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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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dieser Axel vorhatte, ihr alle Knochen zu brechen. »Ich bin Stefans Mutter.«
    »Stefan.« Der Biker namens Axel nickte. »Lange nicht gesehen. Wo treibt der sich eigentlich rum?«
    »Im Krankenhaus. Splitterbruch vom Snowboarden.«
    Der Biker pfiff anerkennend durch die Zähne. Offenbar war es männlicher, kopfüber mit Höchstgeschwindigkeit die Straße oder Piste entlangzupreschen und sich damit selbst außer Gefecht zu setzen, als mit einer Erkältung im Bett zu liegen. »Na, dann gute Besserung.« Der Biker schob sich an Wanda vorbei, kurz roch sie Benzin, Leder und Auspuffgase.
    »Hallo? Ist hier jemand?«
    Wanda hätte vor Freude schreien können. Das war Biggi, na endlich.
    »Wir sind hier«, rief sie zurück.
    »Wir?« Biggi kam neugierig um die Ecke gestöckelt. Ihre Augen weiteten sich angesichts des Mannes in der Lederkluft, der ihr entgegenkam.
    »Das war Axel, Freund von Stefan«, erklärte Wanda und schaffte es gerade noch, den winzigen Ton der Genugtuung aus ihrer Stimme zu verbannen. Sie konnte förmlich sehen, wie es hinter Biggis Stirn arbeitete. Gemeinsam sahen sie dem pfeifenden Biker hinterher, der durch die Tür zum Innenhof verschwand, und einen kurzen Moment lang flatterte die verblüffende Erkenntnis in Wandas Kopf auf, dass man eine Melodie ja erst mal kennen musste, um sie mitpfeifen zu können. Ein Mahler liebender Biker, wer hätte das gedacht?
    »Hier ist ja was los«, sagte Biggi hilflos.
    »Nee, hier ist gar nichts los, Biggi. Das ist das Problem. Vormittags kommen ein paar Leute, dann stehe ich mir den ganzen Tag lang die Beine in den Bauch, weil kaum einer kommt, und dann, am späten Nachmittag gegen 17.00 Uhr, wenn ich kaum noch kann, rücken alle hier ein. So war das die letzten Tage lang auch. Meine Füße sind geschwollen, und mein Rücken tut mir weh. Ich weiß echt nicht, wie ich das wochenlang durchhalten soll.«
    »Ich bin ja auch noch da«, erklärte Biggi großmütig. »Soll ich dir was helfen?«
    »Du kannst mal Tee kochen. Ich habe meinen Wasserkocher von zu Hause mitgebracht. Nachher kommt irgendwann Franziska mit ihrem Norbert, sie wollen mal die Rechnungen durchgehen.« Wanda überlegte. »Weißt du, was du auch machen kannst? Die ganzen Mitgliedskarten alphabetisch ordnen. Die sind komplett durcheinander.«
    »Mach ich.« Biggi sah sich prüfend um und begab sich dann hinter den Tresen. Sie setzte sich auf einen Hocker und griff nach dem Kasten mit den Mitgliedskarten. Draußen im Hof jaulte kurz ein Motorrad auf, dann herrschte wieder Ruhe. Fast. Die Musik spielte leise, aber von irgendwoher kam ein eigenartiges Quieken. Garantiert die Katze. Wanda sah zum Fenster hinaus, konnte aber nichts erkennen, nur zwei ältere Damen mit Wollmützen, die gerade den Friseursalon auf der anderen Straßenseite betraten. Es quiekte wieder, diesmal klang es allerdings lauter und irgendwie menschlicher, fast wie ein Rufen.
    »Hörst du das?« Wanda runzelte die Stirn. »Mach mal das Radio leiser.«
    »Ich höre nichts.« Biggi stellte die Anlage leiser, legte den Kopf schief und lauschte. »Doch, jetzt höre ich es auch. Was ist das denn?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ratten?« Biggi zog sofort die Füße hoch.
    »Quatsch.« Neben dem Rufen war jetzt auch eine Art Klappern oder Klopfen zu hören. »Das kommt von da hinten. Von der Sauna. Nein, von …« Wanda legte erschrocken die Hand auf den Mund. Wie lange war dieser Typ eigentlich jetzt schon im Solarium? »Das kommt von der Sonnenbank, oder?« Sie lauschte erneut.
    »Hallo? Hallo? Hilfe, verdammt noch mal! Verdammte Scheiße!« Jetzt war die Stimme ganz deutlich zu hören. Sie kam aus dem Solarium.
    »Biggi, komm mal mit!« Wanda stürzte los, rannte nach hinten, den kleinen Gang entlang, an den Umkleideräumen vorbei, in den kleinen Saunabereich und schließlich zu dem Raum mit der Sonnenbank. Der Deckel ist aber kaputt, musst du aufpassen . Natürlich, das hatte Stefan extra noch gesagt. Hoffentlich war nicht zugeschlossen, nein war es nicht, Gott sei Dank. Wanda stürzte zur Sonnebank, unter der der fremde Mann eingequetscht wie ein Sandwich im Grill lag, gespenstisch von ultraviolettem Licht umrahmt. Seine linke Hand krallte sich in den Deckel und versuchte erfolglos, ihn hochzustemmen. »Scheiße, Mann!«, brüllte es dumpf darunter hervor.
    O Gott. »Warten Sie!«, rief Wanda hektisch. »Ich schalt erst mal aus.« Mit einem Griff zog sie den Stecker aus der Wand, und das bläuliche Licht erstarb.
    »Mann, ey«, schnaufte der

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