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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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Band spielte inzwischen irgendetwas mit lateinamerikanischem Einschlag. Samba oder Rumba. Zwei Frauen fingen an zu tanzen, zwei Männer gesellten sich dazu, und Wanda sah Ecki quer durch den Raum auf sich zusteuern. Er vollführte ein paar neckische Tanzschrittchen und lockte sie schon von weitem mit dem Finger. Wandas Tanzkünste hatten sich seit dem verhängnisvollen Salsakurs keineswegs verbessert, wie auch! Und auf gar keinen Fall wollte sie Gerds vortreffliche Musik mit ihrem stümperhaften Gehüpfe beleidigen, daher blieb ihr nur die Flucht. Sie drehte sich um, schob sich durch die Menge und stand auf einmal genau vor Kai und seiner Frau. Das Ex konnte man ja nun getrost wieder weglassen. Er lief sofort flammendrot an, die Apothekerin hingegen blieb kühl wie eine ihrer Prellungskompressen.
    »Tag«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen denn?«, als ob Wanda gerade in ihre Apotheke spaziert wäre und Hustensaft verlangt hätte.
    »Gut«, krächzte Wanda. »Und selbst?«
    »Könnte nicht besser gehen.« Strahlendes Eisköniginlächeln.
    »Ich dachte, ich bringe die Katrin mal mit«, erklärte Kai zögerlich. »Eventuell wird sie ja auch demnächst hier Mitglied.«
    »Eventuell«, bemerkte die Apothekerin ohne jeden Enthusiasmus. Sie sah sich mit leicht gerunzelter Stirn um. Wenn überhaupt, so ahnte Wanda, würde diese Frau sich hier nur zu Kontollzwecken anmelden. Aber das konnte ihr egal sein. Geschäft war Geschäft.
    »Tun Sie das. Kai macht einen erstklassigen Kurs«, sagte sie und strahlte ihn an. Was nun? Sie sah sich unauffällig um. Einer der jungen Bodybuilder, sie hatte seinen Namen vergessen, lief herum und filmte alles, Ecki tanzte mit Brigitte Bardot. Wahrscheinlich aus Trotz. Biggi befand sich ebenfalls unter den Tanzenden, allerdings bewegte sie sich vorsichtig und langsam, mit ausgestrecktem Arm, damit sie nicht mit ihrer Schulter irgendwo anstieß. Sie tanzte wie jemand, der seine Brille suchte. Noch ein Gesicht entdeckte Wanda. Es war der Medizinstudent von oben, der mit blassem Gesicht plötzlich inmitten der Feiernden stand und sie zu suchen schien. Wahrscheinlich wollte er sich wieder beschweren, aber wenigstens konnte Wanda so Frau Wienerts Röntgenblick entkommen. »Entschuldigt mich bitte.« Sie drängelte sich zu dem Studenten durch.
    »’n Abend.« Der junge Mann deutete ein mattes Kopfnicken an.
    »Sind wir zu laut? Es tut mir leid, ich hätte Ihnen Bescheid sagen sollen. Es wird das letzte Mal sein, dass hier so ein Lärm ist, ich verspreche es Ihnen.«
    Er winkte ab. »Schon gut. Ich feiere einfach mit, wenn das okay ist? Heute habe ich ja keine Nachtschicht, ich hatte Spätschicht. Ich trink noch ’nen Schluck, dann lass ich mir ein Bad ein und anschließend lass ich mich von der Combo da in den Schlaf singen.« Er deutete auf die Band. Gerd griff gerade nach dem Mikrophon.
    »Das nächste Lied spiele ich für eine ganz besondere Frau.« Er räusperte sich. »Ich denke, sie weiß, wer gemeint ist.«
    Die Frau mit der Brigitte-Bardot-Frisur lächelte geschmeichelt.
    Gerd sah nicht mal in ihre Richtung. » In a sentimental mood , vom guten alten John Coltrane. Ich hoffe, ihr habt alle einen tollen Abend.« Ein paar Leute kamen plötzlich quiekend aus dem Innenhof herein und schüttelten sich. Offenbar hatte es doch angefangen zu regnen. Gerd hob sein Saxophon hoch und fügte dann mit einem Blick auf die nassen Gäste noch hinzu: »Und denkt immer daran: Auch wenn es draußen regnet, stürmt und schneit – life is beautiful !«
    Wanda erstarrte. Und dann stieg ein Gemisch aus Erleichterung und Vorfreude sowie einem vagen Schuldgefühl in ihr auf – wie sollte sie das bloß Ecki erklären? Er klebte für den Rest des Abends an ihr, gefolgt von Brigitte Bardots hungrigen Augen. Keine Möglichkeit, auch nur eine Sekunde mit Gerd allein zu sprechen. Zum Schluss war Ecki zu betrunken, um sich zu wehren, als ein Bekannter ihn nach Hause fahren wollte. Er sah Wanda mit verschwommenem Blick an. »Du liebst mich nicht«, klagte er. »Du hast nicht einmal mit mir getanzt. Du bist heute so kalt wie Unterwasserbeton.«
    »Schlaf dich erst mal aus, Ecki.« Wanda deutete eine halbherzige Umarmung an und scheuchte dann auch die letzten Gäste hinaus. Biggi und Marianne hatte sie schon lange nicht mehr so stolz gesehen, und Franziska schien über die Maßen glücklich, als sie mit Axel davonbrauste. Alles war aufgeräumt, Marianne würde die Platten am nächsten Morgen mit dem Auto abholen.
    Zu Hause

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