Mein ist dein Herz
sagen?«, fragt Nancy.
»In einem muss ich Jane recht geben. Laufen sie sich wie durch einen Zufall in die Arme, wird das die Anspannung nehmen. Ist doch sowieso schon Freitag ...«, erkennt Dean mit einem Lächeln.
»Genau!«, stimmt die kleine Intrigantin an seiner Seite zu.
»Heißt ja nicht, dass er ausgerechnet heute irgendwohin fahren wird.
»Wie wäre es, wenn wir dem ›Glücksfall‹ ein klein wenig nachhelfen?«, schlägt Nancy Dean vor.
Er bedenkt sie mit einem vor Stolz strotzenden Blick. »Reichst du mir bitte Mal mein Handy?«
Vollkommen reglos sehe ich zu, wie Cicy ihm das Gerät reicht, er dann eine Nummer wählt und nur einen Sekundenbruchteil später angeregt mit seinem Bruder plaudert. Unsere Anwesenheit wird mit keinem Wort erwähnt und dennoch fühle ich mich unbehaglich, wenn ich bedenke, dass wir Sean sozusagen anlügen.
Die Beharrlichkeit, mit der das wirklich passende Gegenstück von meiner Freundin, Sean zu einem Diskobesuch rät, bringt mich beinahe zum Lachen. Als ich dann noch mitbekomme, wie Dean irgendeinen Freund anruft und diesen darum bittet, mit Sean in die Disko zu fahren, werde ich von einer berechtigten Aufregung gepackt.
»Du musst wissen, dass Sean weder ein Auto noch einen Führerschein hat ...«, gesteht Dean kleinlaut, nachdem der Fahrdienst organisiert ist.
Für diese Worte habe ich lediglich ein Schulterzucken übrig. »Ja und? Ist ja kein Verbrechen!«
»Ich meine ja nur. Viele Frauen haben ein Problem damit.«
»Was? Warum? Ich bin doch im Besitz von beidem, und das reicht doch. Oder?«
»Ich mag sie!«, sagt Dean an Nancy gewandt.
»Ich auch!«
»Es ist ja alles schön und gut. Selbst eure Idee finde ich an sich auch nicht schlecht, nur gibt es leider ein fettes ›Aber‹«, wende ich sogleich ein.
»Ist uns etwas entgangen?«, will Nancy wissen.
»Ja! Ich denke schon! Und zwar, dass ich nicht hinfahre ...«
»Aber ...«
»Du willst vermutlich hier bleiben«, unterbreche ich Cicy und sehe ihr zaghaftes Nicken. »Denkst du wirklich, dass ich da allein hinfahre?«
Das neue Traumpaar tauscht einen andauernden Blick aus, ehe Dean Nancys Hand in seine nimmt und mir diese in einer gütigen Geste überreicht.
»Wenn du mir hoch und heilig versprichst, sie bald wieder herzubringen, leihe ich dir ihre Gesellschaft für diesen Abend.«
»Wie selbstlos von dir!«
»Hey, es geht hier schließlich unter anderem um das Glück meines Bruders!«, antwortet er grinsend.
»Na, ob ich das wirklich bin, wage ich zu bezweifeln ...«, nuschele ich.
»Bist du!«, verlauten die beiden, wie aus einem Mund.
D eans plötzliche Entlassung führt dazu, dass wir bis zum Abend beschäftigt sind. Zunächst fahren wir nämlich Einkaufen, weil sein Kühlschrank von Sean geleert wurde, sobald feststand, dass die Ärzte Dean zur Beobachtung im Krankenhaus behalten werden. Nachdem die Lebensmittel entsprechend verstaut waren, düsten wir nach Kaufbeuren, um uns für die Disko anzuziehen.
In dieser Zeit bekam ich einen kleinen Einblick in Seans Leben. Etwas, was mich zusätzlich verunsichert hat, weil es größtenteils aus Partys, Weiber, Alkohol und Ruhelosigkeit besteht. Immerzu stelle ich mir die Frage, ob ich mit so einem wechselhaften Mann zusammenkommen könnte.
Sowie wir dann bei Nancy ankommen, dauert es dementsprechend keine fünf Minuten, ehe ich ihr WC belagere und wegen der Aufregung eine Zigarette nach der anderen wegrauche. Irgendwann - ungefähr zwischen der Fünften und der Sechsten - kündigt ein leises Klopfen Nancys Eintreten an.
»Ist bei dir alles in Ordnung, Süße?«
Ohne meinen Blick vom ergrauten Himmel zu reißen, nicke ich ihr zu und nehme einen weiteren kräftigen Zug.
»Lass mich raten. Du hast Angst vor dem heutigen Abend?«
»So offensichtlich?«, erkundige ich mich leise.
»Ich würde eher sagen, dass das verständlich ist. Du hattest ein paar schöne Stunden an der Seite eines dir völlig fremden Mannes verbracht und dir eine eigene Meinung über ihn gebildet. Nun kommen allerdings einhundert Aussagen, die dieses Urteil erschüttern oder gar zunichtemachen ...«
»Bullseye!«, verkünde ich und bejahe damit die Treffsicherheit ihrer Worte.
»Darf ich dir meine Sichtweise darlegen?«
»Immer doch!«
Sie setzt sich neben mich und nimmt mich an der Hand. »Scheiß auf diese Informationen. Du kannst dich und dein Herz nicht in Watte packen, wenn du leben willst. Und wenn ich leben sage, dann meine ich auch wirklich den Zustand, bei dem man
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