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Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Titel: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Hannawald
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2005. Mein junger Hund Achilles bringt Verantwortung und wieder Freude in mein Leben.
    Die Sehnsucht nach dem Sportlerleben
    Immer noch wollte ich in den Weltcup-Zirkus zurückkehren. Ich sehnte mich nach dem aufregenden, abwechslungsreichen Sportlerleben, auch ein bisschen nach dem Applaus der Fans.
    Ich hatte wieder Lust aufs Radfahren und bat meinen Papa, er solle mir mein Rennrad bringen. Ihn freute, dass ich wieder so weit war.
    Auch für mich war die Bewegung wie eine Befreiung. Ich stieg ein-, zweimal in der Woche für ein, zwei Stunden aufs Rad. Aber natürlich musste ich es gleich wieder übertreiben. Wenn es bergauf ging, knüppelte ich da hoch. Und Nora, der ich stolz davon erzählte, war alles andere als erfreut, als ich mir sofort wieder Druck machte und dem alten Leistungsanspruch in mir freien Lauf ließ.
    Der Versuch, ins alte Leben zurückzukehren
    Nach neun Wochen war der Klinikaufenthalt beendet, und nach drei Wochen bei meinen Eltern kehrte ich ganz in meine alte Welt zurück, nach Hinterzarten. Es war eine schmerzhafte Rückkehr.
    In der Klinik konnten wir zuletzt die Antidepressiva ganz ab-setzen. Daheim packte mich wieder diese furchtbare Unruhe. Ich konnte kaum mehr schlafen. Wieder ging ich nachts in der Wohnung auf und ab und oft startete ich mitten in der Nacht zu längeren Spaziergängen, weil ich hoffte, dass mich diese Bewegung vielleicht von meiner Unruhe ablenken und runterbringen könnte. Es gelang leider nicht wirklich.
    Auch mit meinem neuen Therapeuten in Freiburg ging es nicht richtig gut. Wir fanden nicht die vertrauensvolle Beziehung, wie ich sie von Nora kannte.
    Deswegen setzte ich meine Therapie bei Nora fort und nahm in Kauf, alle zwei Wochen zu ihr nach Untermaiselstein ins Allgäu zu fahren. Und immer wenn sich bei mir eine Krisenstimmung entwickelte, wenn sich wieder diese schreckliche Unruhe breitmachte oder ein konkreter Konflikt auf Klärung drängte, konnte ich sie anrufen. Das habe ich auch immer wieder getan. Denn immer wieder bedrängten mich wichtige Fragen. Soll ich noch mal mit dem Leistungssport anfangen? Kann ich noch mal Leistung bringen? Brauche ich diese ganze Anerkennung, die mir durch den Sport beschert wurde, wirklich noch weiter? Soll ich mich vielleicht nur noch gezielt auf sportliche Höhepunkte vorbereiten und bei der Vierschanzentournee, bei Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen starten und zwischendurch längere Regenerationszeiten einhalten? Oder soll ich das Angebot annehmen, dort als Kommentator zu arbeiten?
    Alles braucht seine Zeit. Und Leben bedeutet Veränderung. Ich musste lernen, dies zu lernen. Und irgendwann habe ich gemerkt, dass ich für mich etwas anderes finden muss und nicht mehr zum Skispringen zurückkehren kann.
    Ein wichtiger Impuls für mich
    Einmal gab mir Nora einen Text zu lesen, und zwar von der damals 85-jährigen Nadine Stair. Die alte Dame aus Louisville/Kentucky hatte in einem Lebensbrief weise Gedanken notiert, die mein Bewusstsein zusätzlich schärften:
    »Wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte,
würde ich versuchen mehr Fehler zu machen.
Ich würde nicht so perfekt sein wollen – ich würde mich mehr entspannen.
 

    Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gewesen bin,
ich wüsste nur wenige Dinge, die ich wirklich sehr ernst nehmen würde.
Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen,
ich würde mehr Berge besteigen und mehr Sonnenuntergänge betrachten.
Ich würde mehr Eis und weniger Salat essen.
 

    Ich war einer dieser klugen Menschen,
die jede Minute ihres Lebens vorausschauend und vernünftig leben,
Stunde um Stunde, Tag für Tag.
 

    Oh ja, es gab schöne und glückliche Momente, aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,
würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.
Falls Du es noch nicht weißt,
aus diesen besteht nämlich das Leben;
nur aus Augenblicken, vergiss nicht den Jetzigen!
 

    Wenn ich noch einmal leben könnte,
würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen.
Ich würde vieles einfach schwänzen,
ich würde öfter in der Sonne liegen.
 

    Aber sehen Sie … ich bin 85 Jahre alt
und weiß, dass ich bald sterben werde.«
    Ich war 33 Jahre alt – und ich wollte einfach besser leben.
    Der Text von Nadine Stair ist dem Buch »Hühnersuppe für die Seele – Geschichten, die das Herz erwärmen« (Goldmann Verlag) entnommen.

Interview mit der Psychotherapeutin Nora Maasberg
    »Sven

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