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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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Sie ließ ihren Blick noch einmal über Mariannes Zwerge schweifen. Ein Meer roter Zipfelmützen breitete sich in Kinnhöhe vor ihr aus. Die Zwergeninvasion. Auf dem Couchtisch standen die Reste ihres gemeinsamen Frühstücks, und vor all den Messerchen und Becherchen saß Marianne wie ein ausgedientes Schneewittchen. Biggi hatte ihren Fuß auf dem Rücken der Schnecke abgestellt und betrachtete ihre frisch manikürten Nägel. Wenigstens hatte Wanda noch ihre Freundinnen. Gute Freundinnen, die ihr in letzter Zeit ungeheuer viel geholfen hatten, so unterschiedlich die beiden auch waren. Sie hatte sich noch gar nicht richtig bei ihnen bedankt.
    »Ich lade euch ein«, erklärte sie daher spontan. »Heute Abend. Leckeres Essen in einer gemütlichen Kneipe, was haltet ihr davon?«
    Biggi sprang wie elektrisiert auf. »Im Haus am Tor spielen sie heute Jazz. Das Essen ist dort auch prima.«
    Wanda nickte zustimmend. »Marianne?«
    Marianne wand sich ein bisschen. »Was soll ich denn da? Das ist doch garantiert so laut. Und ich habe schon Auflauf für den Günther und mich vorbereitet.«
    »Den kann er doch auch alleine essen«, sagte Biggi. »Und du kannst uns heute Abend haarklein erzählen, wie du den Günther denn so nennst.« Sie zwinkerte Wanda zu.
    O Gott. Aber über Günthers Kosenamen zu plaudern war immer noch besser, als alleine zu Hause zu versauern.
    »Alles klar.« Wanda stand auf. »Ich muss los.« Sie schnappte sich ihre Tasche.
    »Was denn, was denn.« Biggi hielt sie fest. »Ohne deinen Zwerg?«
    Vor ihrer Gartentür traf Wanda wieder auf Miles, den Dackel. Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie beinahe über ihn gestolpert wäre.
    »Ach, Miles«, sagte sie nur schwach, denn irgendwie war der Hund im Moment das geringste ihrer Probleme. Sie sah zu ihrem Küchenfenster, in dem ein Alpenveilchen stand. Es war kurz vorm Verdursten, sie hatte es einfach vergessen. Dabei war es noch gar nicht so lange her, dass sie in ihrer Küche gesessen und krampfhaft überlegt hatte, wie sie den Tag herumbringen könnte. Zeit hatte sie gehabt, endlos viel Zeit. Sogar Zeit, sich mit einem dahergelaufenen Hund zu beschäftigen. Ihr damaliges Leben kam ihr plötzlich vor wie das einer anderen Frau. Ein Teil von ihr sehnte sich nach den ereignislosen Rentnertagen zurück, nach dem trägen Frühstück, dem Kreuzworträtsel in der Zeitung, dem Gefühl, sich endlich zurücklehnen zu können. Aber war das ein Leben? Wer rastet, der rostet, und sie, Wanda, hatte definitiv in den letzten Tagen keinen Rost angesetzt, sondern funktionierte wie eine flinke, gut geölte Maschine. Sie war nicht mehr die Teeladen-Wanda, die kompetent und freundlich, aber ohne große Herausforderungen ihren Laden schmiss. Und genauso wenig war sie noch Wanda, die frischgebackene Seniorin, die plötzlich voller Schock auf unausgefüllte Tage blickte und sich vor lauter Panik zu allen möglichen albernen Kursen mitschleifen ließ. Nein – sie war Wanda, die zusammen mit ihren Freundinnen ein heruntergekommenes Fitnessstudio ummodelte. Und zwar erfolgreich, verdammt noch mal, das wäre ja sonst gelacht. Und diese neue Wanda gefiel ihr tausendmal besser, trotz des fatalen Abends mit Kai! Also bloß nicht den Kopf hängen lassen. Sie hatte im Augenblick genug zu tun. Wozu brauchte sie da einen Mann? »Du hast auch immer gute Laune, was, Miles?«, wandte sie sich an den Hund. Der wedelte begeistert mit dem Schwanz. Ein paar Schritte hinter ihm folgte seine Besitzerin, eine Frau mit gelbstichigen Haaren und einer dieser Daunenjacken, die neuerdings alle trugen und in denen man wie das Michelin-Männchen aussah. Sie hatte noch einen Hund dabei, einen weißen Pudel.
    Wanda lehnte den Gartenzwerg, den Biggi und Marianne ihr aufgedrängt hatten, vorsichtig an den Zaun. »Entschuldigung«, wandte sie sich an die Frau, die daraufhin misstrauisch stehen blieb. »Ihr Hund kommt immer einfach in meinen Garten und … äh, also er macht da rein, könnten Sie vielleicht dafür sorgen, dass er das nicht mehr tut?«
    Die Frau riss empört die mit blauer Wimperntusche umklumpten Augen auf. »Meine Lucie? Unmöglich.« Sie tätschelte den Pudel.
    »Lucie?« Wanda verstand nicht gleich. »Nein, nicht der weiße Hund, der Dackel hier. Miles.«
    »Der gehört mir nicht«, schnappte die Frau zurück. »Mit dem habe ich nichts zu tun.«
    »Ach. Aber er geht doch mit Ihnen spazieren?«
    »Der geht nicht mit uns spazieren, der verfolgt uns.« Die Frau hob belehrend den

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