Mein irischer Held
fort. „Sie bat mich um Hilfe. Ich habe sie mitgenommen nach Laochre, wo sie darauf wartet, von Euch abgeholt zu werden.“
Der Earl zeigte sich wenig beeindruckt von Bevans Worten. „Ihr glaubt also, meine Tochter wäre bereit, die Gemahlin eines … irischen Kriegers zu werden?“ Seine Stimme klang nicht verächtlich, doch es war klar, dass er Genevieve nicht zu einer solchen Ehe raten würde.
„Wenn Sie zwischen Marstowe und mir wählen muss, wird sie sich für mich entscheiden.“ Er dachte daran, wie Genevieve unter Hughs Brutalität gelitten hatte, wie sie ihn angefleht hatte, ihr zur Flucht zu verhelfen. Es stand außer Zweifel, dass sie niemals freiwillig zu dem Normannen zurückkehren würde.
Hugh allerdings schien das anders zu sehen. In arrogantem Tonfall stellte er fest: „Es heißt, Ihr hättet Eure erste Frau verloren, weil Ihr nicht in der Lage wart, sie zu beschützen. Ein ähnliches Schicksal könnte ebenso Genevieve ereilen, wenn sie tatsächlich Eure Gemahlin würde. Man sollte auch nicht vergessen, dass sie“, er zögerte kurz, „temperamentvoll und unvernünftig ist. Sie liebt es, aus den nichtigsten Anlässen fortzulaufen und sich in Gefahr zu bringen.“
Bevan machte einen Schritt auf Hugh zu. In diesem Moment war es ihm vollkommen gleichgültig, dass er sich am Hof des Hochkönigs befand. Er wollte diesen normannischen Ritter, diesen Bastard umbringen!
Kräftige Hände packten seine Arme und hielten ihn zurück. Mit einem einzigen Blick hatte Ruaidhrí dafür gesorgt, dass seine Wachen einschritten.
Die beiden Könige wechselten einen Blick, dann ergriff noch einmal Ailfred das Wort. „Bevan MacEgan“, sagte er, „seid Ihr Euch der Tatsache bewusst, dass Ihr Eure Rechte auf Rionallís an Lady Genevieve abtretet, wenn Ihr dem Vorschlag zustimmt, sie ihren Ehemann selbst wählen zu lassen? Wenn sie Sir Hugh Marstowe heiratet, so fällt diesem der Besitz zu.“
Bevan schaute Hugh hasserfüllt an und nickte.
Thomas de Renalt, Earl of Longford, beobachtete den irischen Krieger, der die Absicht hatte, sich mit seiner Tochter zu vermählen. Er schien es gar nicht erwarten zu können, wieder bei Genevieve zu sein. Unnachgiebig trieb er sein Pferd an. Es konnte nicht Sehnsucht allein sein, die ihn zu solcher Eile trieb. Offenbar fürchtete er, ihr könne etwas zustoßen, wenn er sie nicht bald erreichte.
Das war nicht das Benehmen eines Mannes, dem es nur darum ging, ein bestimmtes Stück Land zu besitzen.
MacEgan war ihm, wie Longford sich schon vor einiger Zeit eingestehen musste, ein Rätsel. Tatsächlich mochte er ihn nicht besonders. Aber er fand ihn doch sympathischer als Marstowe. Von Anfang an war er gegen die Verlobung seiner Tochter mit Sir Hugh gewesen. Doch König Henry hatte die Verbindung gutgeheißen, und Genevieve schien in den muskulösen blonden Ritter verliebt zu sein. Sie hatte erklärt, dass sie sehr unglücklich sein würde, wenn ihr Vater sich nicht mit der geplanten Ehe einverstanden erklärte. Also hatte er schließlich nachgegeben.
Es hatte ihn nicht gewundert, dass Bevan dem Normannen vorgeworfen hatte, Genevieve misshandelt zu haben. Vor nur wenigen Tagen hatte er ein Schreiben seiner Tochter erhalten, das auf Umwegen zu ihm gelangt war und in dem sie ihn bat, sie vor Sir Hughs brutalen Übergriffen zu retten. Er wünschte nur, er hätte eher von ihrer Lage erfahren. Nun hatte sie diesen Iren um Hilfe bitten müssen. Doch keineswegs war er sich sicher, dass er Bevan MacEgan vertrauen konnte.
Zwei Tage lang hatte er ihn nun beobachtet. Aber noch immer hatte er sich kein bestimmtes Bild von Bevans Charakter machen können. Fest stand, dass der Ire seinen normannischen Rivalen verabscheute. Das bewies jeder Blick, den er Marstowe zuwarf, und jede Geste, mit der er ihn bedachte.
Sir Hugh hatte darauf bestanden, sich der Gruppe, die nach Laochre ritt, anzuschließen. Vermutlich wollte er verhindern, dass irgendwer Genevieves Entscheidung bezüglich ihres zukünftigen Gemahls beeinflusste. Manchmal ließ er sich dazu herab, ein paar Worte an MacEgan zu richten. Meist sagte er Dinge wie: „Genevieve gehört mir. Diese dumme Idee, sie ihren Gemahl selbst wählen zu lassen, wird zu nichts führen. Der Earl würde niemals zulassen, dass seine Tochter einen irischen Barbaren heiratet.“
Bevan reagierte nicht auf solche Reden. Diesmal jedoch erklärte er ruhig: „Ich bin sicher, dass Genevieves Vater längst weiß, wer von uns der Barbar ist.“
Marstowe
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