Mein Herz in Deinen Händen
mehr an der Seele als am Körper. Hilf ihm. Du bist diejenige, die er braucht. Du bist diejenige, die er immer gebraucht hat.
Pepper ließ die Hände in den Sch0ß sinken. Der Brief gab einen zerknitterten Laut von sich, der etwas von Peppers Verzweiflung widerspiegelte. »Aber Mrs Dreiss. Ich bin in solchen Schwierigkeiten. Diese Generalin ist hinter mir her und will mich umbringen.« Pepper schluckte. »Es ist jetzt zehn Tage her, dass ich eine E-Mail an Senator Vargas geschickt habe. Irgendwer muss sie inzwischen gelesen haben, und nichts ist passiert. Ich fürchte, sie ist in einem Ordner mit der Überschrift ›Spinner‹ gelandet. Oder sie haben die Generalin vorgeladen, sie hat alles geleugnet, und sie haben ihr geglaubt. Im Fernsehen hat sie die Fakten so verdreht, dass es sich angehört hat, als sei sie vollkommen schuldlos. Sie hat das Phantombild einer erfundenen Frau in die Kamera gehalten, die keine Ähnlichkeit mit mir hat. Sie führt die Polizei in die Irre, und sie ist immer noch nicht verhaftet worden, so viel ist sicher. Ich würde ja gerne zum FBI gehen und ihnen die Wahrheit sagen, aber ich fürchte, sie informieren General Napier, die mich daraufhin umbringen lässt.« Pepper schluchzte und sagte mit leiserer Stimme: »Dan will, dass ich ihm vertraue, aber Rita sagt, dass er mit Verbrechern kurzen Prozess macht, und wenn ich mir vorstelle, dass er mich ansieht und mir nicht glaubt … Ich kann es einfach nicht. Ich traue mich nicht … Was soll ich nur tun?«
Die Antwort ertönte hell wie eine Glocke in ihrem Hinterkopf.
Warne Dan.
Sie sah sich um und rechnete fast damit, Mrs Dreiss hinter sich stehen zu sehen.
Stattdessen hörte sie wieder die Worte.
Warne ihn.
Sie sah den Brief an, den sie in ihren zitternden Händen hielt. Mrs Dreiss hatte ihr über die Zeit hinweg eine Bitte zukommen lassen, und Pepper wollte sie erfüllen. Pepper hatte Mrs Dreiss über Zeit und Raum hinweg eine Frage gestellt und eine Antwort erhalten.
Warne ihn.
Mrs Dreiss hatte Recht. Pepper musste das Misstrauen ablegen und Dan von General Napier erzählen. Er würde wissen, was zu tun war, an wen er sich wenden musste. Ja, er würde sie vielleicht für die Täterin halten, aber indem sie sich ihm anvertraute, würde sie nicht nur ihr eigenes Leben retten, sondern seines vielleicht auch.
Die Scheune zog unwiderstehlich Peppers Blick an. Dan war da drin, arbeitete irgendwas – Schweißen, Hämmern, irgendeine Männerarbeit – und er war zornig und an der Seele verletzt. Das hatte Mrs Dreiss jedenfalls geschrieben, und Pepper glaubte ihr. Sie hatte in ihrem Leben so viel Zeit damit verbracht, das Falsche zu tun, aber es ließ sich nicht bestreiten, zwischen Dan und ihr existierte eine Verbindung, die Zeit und Distanz nicht hatten zerstören können. Sie wollte ihm helfen. Sie wollte bei ihm sein.
Letzte Nacht waren sie in getrennte Betten gegangen, so unschuldig, als habe es die Nacht zuvor nie gegeben. Doch sie hatte immer nur für Minuten oder Viertelstunden geschlafen, von der Erinnerung an das verfolgt, das sie miteinander getan hatten, und von dem Wissen gequält, dass sie ihn haben konnte, wann immer ihr danach war, und sie ihm immer Vergnügen bereiten wollte.
Er war ihr so nah gewesen. Im Zimmer nebenan. Wäre sie aufgestanden und zu ihm gegangen, er hätte die Arme nach ihr ausgestreckt. Er hätte sie auf sich gezogen und … Pepper fing sich wieder, bevor sie sich noch mehr ausmalen konnte. Sie legte die Hand auf ihr hämmerndes Herz. Versuchte, zu Atem zu kommen. Es war, als hätte sie den Korken aus der Flasche gezogen und sei auf einen Wein gestoßen, der süß war, süchtig machte … und niemals zur Neige ging.
Vielleicht wollte er sie nicht für immer. Vielleicht würde er sie morgen schon wie eine streunende Katze davonscheuchen. Aber Mrs Dreiss hatte ihn gemocht und gewollt, dass Pepper ihn gleichfalls mochte. Das zählte sicher etwas.
Die leise flüsternde Botschaft – warne ihn – war eindringlich.
Pepper würde zu ihm gehen, ihm von General Napier berichten. Dann würde sie ihm sagen, dass sie bleiben würde. Sie würde ihm sagen, dass sie es langsamer angehen mussten, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, bevor sie am Felsen des Argwohns zerschellten. Dann … dann würden sie sehen, was sich daraus entwickelte.
Sie stand auf und klopfte sich die Erde vom Hintern. »Sie haben Recht«, sagte sie zu Mrs Dreiss. »Ich muss ihn warnen, mir von ihm helfen lassen, und dann helfe ich
Weitere Kostenlose Bücher