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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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mindestens zweihundert Leuten als Voraussetzung für eine Anmeldung zu unserem Wettbewerb festzulegen.
    Zweihundert Leute. Wie sollte Wanda das anstellen? Im Moment betrug die Mitgliederzahl exakt 148. Erstaunlich eigentlich. Aber wie jeder Klub hatte das Herkules viele Karteileichen. In ihrer ersten Enttäuschung hätte Wanda sich am liebsten ins Bett verkrochen, Decke über den Kopf und an nichts mehr denken. Oder besser noch – aufspringen, Koffer packen und doch noch mit Bertram nach Australien davondüsen. Dann könnte sie schon nächste Woche im Sonnenschein mit Delphinen schwimmen und das Herkules mit all den quietschenden Maschinen und den anschwellenden Muskelbergen hinter sich lassen. Aber das wäre eine Flucht. Und wenn sie eins vom Zusammenbruch ihrer lauwarmen Ehe gelernt hatte, dann das: Probleme gingen nicht weg, wenn man sie ignorierte oder vor ihnen davonlief. Probleme musste man lösen. Es war der einzig richtige Weg.
    Sie klickte sich zurück auf Facebook. Jetzt hatte das Herkules schon sieben Fans, der Neuzugang war Hajo! Er machte also doch durchaus was Nützliches an seinem Computer, auch wenn seine Frau das nicht so sah. Wanda dachte eine Sekunde lang nach, und obwohl sie den Satz kaum noch hören konnte, entschied sie sich doch dafür, ihn ein letztes Mal loszuwerden: »Vergesst nicht – ab einem gewissen Alter schrumpft das Muskelgewebe! Bitte unser Schnupperangebot allen rüstigen Rentnern in eurem Bekanntenkreis weitersagen.« So. Und nun wollte sie doch mal sehen.
    Am nächsten Morgen fand vor dem Haus der Verhaltenstherapeutin eine Demo statt. Das überraschte Wanda, sie mochte die misstrauische Frau zwar nicht besonders und ging ihr seit dem Katzenvorfall aus dem Weg, aber aus welchem Grund sollte ein Haufen älterer Leute in praktischen Windjacken gegen deren Praxis protestieren? Ein Haufen älterer Leute … Ach du lieber Himmel! Wanda ging schneller, bis sie fast rannte. Es war Mittwochmorgen kurz nach 9.00 Uhr, und der lärmende Pulk auf der Straße hatte nichts mit Verhaltenstherapie im Sinn. Die wollten ins Herkules !
    »Immer schön in der Reihe bleiben, nicht wahr?«, rief ein Mann. »Nicht vordrängeln. Ich bin Nummer vierzehn.«
    »Die hätten doch hier solche Tickets aushändigen können«, meinte eine Frau. »Wie, wie …«
    »Wie beim Arzt?«, fragte eine andere. »Unser Hausarzt hat dieses Ampelsystem. Rote Marken für dringende Fälle, gelbe für weniger dringende und grüne für nicht so wichtige Sachen, Rezept erneuern und so was.« Sie räusperte sich stolz. »Ich bin immer rot, ich komme immer gleich dran, wegen meines Diabetes.«
    Wanda schloss kurz die Augen. Was hatte sie getan? Von der anderen Straßenseite näherten sich drei junge Männer, die Sporttaschen lässig über die Schulter geworfen. Sie blieben erstaunt stehen. »Hinten anstellen«, krähte jemand aus der Menge. Und als die beiden nicht reagierten, fügte die Stimme hinzu: »Denkt ihr vielleicht, wir bilden hier eine Polonaise? Wir warten auch.«
    Das Schnupperangebot sollte doch eigentlich erst ab 10.00 Uhr gelten, was sollte Wanda denn bloß tun? Sie konnte diese Leute doch nicht eine Stunde warten lassen. Dann brach hier eine Revolution aus. Sie nestelte ihr Handy aus der Handtasche und rief Biggi an. Die brauchte ohnehin dringend eine Abwechslung, sonst sah die sich den ganzen Tag lang alte Fotos von Benno und sich an.
    »Biggi, komm sofort her, ich brauche dich. Lass alles andere stehen und liegen. Und bring Marianne mit.«
    »Was ist denn los?« Biggi klang verschlafen. Vor 9.00 Uhr stand sie selten auf.
    »Das wirst du schon sehen. Komm her, bitte!« Wanda straffte sich, setzte ein strahlendes Lächeln auf und näherte sich dem Mob.
    »Einen schönen guten Morgen«, rief sie und hoffte, dass niemandem auffiel, wie schrill und nervös ihre Stimme klang. Das Murmeln in der Menge erstarb, und alle sahen Wanda erwartungsvoll an. Es waren mindestens zwanzig Leute. Und was nun? »Wenn ihr euch bitte alle in die Gästeliste eintragen würdet, Datum nicht vergessen und … und …«
    Da kam Kai mit dem Rad an. Gott sei Dank. Wanda hätte am liebsten vor Freude geschrien. »Und wenn ihr irgendwelche Fragen habt, also wie die Geräte einzustellen sind und so weiter, dann wendet euch bitte an Kai dort.« Die Köpfe fuhren herum. Kai zog verblüfft die Augenbrauen hoch und hielt an. Bitte hilf mir, flehte Wanda stumm. Hoffentlich spielte er mit.
    »Da melde ich mich gleich mal an«, sagte die

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