Mein geliebter Ritter
fest im Griff haben. Aber ich habe einen Plan geschmiedet.«
»Ich bitte dich, erzähl ihn mir noch nicht.« François hob abwehrend die Hände. »Lass mich noch eine einzige friedliche Stunde genießen.«
Sie grinsten einander an, dann drückte Linnet ihm die Hand. »Was habe ich doch für ein Glück, dich zum Bruder zu haben.«
Sie saßen entspannt schweigend da, die Füße auf dem Schemel ihres Großvaters, und betrachteten die brennenden Kohlen in der Feuerschale.
Nach einer Weile sagte François: »Ich habe gehört, Jamie Rayburn wäre in London.«
»Das ist er.« Linnet nahm einen großen Schluck von ihrem Wein. »Ich habe ihn gesehen.«
»Mehr als einmal, wie man hört.«
Sie verdrehte die Augen. »Wie machst du das? Bestichst du die Dienerschaft? Schläfst du mit den Hofdamen der Königin?«
François zwinkerte und zuckte mit der Achsel. »Was auch immer nötig ist.« Er nahm die Flasche von dem niedrigen Tischchen und goss ihnen beiden nach. »Wie ist er, hat er sich verändert?«
»Niederträchtig.«
François warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ich nehme an, er ist dir dieses Mal nicht zu Füßen gefallen?«
Linnet schlug ihrem Bruder auf den Arm.
»Er hat den schneidigen Ritter gegeben und es mit einer gewalttätigen Horde Londoner aufgenommen, um mich von der London Bridge zu retten«, sagte sie und unterdrückte ein Lächeln. »Ich bin auch ohne seine Hilfe ganz gut zurechtgekommen, aber er sah wirklich phantastisch aus.«
François richtete sich auf. »Du warst am Tag der Unruhen auf der London Bridge?«
»Wie du siehst, habe ich keinen Schaden davongetragen«, sagte Linnet und fuchtelte ungeduldig mit den Händen. »Aber du hättest Jamie sehen sollen – oder vielmehr Sir James. Er ist über die Brücke gestürmt wie der heilige Georg im Kampf gegen den Drachen.«
»Das klingt in meinen Ohren nicht allzu niederträchtig«, bemerkte François.
»Danach war er furchtbar. Und noch viel schlimmer hat er sich benommen, als er nach Eltham kam.«
»Der arme Mann«, sagte François. »Nach der ganzen Mühe, die er sich gemacht hat, dir in Frankreich nicht über den Weg zu laufen, kehrt er nach Hause zurück und findet dich hier vor.«
Als sie nicht lachte, drehte sich François zu ihr um und musterte sie durchdringend. Es hatte sowohl gute wie auch schlechte Seiten, einen Zwilling zu haben, der wie in einem offenen Buch in einem lesen konnte. Sie wandte das Gesicht ab, um es ihm schwerer zu machen.
»Es tut mir leid, wenn er unfreundlich zu dir war«, sagte François sanft. »Ihr zwei habt einander damals zerfleischt. Bei allen Heiligen, ich habe nie den Grund dafür verstanden.«
»Nun, es ist offensichtlich, dass er mir allein die Schuld gibt«, sagte sie.
»Fünf Jahre ist es her, und er ist immer noch so wütend.«
»Aye, er wird mich für immer hassen.«
»Nein, er will dich hassen«, sagte François und hob lächelnd den Zeigefinger. »Das, meine liebe Schwester, ist ganz und gar nicht dasselbe.«
4
Gott sei Dank hatte die Königin eingewilligt, in zwei Tagen nach Windsor aufzubrechen. Jamie wollte lieber zwei Dutzend Schlachten schlagen, als länger im Westminster-Palast zu bleiben.
Vom frühen Morgen bis in die Nacht bewegte er sich in dem gefährlichen Niemandsland zwischen Gloucester und den Londoner Kaufmannsgilden auf der einen und Bischof Beaufort und dem Rat auf der anderen Seite. Die beiden Lager hatten sich in ihren Kampf um die Kontrolle über das Königreich verbissen – und über einen König, der kaum vier Jahre alt war.
Jamie fühlte sich in diesem Kampf um die Macht fehl am Platz. Mit einem Schwert in der Hand konnte er jederzeit in den Kampf ziehen, aber Intrigen waren nicht sein bevorzugtes Schlachtfeld. Trotzdem gab er sein Bestes, um zu verhindern, dass die Königin in diesem Wirrwarr unterging.
Und als wäre das nicht schon genug Ärger für jeden Mann, war auch noch Linnet im Palast. Sie bewegte sich mit Leichtigkeit zwischen den Lagern und wurde von Männern aus beiden Konfliktparteien umworben. Und Jamie musste zusehen.
Er drehte sich um und stellte fest, dass zwei der französischen Hofdamen der Königin sich in der Nähe herumdrückten. Obwohl beide einigermaßen attraktiv waren, konnte er sich nie daran erinnern, wer von ihnen wer war.
»Guten Tag, die Damen«, sagte er und verbeugte sich. »Darf ich Euch zur Tafel begleiten?«
Die Frauen würden eher verhungern, als dass einer der anderen Männer sie einladen würde. Sie hielten diese
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