Mein Geheimnis bist du
vehement.
»He, ich bin doch nicht blind. Sie hat dir zugezwinkert.«
»Na und? «
»Mit einem verschmitzten Lächeln«, fügte Saskia mit genau so einem Lächeln hinzu.
»Quatsch«, wehrte Andrea ab.
»Kein Quatsch.«
»Dann wollte sie mich mal wieder aufziehen.«
Das war für Saskia aber nur ein Beweis für und nicht gegen ihre Hypothese. »Ihr neckt euch?« Breites Grinsen. »Ihr Turteltäubchen.«
»Saskia, hör auf mit dem Schwachsinn, oder du musst den Kühlschrank allein tragen.« Andrea erhob sich energisch. »Komm jetzt.«
Sie saßen in dem kleinen Transporter, den Saskia sich von Jasmin geliehen hatte, standen wartend an der Ausfahrt des Parkplatzes. Saskia beobachtete die herannahenden Autos und wartete auf eine Lücke, die sie nutzen konnte, sich in den Verkehr einzuordnen.
»Ich verstehe gar nicht, dass du dich so dagegen sträubst.« Saskia konnte es nicht lassen, ihre Freundin mit dem Thema zu malträtieren. »Sie sieht gut aus, hat offenbar Humor, ist sogar intelligent. Was willst du noch?«
»Ich will, dass du mich endlich damit in Ruhe lässt! Ich dachte, ich hätte dir meine Meinung zu dem Thema Mareike Holländer und ich ausführlich erklärt.« Ärgerlich griff Andrea nach der Zeitung, die auf der Ablage lag, und verschanzte sich dahinter. Es war eine der unzähligen Illustrierten, von deren Artikeln Andrea den Verdacht hatte, dass ihre Verfasser sie sich zu neunzig Prozent an ihrem Schreibtisch ausdachten. Andrea hätte unter normalen Umständen so ein Blatt nie angerührt. Sie hatte noch nie einen Cent für solche Art Presse ausgegeben. Aber um Saskias Nerverei zu entfliehen, war ihr jedes Mittel recht.
Heute gab es für die neugierige Leserschaft die zehn teuersten Scheidungen zum Besten und daneben einen Artikel über irgendeinen reichen Menschen Berlins, dessen Eheprobleme, falls er denn wirklich welche hatte, Anlass zur Spekulation über eine Scheidung gaben. Andrea überflog den Artikel ohne jedes Interesse, blätterte um und registrierte lediglich die Fortsetzung des Beitrages.
Erneutes Umblättern brachte ihr eine angeblich sensationelle Diät, mit der sie drei Kilo pro Woche abnehmen konnte. Garantiert natürlich. Andrea seufzte und wollte die Illustrierte zur Seite legen.
Mitten in der Bewegung hielt sie allerdings inne, schlug noch mal die ersten Seiten auf. »Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte sie.
»Was gibt es nicht?«, fragte Saskia gelangweilt vom Stop and Go des Feierabendverkehrs.
Andrea deutete auf eines der Bilder. »Das ist doch der alte Grimm, wenn ich mich nicht täusche.« Sie las nun den Text zu den Bildern genau durch.
Saskia warf einen Seitenblick auf Andrea und schaute kurz auf den aufgeschlagenen Artikel. »Du kennst den?«
»Nein. Ja. Also . . . entschuldige, aber das ist noch top secret. Ich darf nicht darüber sprechen. Firmengeheimnis. Du verstehst.«
»Kein Wort.«
»Kann ich die Zeitung haben?«
Saskia sah ihre Freundin verdutzt an. »Du? Diese Zeitung?« Schließlich wusste sie, dass Andrea nicht nur nichts auf derlei Klatsch und Tratsch gab, sondern sich bevorzugt darüber lustig machte, wie man überhaupt so was lesen konnte. »Bist du krank?«
»Nein. Im Gegenteil. Ich bin topfit und gerade dabei, die Firma vor einem Risikogeschäft zu bewahren«, murmelte Andrea, während sie nun den Artikel mit größter Aufmerksamkeit las. Was Saskias Blick nur noch unverständlicher werden ließ.
»Saskia, kannst du nicht ein wenig schneller fahren? Ich muss noch was Dringendes erledigen.«
»Wie soll ich das denn machen?« Saskia deutete auf die Straße vor und neben ihnen. Andrea blickte seufzend auf die Autos, die sich gnadenlos langsam vorwärts schoben. Verzweifelt nahm sie ihr Handy, wählte Ambachs Nummer.
»Wir haben an der ganz falschen Stelle gesucht. Was wir brauchen, sind Angaben zu Grimms privaten Verhältnissen. Kaufen Sie sich die Wochen-Illu, lesen Sie den Artikel, der dort über Grimm verfasst ist. Recherchieren Sie, ob an dem Gerücht über eine Scheidung was dran ist und welche Auswirkungen eine solche auf sein Vermögen hätte. Kriegen Sie das bis morgen Mittag hin? . . . Ich weiß, dass das knapp ist. Versuchen Sie es.«
Andrea beendete das Gespräch und starrte blicklos aus dem Fenster. In ihrem Kopf arbeitete es. Wenn Grimm wirklich vor einer Scheidung stand, rückte das die Fusion möglicherweise in ein ganz anderes Licht. Käme es nämlich bei einer Scheidung zur Aufteilung des Grimm’schen Vermögens,
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