Mein geliebter Ritter
zwischen uns.«
»Das ist nicht wahr.«
»Wichtiger als das Leben, das wir gemeinsam hätten haben können.«
»Nein, ich …«
»Wichtiger, als dein Versprechen zu halten.«
»Aber ich habe auch meinem Großvater gesch…«
»Wichtiger als ich.«
»Nein, nicht wichtiger als …«
»Und es wird immer etwas geben, was wichtiger ist als ich.«
»Aber ich liebe dich«, flehte sie. »Ich liebe dich von ganzem Herzen.«
Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Seine Augen funkelten. »Ich habe gesehen, wie es zwischen meinem Vater und meiner Mutter ist, und zwischen Stephen und Isobel, und das kann ich dir sagen: Wahre Liebe kommt nicht zuletzt. Es ist nicht etwas, an das man nach allem anderen denkt.«
Er hob die Arme, drehte die Handteller in ihre Richtung und wich vor ihr zurück. »Ich bin es leid, darauf zu warten, dass du den Hass ablegst, der dich mit Sicherheit zerstören wird. Ich bin das alles leid. Und dich auch.«
Sie schluckte die Tränen und ballte die Fäuste. »Dann verdienst du eine geistlose Frau wie Anges, die dich zu Tode langweilen wird.«
»Lady Agnes ist genau die Frau, die ich will«, schrie er sie an. »Eine Frau, die berechenbar und treu ist. Eine Frau, die mäßigenden Einfluss auf unsere Kinder nimmt.«
»Bei all ihrer Tugendhaftigkeit gehe ich jede Wette ein, dass sie nicht freudig mit dir ins Bett gehen wird«, sagte sie mit wachsendem Zorn.
Angesichts der Tatsache, dass sein Gesicht vor Zorn puterrot wurde, hatte sie wohl einen wunden Punkt getroffen. Gut. Das war auch ihre Absicht gewesen.
»Ich bin mir sicher, dass Lady Agnes mir in allen Aspekten eine gute Frau sein wird«, sagte er. »Und ich werde sie nicht in den Armen eines anderen Mannes finden, wenn ich eine Tür öffne.«
Sie wollte ihn mit den Fäusten schlagen, ihn anschreien, ihm wehtun, wie er ihr wehtat.
»Wirst du damit zufrieden sein, eine Frau zu haben, die dir nur deshalb treu ist, weil sie es verabscheut, mit einem Mann ins Bett zu gehen?«
Die Wut ließ sie alles vergessen. Sie kniff die Augen zusammen, verzog das Gesicht und sagte mit hoher, falscher Stimme: »Nicht schon wieder, teurer Gemahl! Haben wir es nicht erst letzten Monat getan? Ich bitte Euch, macht schnell!«
Als sie die Augen öffnete, waren seine Fäuste geballt, und die Ader an seinem Hals pochte.
»Das reicht«, knurrte er tief. »Lass mich in Ruhe.«
Er drehte sich um und machte sich entschlossen auf den Weg zurück zum Schloss. Doch beinahe unverzüglich blieb er stehen und stieß leise flüsternd eine Reihe von Flüchen aus.
Linnet riss ihren Blick von Jamie los und schaute den Pfad entlang. Als sie das Paar sah, das bloß wenige Meter von ihnen entfernt stand, blieb ihr der Mund offen stehen. Ausgerechnet in dem Moment, da sie Jamie die grässlichsten Dinge an den Kopf warf, mussten seine Eltern auftauchen. Jamies Mutter hatte die Augenbrauen so weit hochgezogen, dass sie fast ihren Kopfputz berührten. Lord FitzAlans Miene war ernst.
»Mutter, Vater«, sagte Jamie, als er zu ihnen ging, um sie zu begrüßen.
Linnet schloss die Augen und betete, Gott möge sie an einen anderen Ort verfrachten. Wie lange hatten die beiden bereits zugehört? Beim Gedanken an ihre Imitation von Agnes im Bett wurde ihr heiß und übel.
Doch ihre Scham war nichts im Vergleich zu der Verzweiflung und der Trostlosigkeit, die sie übermannten.
Irgendwie war alles verkehrt gelaufen. Sie wollte, dass Jamie sie endlich verstand. Und sie war sich sicher gewesen, dass er ihr vergeben würde, wenn er erst einmal begriff, wie sehr sie ihn liebte. Weil er es musste. Weil sie ihn brauchte. Weil sie ihn nicht noch einmal verlieren konnte.
Sie wusste mit unerschütterlicher Gewissheit, dass zwischen ihr und Jamie eben etwas passiert war, was nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte. Ein Schluchzen blieb in ihrer Kehle stecken, als sie daran dachte, dass Jamie sie nie wiedersehen wollte.
Ich habe alles zerstört. Keiner von uns wird je wieder glücklich sein.
28
Jamie und sein Bruder Nicholas wechselten einen amüsierten Blick über den Tisch.
Ihre Schwestern zogen Martin gnadenlos auf. Offenbar wurden sie dessen nie überdrüssig. Martin, ein Einzelkind, war anfangs so höflich und steif gewesen, dass die Mädchen in schallendes Gelächter ausgebrochen waren. Inzwischen hatte er sich an ihr lebhaftes Geplänkel gewöhnt. Schlimmer war für ihn, dass sie ihn inzwischen zu ihrem Liebling erkoren hatten.
Die dreijährige Bridget, die Jüngste,
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