Mein irischer Held
Sorgen um Euch gemacht. Wir haben ja gesehen, wie Marstowe Euch behandelte. Ich hoffe, eines Tages wird er dafür in der Hölle brennen. Wir hätten Euch gern geholfen. Aber was sollten wir tun? Wir wollten ja nicht, dass er noch mehr Unschuldige tötet.“
„Er ist ein schlechter Mensch“, stimmte Genevieve zu. „Aber wen, meint Ihr, hat er getötet?“
„Die arme Maureen. Dieser Bastard! Er wollte von ihr wissen, was sie in der Nacht beobachtet hatte, als Ihr mit Bevan fortgegangen seid. Und als sie sich weigerte, ihm zu antworten …“ Ein Schauer überlief Mairi. Dann straffte sie die Schultern, reichte Genevieve einen wollenen Umhang, den sie offensichtlich extra mitgebracht hatte, und bat: „Wollt Ihr mit mir kommen?“
„Wohin?“
„Ins Dorf. Die Pächter möchten Euch gern näher kennenlernen. Sie sind alle sehr neugierig auf Euch. Sie wollen sich die Frau anschauen, der es gelungen ist, Bevan zu erobern.“
Mairis Freundlichkeit hatte Genevieves Sehnen, sich jemandem anzuvertrauen, noch verstärkt. Leise erklärte sie: „Ich wünschte, ich hätte ihn erobert. Aber ich bedeute ihm nichts. Bisher hat er mir nicht mehr als seinen Namen gegeben, und ich fürchte, so wird es auch bleiben. Eine reine Vernunftehe eben …“
„Ah, Ihr bedauert Euch selbst?“
Mairi hatte Genevieves Hand ergriffen. Gemeinsam verließen die beiden Frauen die Vorratskammer. Im Hof empfing sie ein kalter Wind.
„Selbstmitleid hat noch niemandem geholfen“, fuhr Mairi fort. Sie schien die Kälte, unter der Genevieve erschauerte, gar nicht zu spüren. „Wer eine glückliche Ehe führen will, muss stark und zuversichtlich sein. Lebt Euer eigenes Leben, folgt Euren eigenen Interessen. Versucht gar nicht erst, einem Mann hinterherzulaufen. Männer mögen das nicht. Man schlägt sie nur in die Flucht, wenn man ihnen nachstellt.“
„Seid Ihr verheiratet?“
„Aber ja.“ Mairi lachte. „Zum fünften Mal. Vier gute Männer habe ich begraben – möge Gott ihren Seelen Frieden schenken –, doch ich kann sagen, dass alle ein zufriedenes Leben geführt haben. In den Nächten habe ich ihnen ordentlich eingeheizt.“
Genevieve errötete. In Irland war wirklich vieles anders, als sie es aus England kannte. Und an manches konnte sie sich nur schwer gewöhnen.
Sie erreichten die Stallungen, und Mairi rief einem der Jungen zu, dass er ein Pferd für Genevieve satteln solle.
„Was ist mit Euch?“, wollte diese wissen.
„Ich laufe lieber. Ihr jedoch seid die Herrin von Rionallís. Man erwartet, Euch hoch zu Ross zu sehen.“
„Das glaube ich nicht.“ Genevieve erklärte dem Stalljungen, dass sie kein Pferd brauche, da sie mit Mairi zu Fuß gehen würde.
Tatsächlich warf diese ihr einen anerkennenden Blick zu. Trotz ihrer Behauptung, die Pächter würden erwarten, dass die Herrin ritt, schien es ihr zu gefallen, dass Genevieve sich entschieden hatte, an ihrer Seite zu gehen.
Unterwegs kamen sie an kleinen Herden von Kühen und Schweinen vorbei. Als Genevieve ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck brachte, dass die Tiere trotz des Schnees genug Futter fanden, lachte Mairi. „Seht nur“, sie wies auf etwas Dunkles inmitten der sich zusammendrängenden Kühe hin. „Das ist ein Trog. Und der ist heute morgen für die Tiere gefüllt worden.“
Näher am Dorf gab es viele niedrige Steinmauern und Hecken. Durch sie wurden kleine Felder voneinander getrennt. Jetzt sah man auch schon einzelne Cottages. Manchmal ging eine Tür auf, und Frauen und Kinder schauten heraus. Auch einigen Männern begegneten Genevieve und Mairi. Letztere wusste natürlich über alle Bewohner Bescheid und konnte zu jeder Familie eine kleine Geschichte erzählen. In Genevieve erwachte der Wunsch, zumindest einen Teil der Leute recht bald näher kennenzulernen.
Plötzlich blieb sie stehen. „Mairi, ich würde gern ein Fest ausrichten, die Halle dekorieren und die Pächter mit ihren Familien einladen. Alban Arthuan ist vorbei, aber wir könnten sicher einen Grund finden, um ein bisschen zu feiern.“
Mairi strahlte. „Das ist eine gute Idee, Mylady. Ich werde dafür sorgen, dass einige der Dorfmädchen in die Burg kommen, um Euch bei den Vorbereitungen zu helfen. Das wird ihre Neugier befriedigen und Euch die Gelegenheit geben, mehr über sie und ihre Familien zu erfahren. Ein gemeinsam gefeiertes Fest ist immer etwas Gutes. Zudem wird es Euch von Eurem Kummer ablenken.“
„Bitte, nennt mich Genevieve.“ Ihre Laune hatte sich schlag artig
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