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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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Idee – ich gebe den Rentnern aus der Umgebung einen Rabatt und lasse sie vormittags hier Sport treiben.«
    »Rabatt«, wiederholte Biggi. Ein Wort, das an Biggis Urinstinkte appellierte. Gierig leckte sie sich über die Lippen. »Hm. Kostenlos wäre noch besser.«
    »Wenn ich alle kostenlos reinlasse, dann verdient Stefan ja nichts. Es geht doch darum, das Loch in der Kasse ein bisschen zu stopfen, von dem wir noch nicht mal wissen, wie groß es eigentlich ist.« Wanda brach ab, denn Norbert schlich wieder vom Hof zurück. Er wirkte nicht mehr ganz so selbstzufrieden, und Wanda bemerkte, dass er einen flüchtigen Blick über seine Schulter warf, wie um sicherzugehen, dass ihn niemand verfolgte.
    »Alles in Ordnung, Norbi?«, rief sie herzlich.
    Norbert murmelte etwas und ging zu Franziska ins Büro. Wanda hörte ihn dort etwas zu ihrer Tochter sagen, es klang wie: » Assis und Verrückte und Motorrad .«
    »Mach ein Schnupperangebot«, überlegte Biggi laut. »Schnupperangebot ist immer gut. Du bietest ihnen eine kostenlose Probezeit an, damit sie Blut lecken, und dann ziehst du die Daumenschrauben an. Dann sind sie schon süchtig und wollen unbedingt bleiben. Und dann müssen sie blechen.«
    Wanda nickte zustimmend, obwohl Biggis Grausamkeit sie etwas überraschte.
    »Warum aber unbedingt einer hiernach süchtig werden soll, das musst du mir noch erklären«, fuhr Biggi fort. »Ich meine – guck dich doch mal um.« Sie drehte sich halbherzig zur Seite und deutete kurz auf die Hantelbank links neben ihr. Dort quoll gelblicher Schaumstoff aus dem aufgesprungenen Leder wie Hefeteig. »Das kannst du nicht mit meinem Klub vergleichen, also ehrlich.«
    »Und was bitte schön ist so herrlich an deinem Klub?« So langsam ging ihr Biggi auf die Nerven mit ihrem ach so tollen Nobelklub. Immerhin war Biggi ja auch nur wegen eines Schnupperangebotes dort, wenn Wanda sich richtig erinnerte.
    »Ja, wenn du endlich mal mitkommen würdest, dann wüsstest du es«, versetzte Biggi. »Dort ist eine super Atmosphäre, alles voller junger, dynamischer Leute.«
    »So wie du?«
    Biggi schwieg beleidigt.
    »Mensch, Biggi, du bist auch Rentnerin. Seniorin, was auch immer. Genau wie ich. Warum soll es da draußen nicht noch mehr Leute in unserem Alter geben, die gern ein bisschen fitter wären? Mein Nachbar zum Beispiel, der ist fast achtzig und fährt jeden Tag Rad.«
    »Na ja, wenn du meinst … Aber wie willst du diese Leute finden? Und außerdem kann es dir doch auch egal sein, was mit dieser Muckibude passiert, es ist doch nicht dein Geschäft.«
    »Ich habe aber nicht auf Australien verzichtet, um hier stumpfsinnig meine Zeit abzusitzen und zuzusehen, wie mein Sohn bankrottgeht. Ich werde tun, was ich kann, Biggi. Und weißt du was? Ich fange gleich damit an. Wir gehen zum Friseur.«
    »Ist was mit mir?« Biggi griff sich automatisch in die Haare.
    »Wir gehen auf Kundenfang. Da ist heute Rentnertag mit gesenkten Preisen. Da rennen sie alle hin. Schnäppchenjagd ist so eine Art Extremsport für R … für Senioren, das solltest du doch am besten wissen.« Sie grinste Biggi an, um die Bemerkung etwas zu entschärfen.
    »Mama?« Franziska kam jetzt kopfschüttelnd aus dem Büro. »Ich bin natürlich noch nicht mal halb durch, aber wie es aussieht, hat seit Monaten so gut wie keiner mehr seinen Monatsbeitrag bezahlt.« Sie wedelte mit ein paar Zetteln. »Ich weiß nicht, was Stefan da gemacht hat, aber der hat das total schleifen lassen. Da kommt überhaupt kein Geld mehr rein.«
    Norbert trat mit wichtigem Gesichtsausdruck neben sie. »Er hat ein Defizit von mehreren Tausend Euro, das kann ich jetzt schon sagen. Wenn nicht sogar mehreren Zehntausend. Also wirklich, man muss doch mal die Leute zum Zahlen anhalten!«
    Die Tür ging auf, und Matti von neulich kam herein, diesmal mit einem Freund im Schlepptau.
    »Gute Idee, Norbi«, meinte Wanda. »Warum fängst du nicht gleich mal an? Frag, wie sie heißen, und dann guckst du nach, ob sie bezahlt haben und kannst sie gleich mahnen.«
    Norbert nickte erfreut und stellte sich Matti in den Weg. »Namen?«, schnappte er.
    »Fred und Wilma Feuerstein.« Matti sah ihn nicht einmal dabei an.
    Norberts Mund formte sich zu einem perfekten O.
    »Komm«, flüsterte Wanda und zog Biggi mit sich.
    Im »Salon Sybille« herrschte die muntere und gleichzeitig einlullende Atmosphäre, die allen Friseursalons eigen war. Zwei Frauen dösten mit Lockenwicklern auf dem Kopf unter Hauben, eine wartete

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