Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
Tage nicht da war, ich habe versucht, dich deswegen zu erreichen, und wollte dir auch was erklären.« Er schielte nervös zu Ecki, der offenbar ebenso wenig wie Matti oder Gerd vorhatte, dieses interessante Gespräch zu verpassen.
Einen Moment lang herrschte Schweigen, nur unterbrochen vom Röcheln des Wasserkochers und dem überdrehten Geplapper des Wettermannes im Fernsehen, dessen Ein- und Ausschalten ebenfalls Marianne übernommen hatte. So hatte jeder seine Aufgaben. »… teils aufgelockert, teils auch stark bewölkt mit gelegentlichen Schauern, Schirmchen also immer dabeihaben!« Der Wettermann lachte über seinen eigenen Witz.
»Ecki, gehst du schon mal raus in den Innenhof?«, bat Wanda. »Und Gerd, ich … mal sehen. Ich weiß es noch nicht genau.« Mist. Warum mussten die alle auf einmal hier auftauchen? Sie schoss Marianne einen beschwörenden Blick zu, die daraufhin aufstand und Matti mit sich zog. Gerd wirkte ein bisschen enttäuscht, aber er nickte. »Okay. Also vielleicht bis später.« Dann wandte er sich zum Gehen, stolperte noch über eine Hantel, die mitten im Raum lag, und schob sie behutsam an ihren Platz zurück, den Kasten mit seinem Saxophon in der Hand wie einen überdimensionalen Vertreterkoffer. In diesem Moment wäre sie ihm am liebsten hinterhergelaufen. Zu spät.
Als alle weg waren, atmete Kai merklich auf. »Es tut mir so leid, Wanda«, sprudelte es aus ihm heraus. »Das mit der Katrin meine ich, sie ist emotional nicht so stabil, wie sie aussieht, weißt du, und …«
»Kai, Schwamm drüber.«
»Du bist nicht sauer?«
»Nein. Aber ihr zwei, ihr solltet darüber nachdenken, ob ihr euch wirklich trennen wollt.« Plötzlich hatte sie eine Idee. »Warum gehst du nicht gleich mal rüber in die Apotheke. Du könntest dort was für mich aufhängen. Die … Katrin hat doch sicher nichts dagegen?« Wanda lief schnell ins Büro, holte eines der Plakate und drückte es dem verdutzten Kai in die Hand. Dort warb sie mit blumigen Worten für das »exklusive Geschenk beim Erwerb einer Jahreskarte«. »Würdest du das tun?«
»Klar. Gern.« Er rührte sich nicht vom Fleck.
»Jetzt? Es eilt ein bisschen.«
»Und du bist wirklich nicht sauer?«
»Nein.«
Endlich ging er. Wanda merkte erst jetzt, dass sie ganz klamme Hände hatte. Das war ja noch mal gutgegangen. Sie sah ihm mit einem leisen Bedauern hinterher, dachte eine Sekunde lang an seine heftige Umarmung im Dunkel des Korridors, bei der ihre Phantasie schon aufs Wildeste mit ihr davongaloppiert war, und folgte dann Ecki in den Innenhof. Es war besser so.
»Sollen die neckischen Zwerge nicht doch lieber Teil der Neugestaltung werden?«, fragte Ecki. »Willst du die wirklich verschenken?« Er grinste.
»Wenn du Mitglied wirst, kannst du einen haben«, versetzte sie flink. »Sonst nicht.«
»Werd ich doch sowieso. Aber das wäre doch mal was«, murmelte er und klopfte prüfend die Hauswand ab. »Ein Mini-Disneyland, mitten in einem Kölner Hinterhof. Apropos Disney, kennst du die Walt Disney Concert Hall? Ein architektonisches Kleinod. Rostfreier Stahl in Form eines Segelschiffes.« Er pfiff bewundernd vor sich hin. »Und was schwebt dir hier nun vor?«
»Kein Segelschiff. Bänke. Was Grünes. Vielleicht ein kleiner Teich? Platz für Liegestühle.«
»Vielleicht ein Springbrunnen? Und was ist mit den Maschinchen?« Er deutete auf die Motorräder.
»Das ist noch nicht ganz klar.« Das war die Untertreibung des Jahres.
Ecki kroch auf dem Boden herum, nahm Maß, klopfte hier mal, da mal, gab Zahlen in seinen Laptop ein, nickte hin und wieder oder schüttelte den Kopf. »Würde schon gehen«, sagte er. »Das geht zwar mehr in Richtung Gartengestaltung, aber das krieg ich schon noch hin. Wir könnten vielleicht am Wochenende noch mal genauer darüber reden?« Er räusperte sich. »Nur du und ich, meine ich.«
Nur sie und er? Das war schon die zweite Einladung innerhalb einer Stunde. Was würde Biggi dazu sagen? Wanda verspürte einen plötzlichen Anflug von Solidarität für ihre Freundin, die so wenig Glück mit Männern hatte. Gerade Biggi hätte im Moment eine Einladung gebrauchen können, ins Kino zum Beispiel. »Am Wochenende besuche ich schon meinen kranken Sohn in Kempten, tut mir leid.«
»Bayern? Das passt ja prima. Nach Bayern wollte ich schon lange mal wieder. Lauter architektonische Kleinode dort. Wusstest du, dass die Keramikstäbe an der Außenfassade des Museums Brandhorst in München gefaltetes Blech verdecken?
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