Mein geliebter Ritter
wurden zwischen jemandem im Innern des Raums und einem der Wächter ausgetauscht.
»Sir James Rayburn«, sagte die Wache mit einer Stimme, die auch hundert Meter weiter noch zu hören war. »Seine Hoheit, der Herzog von Bedford ist bereit, Euch zu empfangen.«
Jamie nickte dem Wachmann zu, während er durch die Tür ging. Drinnen blieb er wie angewurzelt stehen und blickte sich wie ein Landei mit offenem Mund staunend um. Jetzt begriff er, warum die Painted Chamber neben der Kapelle des heiligen Stefan Westminster zu einem der prachtvollsten Paläste in ganz Europa machte.
Das Prunkbett des Königs, ein prächtiges Möbelstück, das für Heinrich III. erbaut worden war, dominierte das Kopfende des langen, schmalen Raums. Über und neben dem Bett, das mit dem Kopfende an der Nordwand neben der Feuerstelle stand, befanden sich Gemälde. An der Ostwand, einige Meter vom Bett entfernt, öffneten sich zwei elegante Fenster zur Themse hin.
Jamie legte den Kopf in den Nacken, um die Holzdecke zu betrachten, die mit mehreren Reihen prachtvoller Schnitzereien verziert war. Doch dann wurde sein Blick auf das fünfeinhalb Fuß hohe Wandgemälde von der Krönung von Eduard dem Bekenner am Kopfende des Bettes gezogen.
Jamie hörte, wie sich jemand räusperte. Als er sich umdrehte, stand Bedford neben ihm. Nachträglich verneigte er sich. »Eure Hoheit.«
»Ich nehme an, Ihr wart noch nie in der Painted Chamber«, sagte Bedford und lächelte freundlich. »Ich habe diese Pracht bereits viele Male gesehen, und doch bin ich jedes Mal wieder von der Schönheit überwältigt. Ich bin mir sicher, Ihr erkennt diese Szene hier.« Bedford machte eine ausladende Armbewegung.
Jamies Blick wanderte über die Wandbilder, die alttestamentarische Ereignisse darstellten und sich mit Inschriften und leuchtenden Wappen an den Wänden abwechselten.
»Am besten gefallen mir die Gemälde über die Tugenden und Todsünden«, sagte Bedford, während er Jamie zu den Fensternischen an der Südwand führte. »Dieses hier ist mir das liebste.«
Bedford deutete auf das Gemälde einer Frau mit Kettenhemd und Krone, die einen Mann mit einem Speer aufspießte und zugleich mit einer Kette aus Münzen aus einer großen Ledertasche erwürgte.
»Die Großzügigkeit triumphiert über die Gier?«, fragte Jamie.
»Sehr gut.« Bedford lächelte.
Hinter ihnen erklang eine Stimme. »Großzügigkeit ist eine Tugend, wenn sie bewusst eingesetzt wird.«
Jamie drehte sich um und erblickte den Onkel des Herzogs, der in seiner leuchtend weißen, mit Gold bestickten Bischofsrobe den Raum durch eine Seitentür betrat.
»Eure Eminenz.« Jamie verneigte sich tief vor Bischof Beaufort.
»Ich habe meinem Onkel gerade berichtet, wie wertvoll Eure Berichte sind«, sagte Bedford.
Jamie nickte erfreut über das Kompliment.
Beide Männer betrachteten ihn, bis ihm unbehaglich wurde.
»Womit kann ich Euch zu Diensten sein, Hoheit?«
Jamie hatte die Frage an den Herzog gerichtet, doch es war der Bischof, der ihm antwortete. »Treffender wäre zu sagen, dass wir einander zu Diensten sein können.«
»Ihr seid ein guter Mann«, sagte Bedford. »Vom selben Holz geschnitzt wie Euer Stiefvater, FitzAlan.«
»Danke«, sagte Jamie. »Es gibt kein größeres Kompliment, das Ihr mir machen könntet.«
»Mein Neffe hat das nicht gesagt, um Euch zu schmeicheln«, sagte der Bischof, »sondern um zu erklären, warum wir Euch ein höchst erstrebenswertes Angebot offerieren.«
Jamie spürte ein Kribbeln im Nacken. Bloß zwei Dinge waren an diesem »Angebot« sicher. Erstens war es mit Gewissheit für den Bischof und die Krone vorteilhaft. Und zweitens könnte er es unmöglich ablehnen. Wenn die beiden mächtigsten Männer des Landes einem einen Gefallen tun wollten, dann war es gefährlich, ihn nicht anzunehmen.
»Kennt Ihr Sir Charles Stafford?«, fragte der Bischof.
Da Jamie den Kopf schüttelte, erklärte Bedford: »Er hat sich vom Kriegsdienst freigekauft, weshalb Ihr ihn in Frankreich nicht kennengelernt habt.«
Bloß weil das Gesetz einem Edelmann erlaubte, eine Steuer zu entrichten statt dem Militärdienst, den er seinem König schuldete, bedeutete das nicht, dass man es auch tun sollte. Wenn dieser Stafford nicht zu alt oder zu gebrechlich war, um zu kämpfen, dann wusste Jamie bereits alles über den Mann, was er wissen musste.
Der Bischof war jedoch anderer Ansicht.
»Man sollte von Stafford wissen, dass er über erheblichen Landbesitz im Norden verfügt. Und er hat
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