Mein Geliebter aus den Highlands
Leidenschaft entdeckt, sie hatte auch etwas über sich selbst erfahren. Wenn sie sich zügellos ihrer Lust hingab, fühlte sie sich wunderschön und so weiblich wie noch nie. Und ihre Kühnheit schien Gregor sehr zu erregen. Das verlieh ihr eine gewisse Macht. Obwohl sie wusste, dass sie diese Macht nie missbrauchen würde, gefiel ihr das Gefühl. Allerdings waren solche Erfahrungen auch gefährlich: Sie konnten sie zu selbstbewusst werden lassen, ja ihr vielleicht sogar vorgaukeln, dass sie die Schlacht um Gregors Herz bereits gewonnen hatte. Doch wenn sie diese Schlacht verlor und er sie verließ, würde ihr Sturz umso härter sein.
* * *
Kalte Tropfen auf ihrem Gesicht weckten Alana aus einem sehr angenehmen Traum. In diesem Traum hatte Gregor ihr Kind in den Armen gehalten und sie mit seinen schönen Augen liebevoll angestrahlt. Sie starrte verdrossen hinauf zum Himmel. Dort ballten sich dunkle Wolken zusammen. Aus den vereinzelten Tropfen würde bald ein heftiger Regenguss werden. Karl beklagte sich laut maunzend in seiner Schlinge. Rasch richtete sie die Schlinge so, dass er geschützt war. Allerdings würde er darin nicht lange trocken bleiben, wenn es richtig regnete, und auch ihr Umhang würde dann nicht mehr viel nützen.
»Bist du wach?«, fragte Gregor.
»Aye. Tut mit leid, dass ich so eine langweilige Reisegefährtin bin, aber ich war ein wenig müde«, erwiderte sie. »Ich fürchte, wir werden bald klitschnass.«
»Das kann gut sein. Aber in der Nähe soll es eine kleine Schäferhütte geben. Dein Cousin hat mir eine Karte in die Hand gedrückt und den Weg dorthin genau beschrieben. Vielleicht hat er geahnt, dass das Wetter sich gegen uns wendet.«
»Matthew konnte solche Dinge schon immer sehr gut voraussehen.«
»Und er weiß, wie wichtig es ist, auf einer Karte jeden Unterschlupf zu markieren.«
»Nun, Matthew hasst es, nass zu werden.«
»Das erklärt diese Karte. Ich habe mich schon gewundert, dass er mir eine Wegbeschreibung zu meinem Zuhause in die Hand drückt. Es hat mich sogar ein wenig gekränkt. Aber jetzt ist mir klar, dass er mir die Unterschlupfmöglichkeiten zeigen wollte, die ich vielleicht noch nicht kannte. Das hat er wohl hauptsächlich dir zuliebe getan.«
»Vielleicht ja auch Karl zuliebe«, meinte sie gedehnt und lächelte, als er kicherte.
Als sie bei der Schäferhütte ankamen, wehte bereits ein kräftiger Wind, und der Regen wurde immer stärker. Alana blieb an der Tür stehen, den Umhang fest um sich und Karl geschlungen, während Gregor nachsah, ob in der Hütte auch wirklich keiner hauste – weder Menschen noch wilde Tiere. Oder Schlangen, ging Alana durch den Kopf. Gerührt dachte sie daran, wie sehr ihn die Begegnung mit der Kreuzotter mitgenommen hatte.
Sobald er ihr ein Zeichen gab, dass es sicher war, eilte sie hinein. Sie war dankbar, dem kalten Regen zu entkommen, egal, wie karg ihre Zuflucht war. Als Erstes holte sie Karl aus seiner Schlinge. Der Kater beäugte seine Umgebung ziemlich missmutig.
»Du bist mittlerweile ganz schön verwöhnt«, schalt sie ihn lächelnd. »Aber du hast ja recht, es sieht ziemlich bescheiden aus«, fuhr sie fort. Sie nahm ihren Umhang ab, schüttelte ihn aus und hängte ihn an einen Nagel an der Wand. »Immerhin gibt es eine Tür«, murmelte sie, dann trat sie rasch zur Seite, denn in dem Moment ging die Tür auf.
Gregor kam mit zwei Beuteln herein. Er stellte sie neben Alanas Sachen, hängte seinen Umhang neben ihren und sah sich um. In der Mitte des Raums gab es eine Feuerstelle, darüber ein Loch im Dach, damit der Rauch abziehen konnte. Die einzige Lichtquelle waren zwei Schlitze in der Wand. Ein Stapel Holz und Torf wiesen darauf hin, dass an diesem Ort regelmäßig Durchreisende Halt machten. Da er auf dem Weg hierher keine Schafe gesehen hatte, ging er davon aus, dass die Hütte nicht mehr dauerhaft von einem Schäfer genutzt wurde. Immerhin war das Schieferdach dicht, und die steinernen Mauern wirkten solide. Und der Raum ist so hoch, dass man sich nicht bücken muss, dachte er, als er die rauchgeschwärzten Dachsparren musterte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums entdeckte er einen umgekippten Eimer. Er stellte ihn vor die Tür, um darin Regenwasser zu sammeln.
»Wenigstens musst du heute nicht unsere Mahlzeit fangen«, sagte er zu Alana, während er ein Feuer machte. »Dein Cousin hat uns ein wahres Festmahl eingepackt.«
»Ich glaube, Matthew hat sich geschämt, weil die Mönche uns so schlecht
Weitere Kostenlose Bücher