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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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mit einer Klatschzeitung in der Hand, sogar ein Mann war anwesend, der stumm und bewegungslos einen Haarschnitt ertrug. Haarnester lagen auf dem Fußboden, ein Fön röhrte, ein Rasierapparat brummte, im Radio sangen Albano und Romina Power um die Wette. Gerade zog eine Friseurin mit einem Ruck den schwarzen Umhang von einer älteren Dame, als enthüllte sie ein Denkmal.
    »Ja. Na klar, ist nett«, sagte die Frau und verrenkte ihren Hals, um sich von der Seite zu sehen.
    »Fällt gut«, bemerkte die Friseurin. »Ist super schön so hinten, mit dem Abgestuften.« Ihr Blick fiel auf Wanda und Biggi. »Bitte?«
    »Wir hätten mal eine Frage.« Wanda setzte ihr liebenswürdigstes Lächeln auf.
    »Heute ist leider alles voll«, seufzte die Friseurin. »Rentnerfreitag halt.« Sie zuckte entschuldigend die Schultern.
    Die Frau mit der Klatschzeitung sah alarmiert hoch. »Ich warte auch schon«, verkündete sie für den Fall, dass Biggi und Wanda sich etwa vordrängeln wollten.
    »Wir wollen keinen Haarschnitt«, erklärte Wanda. »Wir wollten Ihnen ein tolles Angebot machen.«
    »Wir kaufen nichts«, kam es wie aus der Pistole geschossen von der Friseurin, die ihnen am nächsten stand.
    Der Mann war jetzt fertig geschoren und drehte seinen Kopf interessiert zu ihnen herum.
    »Wir verkaufen auch nichts«, erklärte Wanda, immer noch mit Engelsstimme. »Mir gehört der Fitnessklub da drüben. Rentner können dort ab Montag in den nächsten zwei Wochen von 10.00 Uhr – 15.00 Uhr kostenlos Sport machen.«
    Einen Moment lang sagte niemand etwas.
    »Sport.« Eine der Friseurinnen überlegte offensichtlich, ob sie einen logischen Schritt in der Unterhaltung verpasst hatte. »Dort drüben? Bei den jungen Männern?«
    »Genau«, sprang Biggi unerwartet ein. »Bei den jungen Männern.«
    Wanda sah mit Entsetzen, dass Biggi neckisch zwinkerte und ihren Arm hob und anspannte, wie um die gewaltigen Muskeln dieser herrlichen jungen Männer anzudeuten. Was machte sie denn da? Jetzt klang das wie ein … Swingerklub oder so etwas, auch wenn Wanda keine rechte Vorstellung davon hatte, was das war. Aber zu ihrer Überraschung kam auf Biggis Pantomime hin Leben in den Friseursalon.
    »Also, ich tät mir die schnuckligen jungen Männer schon gern mal ansehen, nich?«, sagte eine der Frauen unter der Haube. Frauengelächter schepperte durch den Raum. »Aber erst, wenn ich hier mit der Dauerwelle fertig bin, man will ja keinen verschrecken«, setzte die Frau hinzu, und wieder gackerten alle.
    Wanda holte tief Luft. »Ich meine das ernst«, versicherte sie. »Ab einem gewissen Alter schwindet das Muskelgewebe.« Sie kam sich langsam vor wie ein irrer Prediger, so oft war ihr dieser Satz jetzt schon über die Lippen gegangen. »Und das Beste ist, dagegen vorzubeugen, solange man noch so fit und agil ist wie Sie alle.«
    Zustimmendes Murmeln erklang.
    »Der Hajo muss mehr Sport machen«, bemerkte die Dame, die gerade fertig frisiert worden war. »Das ist mein Mann. Der macht gar nichts mehr. Dabei war er früher so aktiv. Wenn ich jetzt sage, Hajo komm doch mal ein Stück mit raus, dann hat er immer was zu tun. Dabei hat er gar nichts zu tun, das behauptet er nur. Aber ich bin ja nicht blöd. Der guckt nur Fernsehen, und dann sitzt er immer vorm Computer. Warum, frage ich ihn dann. Warum redest du nicht mit mir? Warum, Hajo? Warum?« Sie sah sich beifallheischend um.
    Wanda hatte eine vage Ahnung, warum Hajo die Stille seines Computers vorzog, aber sie nickte kollegial.
    »Den schick ich am Montag dahin«, verkündete die Frau. »Da hat er was zu tun, das tut dem gut.«
    »Tun Sie das.« Wanda nickte. »Und Sie alle auch – kommen Sie ruhig mal vorbei.«
    »Ich auch?«, fragte der Mann unsicher.
    »Aber selbstverständlich, Sie auch«, versicherte Wanda. Und dann fügte Sie aus einer Eingebung heraus noch hinzu: »Es gibt auch Tee.« Und mit einem Seitenblick auf Biggi. »Kostenlos.«
    »Na, siehst du.« Wanda stupste Biggi euphorisch an, als sie wieder draußen auf der Straße waren. »Was meinst du, wie die uns die Bude einrennen werden. Dein Tipp war genial, Biggi. Erst kostenlos, und dann, wenn es ihnen gefällt, dann schnappen wir zu.« Sie vollführte ein fuchtelndes Zuschnappen. In diesem Moment ertönte ein lauter Knall, gefolgt von einem Rumpeln und Poltern. Es kam aus dem Herkules .
    »Was …?« Biggi blieb stehen.
    »Das war da drin.« Wandas Puls fing an, überlaut in ihren Ohren zu hämmern. Wie auf Kommando rannten sie los,

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