Mein Herz springt (German Edition)
schon gar nicht mehr mit dir gerechnet. Wir haben befürchtet, dass die Langeweile dich eventuell zu einem anderen Tisch getrieben hat.«
Ich lege meine Hand auf Torbens Schulter und tröste ihn: »Torben, ich habe dir doch bereits gesagt, dass ich mir keinen besseren Tischnachbarn als dich vorstellen könnte. Und dasist immer noch der Fall. Und wenn ich deine Aufmerksamkeit nicht mit all den anderen Frauen teilen muss, wird das auch noch für den restlichen Abend der Fall sein.«
»Dann bin ich ja beruhigt«, erwidert Torben zufrieden.
Ich spüre schon jetzt bei mir und den Kollegen, dass der Abend feucht-fröhlich werden wird. Ein Glas Rotwein folgt dem nächsten. Beschwingt machen sich Torben und ich nach dem Essen auf in Richtung Bar.
Wir entscheiden uns, den nun bevorstehenden Partyteil der Feier mit einem genüsslichen Strawberry Moquito zu eröffnen. Torben und ich verstehen uns blendend. Der DJ hat mit »Last Christmas« von Wham die Tanzfläche eröffnet. Die ersten Kollegen folgen seiner Aufforderung und bringen in die bisher eher feierliche Atmosphäre einen Hauch von Partylaune. Bei den nächsten Songs, die immer noch eher ruhigerer Natur sind, schätzen Torben und ich, von wessen Wunschzettel sie wohl stammen könnten. Willkürlich tippen wir auf Gäste, die sich in Bar-Nähe befinden. Manchmal trifft es auch unsere Teamkollegen. Unser albernes Kichern veranlasst sogar bekannte Kollegen von Torben, nach einem kurzen Hallo, sich anderweitig Unterhaltung zu suchen.
Und inmitten dieses amüsanten Moments ist es plötzlich soweit: Wie aus dem Nichts steht Hanno vor uns. Mein Herz rutscht in die Hosentasche. Mich überkommt eine leichte Übelkeit, meine Knie werden weich. Ich hatte nicht mit einer so beiläufigen Begegnung gerechnet. Ich hatte damit gerechnet, dass ich zu späterer Stunde strategisch und überlegt auf ihn zugehen müsse. Und ich hatte gehofft, dass ich den Mut dazu fände. Jetzt ist alles anders. Ich muss spontan souverän reagieren. Und darf mir dabei auf keinen Fall meinen inzwischen recht hohen Alkoholpegel anmerken lassen.
Hanno wirkt sichtlich verwundert über das vertraute Miteinander zwischen Torben und mir. Nicht nur, dass wir uns prächtig zu amüsieren scheinen, wir haben aufgrund der lauten Musik auf Außenstehende sicherlich einen unangemessen eng wirkenden Körperkontakt. Mein Gefühl sagt mir, dass Torben diesen auch gezielt sucht. Er scheint meine Nähe zu genießen. Und ich ehrlich gesagt auch seine. Allerdings von meiner Seite ohne jeglichen Hintergedanken.
»Herzlich willkommen, werte Kollegen«, begrüßt uns Hanno.
Förmlich reicht er dazu Torben und mir die Hand. Ich könnte losheulen vor Schmerz. Wie kann mir Hanno nach allem, was passiert ist, so nüchtern und emotionslos begegnen? Ich kämpfe gegen die Tränen und schließe mich Torbens kurzer Dankesrede für die Einladung, die eloquente Begrüßungsrede, das vorzügliche Essen und den passend ausgewählten DJ an. Hanno sucht das Gespräch mit Torben. Ab und zu wirft er mir einen kurzen Blick – eher höflichkeitshalber – zu. Er hält es offensichtlich nicht für nötig, mich in die Unterhaltung einzubinden. Und ich habe nicht die nötige Stärke, um mich selbst einzuklinken. Ich fühle mich wie ein kleines Schulmädchen, das von dem Mann, den es seit Jahren vergöttert, einfach ignoriert, links liegen gelassen wird. In Sachen Selbstbewusstsein im Umgang mit dem Zeitgenossen Mann habe ich anscheinend in über 30 Lebensjahren nichts dazugelernt. Ich ärgere mich über mich selbst. Ich hasse mich dafür. Und der Alkohol macht das nicht besser. Im Gegenteil. Ich bin kaum in der Lage, nüchtern über die Situation nachzudenken, seine Reaktion angemessen zu interpretieren.
Ich höre nur Hannos letzte Worte: »Wir sehen uns sicherlich gleich auf der Tanzfläche, oder?« Es reicht nur für ein zartes »Ja« aus meinem Munde.
Torben merkt mir sofort an, dass meine Stimmung gekippt ist. »Was ist los, Betty? Hat Clausen dir die Sprache verschlagen?«
Ich fühle mich außerstande, die Unterhaltung mit Torben fortzuführen, und entschuldige mich: »Nein, natürlich nicht. Mir ist es gerade nur nicht so gut. Der Alkohol. Entschuldige mich bitte. Ich gehe mal kurz nach draußen Luft schnappen.«
Und ohne eine Reaktion von Torben abzuwarten, mache ich mich auf den Weg.
Was ist nur los mit mir? Ich erkenne mich heute Abend kaum wieder. Jede kleinste Situation, die etwas mit Hanno zu tun hat, scheint mich zu
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