Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
über die Straße, einem hupenden Auto gerade noch ausweichend, und schließlich zum Studio Herkules .
»Was ist denn passiert?«, rief Wanda erschrocken, aber da sah sie es schon. Einen Haufen metallischer Stäbe und Teile, die über den Boden verstreut lagen und immer noch rollten. Daneben stand Matti mit offenem Mund.
»Die Maschine ist auf einmal auseinandergebrochen«, sagte er.
Aus den Augenwinkeln nahm Wanda wahr, wie eine Art Fass mit Stirnglatze sich näherte. Norbert. Mit leuchtenden Augen. »Ich hab’s gewusst!« Seine Stimme kippte fast über vor lauter Genugtuung. »Das ist alles gefährlich, ganz gefährlich. Das wird kosten. Wird das kosten!« Er zitterte vor Triumph. »Das wird …«
»Unsinn«, schnitt ihm Wanda das Wort ab. »Sind Sie verletzt?« Das galt Matti.
»Nee. Aber voll der Hammer hier.« Matti wirkte immer noch leicht benommen.
»Na also. Niemand zu Schaden gekommen. Das können wir sicher wieder reparieren. Wo ist Franziska?«
Norbert sah sich erstaunt um, dann blieb sein Blick an etwas hängen, das ihn rot anlaufen ließ. Und auch Wanda konnte nicht ganz glauben, was sie da sah. Denn die Tür zum Hinterhof öffnete sich wie durch Geisterhand und durch den kleinen Spalt konnte man etwas ganz Unglaubliches sehen: Franziska saß auf einem der Motorräder da draußen!
10 Planet des Irrsinns
»Franziska hat mir nie gestanden, dass einer ihrer Kindheitsträume war, Motorrad zu fahren. Eine Harley, so heißt das Ding wohl.« Wanda drückte auf den Knopf an der Ampel.
»Na ja, sie war ja früher ziemlich wild, das passt irgendwie. Hast Glück gehabt, dass sie sich so eine Maschine nie leisten konnte. Da drüben ist es übrigens.« Biggi zeigte auf ein kastenförmiges Gebäude, das fast völlig aus Glas zu bestehen schien. Bereits von hier aus konnte man die kleinen Gestalten sehen, die wie am Fließband da drinnen rannten, radelten und ruderten. Planet of Fitness stand in großen roten Buchstaben auf dem Dach. Um die Konkurrenz auszuspionieren, hatte Wanda das Herkules heute schon um 16.00 Uhr geschlossen. Wanda und Biggi überquerten die Straße.
»Aber stell dir vor, sie hätte das Ding umgeworfen oder kaputtgemacht! Die Typen, denen diese Motorräder gehören, sind keine guten Märchenonkel, das sag ich dir. Ich weiß gar nicht, was in Franziska gefahren ist, die ist doch sonst so vernünftig.«
»Ist ja nichts passiert. Und er hat es ihr doch erlaubt, oder nicht? Der Biker?«
»Ja.« Wanda konnte immer noch nicht ganz glauben, dass Franziska sich gestern von Axel, dem Biker, mit seinen ölverschmierten Händen auf das Motorrad hatte helfen lassen und dann stolz wie ein Spanier darauf gethront hatte!
»Aber ihr Freund war ja nicht so happy darüber.« Biggi fing an, in ihrer Tasche zu wühlen. »Hab ich jetzt meine Mitgliedskarte auch mit?«
»Nee, dem Norbert war das wohl nicht so recht.« Bei der Erinnerung an Norbis fassungsloses Puddinggesicht musste Wanda grinsen. »Aber was gesagt hat er auch nicht.« Und dann, Franziskas Tonfall nachahmend: »Der Norbi ist immer ganz vorsichtig, der geht kein Risiko ein.«
Sie lachten beide schallend los, und dann standen sie auch schon vor Biggis Nobelklub.
Die Empfangsdame an der Rezeption des Planet of Fitness war schätzungsweise zwölf Jahre alt, zumindest sah sie so aus. Vielleicht war sie aber auch vierundzwanzig, vielleicht hatte sich ihre Brust im Laufe der Jahre durch dauerndes Fatburning wieder zurückentwickelt, wer wusste das heutzutage schon. Wanda sah sich unauffällig um. Durch eine Glaswand konnte sie hinunter in den Poolbereich sehen, wo im eleganten Dämmerlicht ein Muskelpaket seine Bahnen durch tiefblaues Wasser zog. Hier an der Rezeption war alles in Naturtönen gehalten. Helles Holz, große Fenster auch in der Decke, die den Raum mit Tageslicht versorgten, flauschige Handtücher in einem Regal, ein abstraktes Gemälde an der Wand, das ein bisschen an Darmschlingen erinnerte, und ein verstörender Slogan, der in Gold auf der nussbraunen Wand angebracht war: Get fit or look like your mother .
Wanda schnaubte empört. Was sollte das denn bitte schön heißen? Sie kam sich vor wie in einem utopischen Film. Unzählige Bildschirme hingen an den Wänden und spuckten Musikvideos von der Art in den Raum, bei der Wanda im Fernsehen sofort wegschaltete, wenn sie zufällig darauf stieß. Allerdings schien sowieso keiner zuzuhören, da die meisten Leute ihre eigene Beschallung mitgebracht hatten und sich per
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