Mein irischer Held
würde.
Er hatte Patrick noch nicht verziehen, dass dieser auch den normannischen König über die Angelegenheit informiert hatte. Seiner Meinung nach hätte man das Problem allein mithilfe des irischen Hochkönigs lösen können.
Die Gruppe der Neuankömmlinge hatte inzwischen das Tor passiert, und Knechte waren herbeigeeilt, um sich um die Pferde zu kümmern. Aus dem Wohnturm war ein vornehm gekleideter Mann getreten und hatte die Gäste aufgefordert, sich nach der Reise im Saal zu stärken. Die Männer ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie nahmen an den langen Tischen Platz, aßen, tranken und schäkerten mit den Mägden, die ihnen immer wieder die Becher füllten und sie mit Brot, Käse und kaltem Braten versorgten.
Bevan war zu nervös, um die Mahlzeit genießen zu können. Er beobachtete den Hochkönig, der abseits von den anderen saß und sich mit Ailfred, seinem Hofdichter und Berater, unterhielt. Ailfred war nicht mehr jung. Sein Haar war längst ergraut, und er trug einen langen, ebenfalls grauen Bart. Seine Augen allerdings blickten lebhaft und klug.
Zur Rechten von Ruaidhrí saß König Henry. Er schien guter Laune zu sein, wie seine weit ausholenden Gesten und sein lautes Lachen verrieten. Er scherzte mit seinen Männern und machte einen zufriedenen, entspannten Eindruck. Manch einer hätte ihn wegen dieses lockeren Auftretens vielleicht für einen schwachen Gegner gehalten. Bevan jedoch wusste, dass Henry ein gewiefter Taktiker und ein zäher Verhandlungspartner war. Zweifellos würde er alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um Irland seinem eigenen Königreich einzuverleiben.
Nach einer Weile wurde MacEgan zu den Königen gerufen. Er begrüßte sie mit aller Ehrerbietung, die ihnen gebührte. Ruaidhrí, der einen Becher mit Met in der Hand hielt, lächelte huldvoll und forderte seinen Gast auf, Platz zu nehmen und auch etwas zu trinken.
„Ich bin über den Grund Eures Besuches informiert“, sagte er dann, „und habe die Angelegenheit bereits mit König Henry besprochen. Wir sind darin übereingekommen, dass ihm die Entscheidung zusteht, da es um die Zukunft von mehreren seiner Untertanen geht.“
Bevan zwang sich, eine undurchdringliche Miene aufzusetzen. Was er da hörte, gefiel ihm überhaupt nicht! Welchen Grund konnte Ruaidhrí haben, dem Normannen das Recht zuzugestehen, allein über Rionallís zu bestimmen? Zweifellos hatte es etwas mit weit reichenden politischen Fragen zu tun. Aber gerade das beruhigte Bevan überhaupt nicht.
Während er einen Schluck aus seinem Becher nahm, beobachtete er den englischen König. Dieser lächelte, aber es war klar, dass das nicht mehr als eine höfliche Geste war.
„Wir haben erfahren, dass Ihr einst auf dem Besitz, der den Namen Rionallís, trägt, gelebt habt“, begann Henry. „Wir haben auch erfahren, dass ihr von dort fortgegangen seid und Burg und Land ungeschützt zurückgelassen habt. Jeder hätte sich diesen Besitz aneignen können.“
Bevan erwiderte den Blick des Normannen ohne Scheu. „Ich hatte meine Gründe dafür. Gründe, die meiner Meinung nach niemandem das Recht gaben, mir Rionallís fortzunehmen.“
„Deshalb habt Ihr versucht, es zurückzuerobern. Ihr habt mit Euren Männern die Festung angegriffen, die inzwischen meinem Untertan Thomas de Renalt, dem Earl of Longford, zugefallen war. Als Ihr keinen Erfolg hattet, wolltet Ihr Sir Hugh Marstowe, den Verlobten von Longfords Tochter, ermorden.“
Bevans Finger schlossen sich fester um den Becher mit Met. „Ich habe mich gewehrt, als Sir Hugh mich angriff.“
„Ihr habt ihn verwundet und seine Braut entführt. Doch da es Gottes Wille war, ist Marstowe genesen und nach Tara gekommen, um sein Recht zu fordern.“
Innerlich bebte Bevan vor Zorn. Seine Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest hielt er das Trinkgefäß umklammert. Dann bemerkte er, dass Henry ihm über die Schulter schaute. Er wandte sich um und sah, wie sein Feind den Saal betrat. Marstowe war prächtig herausgeputzt, seine Kleidung schien aus feinster Seide zu sein und war zudem mit Gold bestickt. Auf dem Gesicht lag ein triumphierendes Lächeln.
MacEgan setzte den Becher ab und wollte nach seinem Schwert greifen. Doch dann fiel ihm ein, dass er – genau wie alle anderen, die den Saal betreten wollten – seine Waffen hatte abgeben müssen. Ruaidhrí gestattete niemandem, nur seinen Leibwächtern, in den Wohngebäuden der Burg bewehrt zu sein.
„Entführung ist ein Verbrechen, das bestraft
Weitere Kostenlose Bücher