Mein Herz springt (German Edition)
Einzigartiges war. Wir wollten nicht nur uns, sondern allen zeigen, dass man einfach Dinge tun muss, an die man glaubt. Nicht lange reden, einfach machen, sagt Kalle gerne. Und so heirateten wir an unserem dritten Kennenlernjubiläum. Es war ein großes Fest. Kalle und ich heizten durch unser Glück die Gäste an. Ich kam aus dem Strahlen nicht mehr heraus. Alles um mich drehte sich. Ich war unendlich glücklich. Ich hatte den Mann für‘s Leben gefunden.
Kalle ist einfach großartig. Das habe ich nie vergessen. Und jetzt gerade, während ich über die Vergangenheit nachdenke, wird es mir wieder richtig bewusst. Ich bekomme plötzlich Angst. Angst, die Liebe zwischen Kalle und mir nicht hinreichend zu würdigen. Mehr noch: sie zu verraten. Und die Freiheit, die er mir schenkt, auszunutzen.
Ich muss etwas ändern. Ich entschließe mich, den Kontakt zu Hanno auf das Nötigste zu reduzieren. Keine regelmäßigen Telefonate mehr, die Weihnachtsfeier als letzten Aufschlagpunkt.
***
Am nächsten Nachmittag erreicht mich Hannos Anruf in der Klinik. Ich bitte ihn, einen Moment zu warten, ich muss mir ein ruhiges Plätzchen suchen. Ich gehe in das Ärztezimmer und hoffe, für die nächsten Minuten ungestört zu sein. Ich besinne mich noch einmal dessen, was ich loswerden wollte: weniger Kontakt – Fokus auf unser Leben in Köln beziehungsweise Hamburg. Ganz einfach. Ich sammle mich und wähle Hannos Nummer.
Hanno nimmt sofort ab: »Hallo Betty, schön, dich zu hören. Geht es dir wieder besser?«
»Geht so.«
»Aber du bist am Arbeiten, oder? Wärst du nicht besser zu Hause geblieben?«
»Nein, Hanno, ich bin nicht krank. Zumindest nicht so, dass ich Bettruhe bräuchte.«
»Was hast du denn? Ist es wegen uns?«
Ich stocke kurz. »Ja, um ehrlich zu sein: ja. Hanno, das, was zwischen uns passiert, wird mir zu viel. Versteh mich nicht falsch: Ich genieße den Kontakt mit dir in einem Ausmaß, das sich kaum beschreiben lässt. Aber ich kriege die Dinge in meinem Kopf nicht mehr auseinanderdividiert. Alles dreht sich um dich. Um deinen Anruf, deine Mail. Ich kann es kaum abwarten, dass du dich meldest. Und ist es dann endlich soweit, schwebe ich auf Wolke sieben.«
»Aber wo ist dann das Problem?«, unterbricht Hanno.
»Das Problem ist, dass ich auch noch mein normales Leben führen muss. Mein Kopf muss frei sein für die Stunden mitmeiner Familie und für den Job. Das krieg‘ ich im Moment einfach nicht hin. Es tut mir nicht gut.«
»Was schlägst du vor, Betty? Wie soll es weitergehen? Kein Kontakt mehr außerhalb des Forschungsteams?«
»Das wäre wohl am besten. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich das nicht kann. Ich brauche dich.« Kurzes Schweigen. »Lass uns einfach versuchen, nicht jeden Tag zu telefonieren.«
»Wenn du meinst«, sagt Hanno zögerlich.
Ich spüre, dass er geknickt ist. »Hanno, ich möchte das zwischen uns nicht beenden. Aber wir müssen einen Weg finden, der uns nicht belastet. Dafür ist das zwischen uns viel zu schön.«
»Mich belastest du nicht«, antwortet Hanno enttäuscht. »Aber mir ist es wichtig, dass es dir damit gut geht. Lass‘ es uns so machen, wie du es vorgeschlagen hast. Gib‘ du gerne den Takt vor. Ich warte und freue mich auf deinen Anruf – auch wenn Wochen dazwischenliegen werden.«
»Es werden keine Wochen dazwischenliegen. Das verspreche ich dir, Hanno.«
Nachdem ich aufgelegt habe, frage ich mich, wie es Hanno wohl mit der Situation geht. Ich hatte ihn nicht danach gefragt. Eigentlich muss es doch für ihn die viel größere Belastung sein. Er steht gewissermaßen auf dem Höhepunkt seiner Karriere, ist erfolgreicher Kardiologe und Honorar-Professor, arbeitet an gefühlten tausend verschiedenen Forschungsprojekten und hat dann noch seine Frau und die drei Kinder. Wo bleibt da Zeit für mich? Kann ich überhaupt den Platz in seinem Herzen einnehmen, den er in meinem eingenommen hat?
***
Hanno hält sich die kommenden Wochen an unsere Verabredung. Von ihm kommt nichts. Er reagiert nur. Oder schickt Mails an dasgesamte Forscherteam. Und obwohl wir genau nach den von mir gewünschten Spielregeln handeln, bin ich enttäuscht. Offensichtlich kann Hanno seine Gefühle einfach so wegstecken. Von heute auf morgen. Mich einfach ad acta legen. Ich spüre einen scharfen Schmerz in mir. Fast sehnsüchtig warte ich auf eine persönliche Nachricht von seiner Seite. Aber es kommt nichts.
Mein Plan, mich emotional von Hanno zu distanzieren, geht nicht auf. Keine Sekunde
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