Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
anziehen?«
Biggi kicherte. »Na, bis jetzt ist es noch niemandem aufgefallen. Ich bezahle schon seit acht Monaten den Schnäppchenpreis. Ich schätze mal, die haben das irgendwie verlegt oder vergessen. Glück muss der Mensch haben.«
Sie gingen eine Treppe hinunter und erreichten die Umkleidekabinen. Die waren im Zen-Stil gehalten, was sich hauptsächlich darin äußerte, dass überall kleine Wasserbecken sprudelten und Steine zu anmutigen kleinen Häufchen angeordnet waren. Echter Bambus wuchs in einem Holztopf und von irgendwoher erklang ab und zu ein asiatisch anmutender Gong. Ein Buddha aus Bronze hockte in der Ecke und grinste lautlos vor sich hin.
»Da ist wenigstens einer noch fetter als wir, was?« Biggi zeigte auf den Buddha und kicherte wieder. Wanda verzog den Mund zu einem gequälten kleinen Lächeln. Zwei blonde Schönheiten wieselten in knappen Sporthosen und Sport- BH s an ihnen vorbei. Sie musterten Wanda und Biggi erstaunt.
Jetzt reichte es Wanda. »Biggi, ich will nicht mit in den Kurs. Mach, was du willst, aber da kriegen mich keine zehn Pferde rein. Ich gehe gleich in die Sauna.« Sauna kannte sie. Das war neutrales Terrain. Da wusste sie, wie man sich verhalten sollte.
»Wenn du meinst.« Biggi sah leicht beleidigt aus. Sie fing an sich auszuziehen, dann hielt sie inne. »Wo habe ich denn jetzt den blöden Schrankschlüssel? Ich komme gleich wieder, ich muss noch mal hoch an die Rezeption.« Sie rauschte davon.
Wanda stopfte ihre Sachen in den Schrank, schnappte ihr Shampoo, ihr Duschbad und ihre Badelatschen und schloss ab. Die Badelatschen hatte sie mal für Wolfgang gekauft und der hatte sie nie getragen. Für die Sauna gingen sie allemal noch. Sie sah sich um. Verdammt. Jetzt hatte sie Biggi gar nicht gefragt, wo es zum Saunabereich ging. Vorsichtig lugte sie um die Ecke. Da stand eine junge Frau in Unterwäsche. Sie lächelte Wanda an. »Hey, Baby.«
»Hallo«, gab Wanda unsicher zurück. »Wo geht’s denn hier zur Sauna?«
»Ich weiß noch nicht, ob ich es bis um sieben schaffe«, antwortete die junge Frau. Sie stieg in eine enge Jeans. »Du kannst ja schon eher hingehen.«
Was sagte die da? Wanda lächelte tapfer weiter.
»Du bist ja ein ganz Schlimmer!«, gurrte die Frau. Sie drehte sich jetzt zur Seite. Und in dem Moment verstand Wanda. Die hatte so ein Ding im Ohr, wie immer man das nannte, und unterhielt sich mit jemandem am Telefon! Sie hatte Wanda nicht mal wahrgenommen . Entnervt schlang sie ihr Handtuch fester um sich. Sie würde die Sauna auch alleine finden. Da, durch die Tür da hinten bestimmt. Wanda drückte forsch die Klinke hinunter.
Die Tür blieb zu.
Die Sauna. Endlich. Wanda stand schon kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Dieser Klub war ein totales Labyrinth.
Zum Glück war hier kaum Betrieb. Sie duschte und marschierte dann schnurstracks in die finnische Sauna. Dort saßen nur zwei junge Männer, die ihr kurz zunickten und dann ihr Gespräch weiterführten. Erschöpft ließ sie sich auf der untersten Bank nieder und atmete den vertrauten Geruch nach heißem Holz ein. Hier würde sie bleiben, bis Biggi auftauchte. Und dann würde sie noch einen Kaffee trinken, das Ganze unter Ulk verbuchen und sich darauf konzentrieren, wenigstens die Monatsbeiträge im Herkules reinzubekommen. Vielleicht konnte man damit Stefans Schuldenberg etwas abmildern.
Nach ein paar Minuten lief ihr der Schweiß in Strömen herunter. Na, die Saunagänge sollten ja auch nicht zu lang sein. Zwischendurch würde sie es sich in einem der Liegestühle mit einer Illustrierten bequem machen. Vor der Tür schlüpfte sie in ihre Badelatschen, ging zum Nassbereich und ließ eiskaltes Wasser auf ihren Rücken prasseln. Das tat gut. Wo blieb nur Biggi?
Als Wanda unter der Dusche hervorkam, standen die beiden jungen Männer vor der finnischen Sauna. Sie sahen zu ihr hinüber und tuschelten miteinander. Der eine lächelte sie an. Wanda lächelte automatisch zurück. Flirtete der mit ihr? Konnte das sein? Sie sah noch ganz gut für ihr Alter aus, das wusste sie selbst, aber so direkt hatte sie schon lange niemand mehr angestarrt. Jetzt kam der Typ näher, er zwinkerte ihr zu! Schließlich stand er vor ihr, in all seiner nackten, jungen Herrlichkeit. Er überragte sie um fast zwei Köpfe, und Wanda bemühte sich, ihren Blick nach oben zu richten.
»Na?«, sagte er fröhlich.
»Na?«, erwiderte sie perplex.
Er lachte und beugte sich zu ihr hinunter. »Beim nächsten Mal die Brille nicht
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