Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
neu verlegt, ganz ohne Chirurgie. Und sobald der frische Anstrich an der Wand war, beschloss Wanda spontan, würde sie eine Feier ausrichten. Eine Einweihungsparty für den Innenhof. Und als sie in diesem Moment neben dem Computer ein weiteres Wichtelgeschenk für sich entdeckte, wusste sie plötzlich auch, welche Band da spielen sollte.
24 Die tollsten Frauen über sechzig
Übermorgen nimmt mich jemand nach Köln mit, endlich! Ich ruf dich gleich an, wenn ich mehr weiß!
Stefans Jubel- SMS war nur eine der vielen tollen Neuigkeiten der nächsten Tage. Wanda und Franziska saßen gutgelaunt vor Wandas Computer zu Hause, nachdem sie ein paar Platten mit Häppchen vorbereitet hatten. Marianne würde Wanda in der nächsten halben Stunde mit dem Lieferwagen abholen und zur Einweihungsparty ins Herkules fahren.
»Und guck mal hier, wie süß«, sagte Franziska und tippte auf einen neuen Eintrag auf der Wettbewerbs-Webseite. Nach der Kommentarflut des größten Shakespeare-Fans in ganz Köln hatten sich tatsächlich noch jede Menge anderer Leute gemeldet.
Ich habe noch keinen Fitnessklub erlebt, in dem Alt und Jung so gut miteinander auskommen. In das Herkules kann ich meine Oma mitnehmen, und wir fühlen uns beide wohl!
Der Streuselkuchen ist Spitze, gibt es irgendwo das Rezept?
Ich liebe den leckeren Tee, den sie dort anbieten.
In meinem letzten Klub kam ich mir immer fehl am Platz vor – nur klapperdürre Aerobic-Ziegen. Im Herkules verkehren normale Menschen!
»Und hier!« Franziska kicherte.
Der Typ mit Bandana vom »Burn Baby«-Kurs ist hot, hot, hot!
»Und hier.« Wanda scrollte die Seite runter.
Der neue Freiluftbereich ist eine Oase mitten in Köln.
»Und hast du das gesehen?« Franziska hielt die Hand vor den Mund und riss die Augen auf.
Im Herkules gibt es die tollsten Frauen über sechzig diesseits des Rheins!
»Da meint jemand dich, wetten?« Franziska konnte sich gar nicht beruhigen. »Das war bestimmt Ecki.«
Wanda nickte, auch wenn sie sicher war, dass Ecki eher so etwas wie »Die Frauen im Herkules sind belastbar wie Stahlträger« geschrieben hätte.
»Und weißt du, dass wir in ein, zwei Monaten aus den Miesen raus sind? Stefan wird staunen. Dafür ist mir mein Brüderchen aber was schuldig, das sage ich dir. Und dir auch. Der soll dir und Ecki mal eine Reise spendieren, wenn er wieder flüssig ist.«
Eine Reise mit Ecki war das Letzte, wonach Wanda im Moment der Sinn stand. Tatsächlich konnte sie sich nichts Grässlicheres vorstellen. Während der Malerarbeiten der letzten zwei Tage hatte Ecki sie fast in den Wahnsinn getrieben. Er lauerte wie das Phantom der Oper hinter jeder dunklen Ecke auf sie, er wurde nörgelig und gereizt, wenn sie ihm abends absagte, er bestand darauf, dass sie ein Paar waren und alles gemeinsam unternehmen sollten. Und wenn er noch einmal als Vorspiel den Grundriss des Dessauer Bauhauses auf ihrem Bauch skizzierte – ein Gebäude, das sie klotzig und unansehnlich fand, das sie nicht interessierte und das man von ihr aus als Wurstfabrik hätte nutzen können –, würde sie hysterisch schreien.
Draußen auf der Straße hupte es laut.
»Oh, das ist Axel.« Franziska sprang auf. »Bist du sicher, dass wir alles vorbereitet haben?«
»Alles fertig. Danke für deine Hilfe. Ich hoffe, das wird gut heute.«
»Natürlich wird es das! Es regnet nicht, die Leute können sogar nach draußen. Axel hat ein paar Wärmestrahler besorgt, und Biggi hat doch wohl eine Band organisiert, oder?«
»Ja. Sie spielen aber Jazz. Keine Bikersongs. Also nichts mit On the road again .«
»Mama, du kennst dich ja auf einmal richtig aus!« Franziska tat ganz überrascht.
»Das Lied gibt es doch schon ewig. Kennt doch jeder.« Wanda wollte nicht zugeben, dass sie es am Tag zuvor zum ersten Mal gehört hatte, in Axels schweißtreibendem »Burn Baby«-Kurs, in dem sie ihre Beine nicht mehr gespürt hatte.
»Norbi kennt das Lied garantiert nicht.«
»Jetzt lass dem armen Norbi seinen Frieden. Wie geht es ihm denn?«
»Oh, dem geht es hervorragend. Er ist sozusagen nahtlos in eine neue Beziehung hinübergeglitten. Typisch Mann. Ich konnte es kaum glauben, nachdem er doch so einen Aufstand gemacht hat. Und jetzt hat er auf einmal die Liebe seines Lebens entdeckt. Sie heißt Ramona und ist aus der Personalabteilung.«
»Ramona?«
»Kennst du nicht. Sie sieht fast genauso aus wie er.« Franziska grinste.
Draußen hupte es wieder. Wahrscheinlich hingen schon alle Nachbarn an den
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