Mein Geheimnis bist du
hätte man es plötzlich mit einem stark geschwächten Partner zu tun, dessen Verluste es mitzutragen galt. Wenn dieser Fall eintrat, wäre die ganze Fusion ein Flop für die Bank. Für Grimm dagegen ein Geniestreich.
Alles hing davon ab, wie die Eheleute Grimm ihre Vermögensverhältnisse geregelt hatten. Andrea fühlte, wie sie sich innerlich anspannte in der Erwartung, was Ambachs Nachforschungen ergaben. Sollte sich herausstellen, dass Grimm vor der Scheidung stand und er bei einer solchen seine Frau auszahlen müsste, was bedeutete, dass sie die Hälfte von allem bekam, dann war die Lage klar: Finger weg von der Fusion. Und sie, Andrea, war diejenige, die diese Information brachte. Damit würde sie allen, nicht zuletzt Brennicke, zeigen, wie gut sie in ihrem Job war. Und dass es die Bank nicht nötig hatte, sich Leute von extern zu holen. Obwohl . . . na ja, in Mareikes Fall . . . war es schon okay. Mittlerweile . . .
Immerhin kommst du in den Genuss dieser herrlich entspannenden Massagen. Denk nur an das Prickeln, wenn ihre Finger deinen Hals entlang streichen.
Andrea seufzte wohlig in Gedanken daran.
»Bist du okay?«, fragte Saskia.
»Alles bestens.«
Und sollte sich herausstellen, dass an der Scheidungsgeschichte nichts dran ist, hast du zumindest einen weiteren Risikofaktor ausgeschlossen.
So oder so, sie war gut in ihrem Job. Auch wenn es diesmal mit der Beförderung noch nicht geklappt hatte. Mareike konnte dafür jedenfalls nichts. Brennicke und der Vorstand wollten lieber sie. Sollte Mareike ablehnen? Nein, Mareike hatte recht, wenn sie sagte, das wäre unsinnig. Und Saskia hatte recht, von Anfang an, dass es nutzlos war, sich über die Entscheidung aufzuregen.
Hat Saskia auch recht mit dem, was sie über Mareike und dich sagt?
Entspann sich da was zwischen ihnen? Aber sie und Mareike waren beruflich Konkurrentinnen. Das gäbe doch nur jede Menge Komplikationen.
Willst du diese Tatsache ignorieren, Andrea?
Aber das war doch keine Frage, die man im Kopf entschied. Im Grunde war es auch keine Frage mehr. Es hatte bereits begonnen. Trotz aller Missverständnisse zwischen ihnen, trotz der Streitigkeiten. Gerade deswegen. Mareikes Art, die Dinge beim Namen zu nennen, imponierte Andrea, daran kam sie nicht vorbei. Dabei war Mareike immer für eine Überraschung gut. Ein warmes Lächeln, ein plötzliches Augenzwinkern, eine aufmerksame Geste. Andrea war ehrlich genug, sich einzugestehen, dass sie solche Augenblicke besonders genoss. Manchmal sogar darauf wartete. Und enttäuscht war, wenn sie ausblieben.
Nein, es war absolut keine Frage mehr, ob sich da was entspann. Von ihrer, Andreas Seite aus, jedenfalls nicht. Auch wenn ihr Kopf sich noch dagegen wehrte, in Andreas Herz hatte sich ein Gefühl eingenistet. Von dort aus durchdrang es sie warm, sobald sie in Mareikes Nähe war. Ebenso verunsicherte es sie, keine Frage. Aber dieses Gefühl wurde immer beständiger, und es war egal, was ihr Kopf sagte.
Die Frage, die sich Andrea zunehmend stellte, lautete: Fühlte Mareike sich ebenso? Wenigstens ein wenig? Immerhin hatte sie einige Anstrengungen unternommen, das Eis zwischen ihnen zu brechen. Aber da war auch diese rätselhafte Beziehung zu Renate. Von der Andrea nicht wusste, inwieweit sie noch bestand. Und welchen Stellenwert Mareike ihr einräumte.
»Wir sind da«, hörte Andrea Saskia erleichtert sagen. »Ich geh mal klingeln.«
Zehn Minuten später war das Geschäft abgewickelt, der Kühlschrank bezahlt und verladen. »Das Ding sieht ja wirklich richtig gut aus. Keine Schramme. Na dann, auf zur Werkstatt«, sagte Saskia gutgelaunt.
Mittlerweile nahm das Verkehrsaufkommen ab, und sie fuhren relativ zügig durch die Stadt.
»Mit dir ist heute aber nicht viel los«, beschwerte Saskia sich. »Ich meine, nicht dass du sonst ein Quell nicht endenden Mitteilungsbedürfnisses wärst, aber so schweigsam. Das ist selbst für dich ein neuer Rekord.«
»Entschuldige, mir gehen eine Menge Dinge durch den Kopf.«
»Na prima. Lass mich dran teilhaben.«
Andrea seufzte. »Zu verworren im Moment. Ein anderes Mal, okay?«
Saskia drängelte nicht weiter, und Andrea war ihr dankbar dafür.
Ambach rief am frühen Nachmittag an. Und was er mitzuteilen hatte, ließ Andrea triumphieren. Es war, wie sie vermutet hatte. Sie ging zu Mareike, legte die Illustrierte aufgeschlagen vor ihr auf den Schreibtisch.
Mareike betrachtete fragend das Blatt und schaute Andrea verständnislos an. »Was ist
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