Mein Geheimnis bist du
sich schließlich abwartend gegenübersaßen.
»Geht es Ihnen wieder besser?«, brach Mareike das Schweigen.
»Ja, danke«, sagte Andrea höflich. »Sie hätten sich aber die Mühe nicht machen brauchen.«
»Oh, es ist keine Mühe«, erwiderte Mareike.
Verstehe. Es bereitet dir Vergnügen, mich rauszuschmeißen. Endlich bist du die ewige Nervensäge los. Andrea biss sich auf die Unterlippe. Na ja, was hatte sie auch erwartet. »Bringen wir es hinter uns«, sagte sie. »Kurz und schmerzlos, bitte.«
Mareike blinzelte irritiert. »Bitte?«, fragte sie.
Jetzt wurde Andrea doch leicht ungehalten. »Das ist hier ja wohl kein Krankenbesuch. Also werden Sie Ihren Spruch los und fertig.«
Mareike sah Andrea verunsichert an. »Was . . . was denken Sie, warum ich hier bin?«
»Um mir zu kündigen, natürlich.«
Mareikes Augen wurden groß. »Waaas?«, fragte sie bestürzt. Ihr Gesicht drückte Betroffenheit aus. Dann die Erkenntnis: »Jetzt verstehe ich. Sie meinen, ich hätte mir die Mühe nicht machen brauchen, vorbeizukommen und Ihnen persönlich zu kündigen?«
»Ja, was denn sonst.«
Mareike schüttelte vehement den Kopf. »Aber deswegen bin ich doch nicht hier.«
»Sondern?«
»Um zu sehen, wie es Ihnen geht«, sagte Mareike schlicht. »Sie waren drei Tage nicht bei der Arbeit.«
»Ich . . . ich warte auf meine Kündigung«, erwiderte Andrea. Ihre Gedanken kreisten nur um dieses Thema.
»Warum sollte man Ihnen kündigen? Ich habe nichts Derartiges gehört. Und das hätte ich wohl, wäre dem so.« Mareike sah Andrea ruhig an. »Ihr Ausbruch, so will ich es mal nennen, war sicherlich unpassend. Aber verständlich. Für Sie muss das Ganze so aussehen.«
»Soll das heißen . . . Sie haben Brennicke nichts davon erzählt?«, fragte Andrea zweifelnd.
»Natürlich nicht. Was denken Sie von mir?« Mareike hielt inne. »Oh.« Ihr ging auf, dass genau diese Frage angesichts Andreas Vorwürfe zur Genüge beantwortet war. Und zwar nicht zu ihrem, Mareikes, Vorteil. »Na ja. Lassen wir das.« Mareike fuhr sich müde über die Augen.
Andrea sah betreten zu Boden. »Tut mir leid. Ich war . . . aufgebracht. Ich habe mich einfach an Ihnen abreagiert, ohne darüber nachzudenken, was ich sagte. Das war völlig unprofessionell.«
»Keine Angst. Von mir erfährt niemand etwas.« Mareike lächelte. »Ein weiteres kleines Geheimnis zwischen uns.«
Andrea seufzte. »Das bekümmert mich weniger als . . . die andere Sache.« Was soll’s. Peinlich wird es sowieso, egal wie ich es formuliere, also am besten direkt. »Als ich sagte, ich hätte mich beinahe in Sie verliebt.«
»Oh, das.« Mareike sah Andrea offen an. »Ja, darüber wollte ich auch mit Ihnen reden. Leider bekam ich bisher keine Gelegenheit dazu.«
Keine Spur von Vorwurf in ihrer Stimme. Kein ironischer Unterton. Das gab Andrea Mut weiterzusprechen. »Ich habe mich kindisch aufgeführt. Es ist mir wirklich unangenehm. Mir läge viel daran, wenn wir die Sache vergessen könnten.«
»Vergessen?«
»Ja. Ich . . . es ist schwer zu erklären. Ich war enttäuscht über Ihre Illoyalität. So stellte es sich für mich immerhin dar. Da habe ich einfach überreagiert.«
Mareike sah Andrea skeptisch an. »Mit einer Beinah-Liebeserklärung? Das ist schon sehr ungewöhnlich, finde ich.«
Sie schwiegen.
»Wissen Sie, was ich glaube?«, fragte Mareike nach einer Weile. Sie lächelte. »Wir sollten endlich zusammen essen gehen.«
Andrea sah Mareike verdutzt an. Mit allem hatte sie gerechnet, jedoch nicht damit.
»Was denken Sie?«, fragte Mareike.
Du kannst unmöglich ablehnen, Andrea. Nicht ohne Mareike erneut vor den Kopf zu stoßen. »Ich denke, das ist schon lange fällig. Oder?«
»Ja, allerdings. Also, wie wäre es morgen Abend? Acht Uhr?«, schlug Mareike vor. »Das Cinzano?«
10.
D en ganzen Sonntag fühlte Andrea eine unterschwellige Unruhe in sich. Sie wusste, woher sie kam, und sie wusste, sie würde nicht verschwinden. Nicht bevor dieser Abend mit Mareike vorbei war.
Es ist kein Rendezvous, sagte Andrea sich in einem fort. Es ist weit weg davon. Weiter als weit. Es geht doch im Grunde nur darum, dass wir einmal zwei Stunden friedlich zusammen im selben Raum sind, um die ständigen Missverständnisse zwischen uns auszuräumen. Mehr wollte Mareike nicht.
Dennoch, je näher der kleine Zeiger der Uhr sich der Acht näherte, umso kribbeliger wurde Andrea. Sie kannte sich gut genug, um zu wissen, dass sie sich in diesem Zustand unsicher
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