Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
war es, was Wanda die ganze Zeit im Kopf herumgespukt hatte. Es gab Leute, denen die Zwerge gefielen. Otto. Die Pudelfrau. Und garantiert noch eine Menge anderer. Es war so einfach. Die Lösung dieses absurden Problems lag auf der Hand. »Ich kauf sie dir ab, Marianne.«
Marianne ließ das Telefon sinken.
Die anderen sahen sie verwundert an, Biggi sogar besorgt, als wäre Wanda plötzlich von einem ansteckenden Demenzvirus befallen. »Bist du verrückt geworden?«, fragte sie. »Was willst du denn mit den Zwergen?«
»Ganz einfach.« Wanda trank einen Schluck und sah in die gespannten Gesichter am Tisch. »Das werden meine Werbegeschenke für die Neumitglieder.«
»Eine Jahreskarte kaufen und einen strunzhässlichen, nutzlosen Riesenzwerg aufgedrückt bekommen?« Biggis Mund stand ungläubig offen.
»Das ist Qualitätsarbeit.« Marianne klang zu Tode beleidigt. Aus dem Telefon hörte man leise ein unsicheres »Hallo? Hallo?«.
»Nein.« Wanda bemühte sich um den reißerischen und gleichzeitig einschmeichelnden Tonfall der Moderatoren der TV -Shopping-Kanäle. »Eine Jahreskarte kaufen und ein exklusives Geschenk erhalten. Eine handgefertigte, originelle Gartenplastik von feinster Qualität. Ein Sammlerstück. Nur, solange der Vorrat reicht.«
20 Generationsübergreifend
… Gartenplastik von feinster Qualität – ein Sammlerstück. Solange der Vorrat reicht. So. Zufrieden las Wanda ihren Text noch einmal auf den Bildschirm durch. Da stand es nun auf Facebook. Ein paar Plakate hatte sie auch noch schnell ausgedruckt, auch wenn die Apotheke diesmal leider leer ausgehen würde. Wahrscheinlich würde sie den Eintrag auf Facebook am nächsten Morgen, in nüchternem Zustand bereuen, aber jetzt, nach einem langen Abend voller Gelächter mit ihren Freundinnen, voller bewundernder Blicke von dem fremden Saxophonspieler, voller Kalbsgulasch und Rotwein und einem anregenden Gespräch mit Ecki über berühmte Bauwerke dieser Welt im Allgemeinen und die Umgestaltung des Innenhofes im Besonderen, da erschien ihr die Idee geradezu genial. Und was hatte sie schon zu verlieren? Auf jeden Fall hatte der turbulente Abend dafür gesorgt, dass sie nicht mehr ununterbrochen das verstörte Gesicht ihrer Apothekerin vor sich sah oder dauernd in Versuchung geriet, Kai doch noch anzurufen. Wenn er wieder im Herkules auftauchte, musste Wanda eben über den Dingen stehen. Wozu war sie sonst dreiundsechzig Jahre alt geworden? Außerdem wollte Ecki sich demnächst den Innenhof mal genauer ansehen.
Mich kannst du auch mal genauer ansehen, Ecki, dachte Wanda etwas später, als sie wie ein Stein ins Bett fiel.
»Jetzt geht die Reha los, ich kann auf Krücken laufen. Endlich. Wie es aussieht, komme ich bald nach Hause.« Stefan klang so euphorisch am Telefon, dass Wanda einen Moment lang alle Geldsorgen und Zwerge und Männer vergaß und sich einfach nur mit ihm freute.
»Da muss ich mich ja beeilen. Ich wollte dich am Wochenende besuchen. Da kann Franziska ja das Herkules übernehmen.«
»Franziska hilft im Herkules aus?« Stefan klang regelrecht schockiert.
»Nicht nur das. Sie ist jetzt mit diesem Axel zusammen.«
»Franziska und Axel? Willst du mich veräppeln? Die passen doch überhaupt nicht zusammen!«
»Gegensätze ziehen sich an, das weißt du doch. Deine Schwester hat sich ganz schön verändert, und Axel, der …« Wanda biss sich auf die Zunge. Um ein Haar hätte sie ausgeplaudert, dass Axel sich ebenfalls bereit erklärt hatte, einen Kurs zu leiten, den er »Burn Baby« nennen und mit eigener Musikauswahl untermalen wollte. Kai hatte sich nicht mehr blicken lassen. Feigling. Trotzdem – ein bisschen vermisste sie ihn auch. Wanda schaute durch die Gardine in den Vorgarten und hielt nach Miles Ausschau. Dafür tauchte seit dem Abend vor drei Tagen im Haus am Tor der Saxophonspieler gelegentlich im Studio auf. Beim ersten Mal hatte Gerd nur draußen durch die Tür geschaut, beim zweiten Mal war er hereingekommen, hatte mit Biggi und ihr geplaudert und Mariannes Kuchen verschlungen. Wie es aussah, hatte er allerdings mit Sport nichts am Hut, was Wanda ein bisschen schade fand. Er hatte so etwas Unbekümmertes an sich, ein Mensch, der in sich ruhte, der sich weder mit Sport noch mit gesunder Ernährung stresste, der nie schlecht gelaunt war und immer etwas Nettes zu sagen wusste.
Wer auch täglich erschien, war Ecki. Biggi kreiselte um ihn herum wie ein Satellit, aber Wanda hatte nicht das Gefühl, dass er sich
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