegiert aufführte.
    Ich wollte einwerfen, dass ich die beiden in den vergangenen drei Jahren nur einmal gesehen hatte, aber sie ließ mir keine Chance.
    »Untersteh dich, mir Widerworte zu geben!«, bellte sie.
    Sie fuhr mit ihren Vorwürfen fort und verwertete dazu meine Petition und alles, was sie sonst noch über mein Verhalten erfahren hatte. Mein Flirten während der Kurse sei entschieden out ethics und rangiere gerade mal eine Stufe unter Sex. Gegenüber meinen Auditoren sei ich stets unethisch und unkooperativ aufgetreten und habe sie nun auch noch physisch angegriffen, indem ich Olivia geschlagen und Melinda angespuckt hatte. Der zornige Blick, mit dem sie mich während ihrer

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