Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
gekommen? »Jetzt hört doch mal zu.« Wanda hob beschwichtigend die Hände. »Es soll ja auch nicht unser privates Facebook sein, sondern das vom Studio Herkules . Ich habe auf der Webseite für den Wettbewerb nachgesehen. Dort kann abgestimmt werden. Jeder kann schreiben, warum sein Klub der Beste ist. Verschiedene Kategorien – wie freundlich die Trainer sind, wie sauber es ist …«
»Die Kategorie haben wir schon gewonnen, wenn ich hier durch bin«, rief Marianne dazwischen.
»… welche Kurse angeboten werden, wie die Räumlichkeiten sind, Preis-Leistungs-Verhältnis und so weiter.«
»Das Herkules hat keine Kurse.« Biggi setzte sich auf einen der Barhocker. »Und auch keine Trainer. Beim Preis-Leistungs-Verhältnis könntest du als Sieger dastehen, wenn du die monatliche Gebühr auf dreißig Cent verringerst.« Sie machte sich nicht mal die Mühe, ihren Sarkasmus zu unterdrücken.
»Jedenfalls«, fuhr Wanda unbeirrt fort, »braucht das Herkules eine Facebook-Seite. Und das Dingsda mit dem Vogel auch, ich komme jetzt nicht auf den Namen. Zwitscher? Irgend so was. Und wir drei werden uns überlegen, was wir alles anbieten können. Wir bräuchten zum Beispiel ein Motto, einen Slogan. Nicht so was Blödes wie in Biggis Klub, sondern etwas Freundliches. Das ältere Leute zum Sport anregt.«
»Trimm dich und benimm dich?« , schlug Marianne zaghaft vor. »Dann würden sie es auch nicht wieder dreckig machen.«
»Eventuell.« Wanda lächelte tapfer. »Es eilt ja nicht. Und wir brauchen ein paar Blumen. Topfpflanzen. So was. Und müssen uns überlegen, wo wir noch R … Senioren anwerben können.«
»Sag’s ruhig. Sag ruhig Rentner.« Biggi winkte resigniert ab. »Das ist im Übrigen einfach: Apotheke. Arzt. Sparkasse. Das Café Roswitha . Beim Friseur waren wir ja schon. Irgendwelche Läden.«
»Mein Teeladen, na klar.« Warum war sie da nicht gleich draufgekommen? Gleich morgen würde Wanda Martin anrufen und ihn bitten, seinen Kunden davon zu erzählen. Nachdem sie Matcha gekauft und damit ihre Lernwilligkeit signalisiert hatte, herrschte zwischen ihnen freundlicher Waffenstillstand. Ihm war auch sicher nicht entgangen, dass sie in den letzten zehn Tagen nur einmal bei ihm reingeschaut hatte. Dass ihr der Abschied vom Laden so schwergefallen war, hätte sie sich auch nicht träumen lassen. Wanda strahlte ihre Freundinnen an. »Natürlich. Die Hälfte aller Kunden ist über sechzig.« Sie holte aufgeregt einen Kuli aus ihrer Tasche. »Ich muss mir das jetzt alles mal aufschreiben. Damit wir nichts vergessen. Nachher kommt auch noch mal Franziska und geht die letzten Rechnungen durch.«
»Mit dem Mann mit dem festen Händedruck, wie hieß er doch gleich?«
»Norbi. Und solange er sich um die Finanzen kümmert, steht er unter meinem Schutz, Biggi.«
»Kuchen.« Marianne ließ auf einmal den Schrubber los, der in Zeitlupe umfiel und auf den Boden schlug. »Kuchen! Was sagt ihr dazu? Mein Streuselkuchen ist die Wucht, wenn ich das mal in aller Bescheidenheit sagen darf. Der Günther hat nie besseren gegessen, sagt er. Den könnten wir hier verkaufen!«
»Den Günther?« Biggi gab einen enthusiastischen Triller von sich. »Viel Erfolg.«
»Mensch, Biggi, nun sei doch mal nicht immer so albern!« Wanda warf in gespielter Empörung einen Proteinriegel in Biggis Richtung. »Marianne, das ist eine hervorragende Idee. Streuselkuchen. Oder auch Marmor, jeden Tag was anderes.«
»Kuchen im Fitnessklub? Seid ihr verrückt geworden?« Biggi hob den Riegel auf. »Die Leute wollen hier abnehmen und so weiter, schon vergessen? Die essen nur so was.« Sie brach den Riegel auf, und gemeinsam betrachteten sie die groteske gräuliche Masse, die sich unter der Schokoladenhülle verbarg wie eine Gesteinsprobe aus dem Tertiär.
»Pfui Deibel.« Marianne rümpfte ihre Nase. »Da lob ich mir meinen Streuselkuchen.«
»Eben.« Wanda nickte nachdenklich. »Streuselkuchen, du sagst es.«
Franziska erschien wenig später alleine und antwortete auf Biggis scheinheilige Frage nach »dem netten Norbi« nur mit einem Schulterzucken. »Der kommt eventuell später nach. Wenn er seine Ablage sortiert hat.«
»Ist er denn auf Arbeit? Am Sonntag?«, fragte Wanda verblüfft.
»Nein. Zu Hause natürlich.«
Natürlich. Norbi hatte eine Ablage zu Hause, die er sonntags gern sortierte. Warum auch nicht? Es gab Schlimmeres. Axtmörder, Alkoholiker, Schläger. Da hatte Franziska gewissermaßen noch Glück gehabt!
»Na schön«,
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