Mein Herz so weiß
Vorfall, der niemandem schadet, mehr noch, bei dem wir alle gewonnen haben. Und doch scheint es mir schlimm, dass ich entscheiden konnte –
weil
ich Geld hatte und es kein Problem für mich war, es auszugeben –, wo der sonnenverbrannte Mann seine Drehorgel spielen und wo die Frau mit dem Zopf ihren Plastikteller hinhalten sollte. Ich habe ihre Schritte gekauft, ich habe ihren Standort gestern Vormittag gekauft, ich habe auch einen Augenblick lang ihren Willen gekauft. Ich hätte sie darum bitten können, hätte ihnen die Situation erklären und ihn entscheiden lassen sollen, auch sie gingen ihrer Arbeit nach. Es schien mir sicherer, ihm Geld anzubieten und ihm eine Bedingung zu stellen, damit er es bekommen konnte: ›Ich gebe Ihnen das, wenn Sie gehen‹, habe ich zu ihm gesagt, ›wenn Sie eine Ecke weiter gehen.‹ Dann gab ich ihm Erklärungen, aber in Wirklichkeit waren sie überflüssig, ich hätte es nicht zu tun brauchen, nachdem ich ihm das Geld angeboten hatte, für ihn war es viel, und für mich war es nichts, ich war sicher, dass er es nehmen würde, das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen, wenn ich, statt danach meine Arbeit zu erwähnen, wie ich es getan habe, zu ihm gesagt hätte: ›Weil ich möchte, dass Sie weggehen.‹ So verhielt es sich in der Tat, obwohl ich es ihm nicht gesagt habe, ich schickte ihn an die andere Ecke, weil ich Lust dazu hatte. Er war ein angenehmer Drehorgelspieler, von denen es fast keine mehr gibt, eine Spur der Vergangenheit und meiner Kindheit, ich hätte mehr Respekt vor ihm haben müssen. Das Schlimme dabei ist, dass auch ihm wahrscheinlich die Dinge so lieber waren und nicht so, wie ich jetzt denke, dass sie hätten sein können, das heißt, er hätte meinen Geldschein meinem Respekt vorgezogen. Ich hätte ihn bitten können, weiterzugehen, nachdem ich ihm die Situation erklärt hätte, und hätte ihm danach den Geldschein geben können, wenn er sich entgegenkommend und verständnisvoll gezeigt hätte, Trinkgeld statt Bestechungsgeld ›für die Umstände‹ statt ›hauen Sie ab‹; aber zwischen beiden Dingen gibt es keinen Unterschied, bei beiden spielt ein
wenn
mit, es macht wenig aus, ob es explizit oder implizit ist, ob es nachher oder vorher kommt. In gewissem Sinne war das, was ich getan habe, am klarsten und saubersten, ohne Heuchelei noch falsche Gefühle, wir haben beide gewonnen, das ist alles. Aber trotz allem habe ich ihn gekauft und über seine Schritte entschieden, und an der anderen Ecke, an die ich ihn geschickt habe, hat ihn vielleicht ein Lieferwagen überfahren, der in dieser Höhe aus der Spur geraten und auf den Bürgersteig gefahren ist, er hätte ihn nicht überfahren, wenn der sonnenverbrannte Mann an der ersten Ecke geblieben wäre, die er gewählt hatte. Kein Chotis mehr; der Hut heruntergefallen und der Schnurrbart blutig. Es hätte auch umgekehrt sein können, und dann ist anzunehmen, dass ich ihm das Leben gerettet habe, indem ich ihn vertrieb.
Aber dies sind Spekulationen und bloße Annahmen, während es Situationen gibt, in denen das Leben der anderen, des anderen (die Gestaltung eines Lebens, seine Fortdauer, nicht bloß ein paar Schritte) von unseren Entscheidungen und Unschlüssigkeiten abhängt, von unserer Feigheit oder Unerschrockenheit, von unseren Worten und von unseren Händen, bisweilen auch davon, dass wir Geld haben und die anderen nicht. In der Nähe der Wohnung von Ranz, das heißt, in der Nähe der Wohnung, in der ich während meiner Kindheit und Jugend gewohnt habe, liegt ein Papierwarengeschäft. In diesem Papierwarengeschäft begann sehr früh, mit dreizehn oder vierzehn Jahren, ein Mädchen zu bedienen, das fast im gleichen Alter war wie ich, ein wenig jünger, die Tochter des Besitzers. Es ist ein alter, bescheidener Laden, einer dieser Orte, die der Fortschritt vergisst und übersieht, um seine totalitären Erfolge noch glanzvoller erscheinen zu lassen, kaum renoviert in vielen Jahren, etwas in den letzten Jahren, nach dem Tod des Vaters haben sie sich verbessert, sie haben sich ein wenig modernisiert und werden mehr Geld verdienen. Damals, als ich fünfzehn oder vierzehn Jahre alt war, verdienten sie bestimmt sehr wenig, und deshalb arbeitete das Mädchen, wenigstens nachmittags zu jener Zeit. Dieses Mädchen war bildhübsch, es gefiel mir sehr, ich ging fast täglich in das Papierwarengeschäft, um es anzusehen, statt das, was ich brauchte, alles auf einmal zu kaufen, kaufte ich an einem Tag einen Bleistift
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