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Mein ist dein Tod

Mein ist dein Tod

Titel: Mein ist dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Experiment weiß, fliegt er raus.«
    Selten hatte Max seinen Vater so direkt und autoritär sprechen hören. Er  wirkte überhaupt nicht wie jemand, der in einer versifften Säuferbude hauste, sondern wie ein Anführer.
    Max hatte den Reißverschluss der Hose geöffnet und rieb die Spitze seiner Erektion, wobei er seinen Blick nicht von der toten Gestalt wenden konnte, sosehr er es auch wollte.
    (Strom!)
    (Fahre fort, mein Sohn!)
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
    Max schrie auf, purzelte auf den Rücken. Sein harter Schwanz ragte in die Höhe, Staub wirbelte auf. Max rollte sich in Windeseile auf den Bauch, schrecklich verlegen und desorientiert.
    » Ich fasse es nicht!«, rief der Mann. »Jemand hat uns beobachtet. Und ihr glaubt nicht, was er dabei macht ...«
    Die Männer fuhren herum, wie Max aus den Augenwinkeln wahrnahm. Er stemmte sich hoch. Schritte näherten sich. Verzweifelt versuchte Max, seinen Penis in die Hose zu verstauen, doch schon waren die Männer heran.
    Einer von ihnen fing an zu lachen.
    Ein anderer sagte etwas, das Max nicht verstand, denn in seinem Kopf wirbelte es und pure Verzweiflung machte sich in ihm breit.
    »Maximilian?«, schrie jemand. »Du bist es?«
    Dann traf ihn ein harter Tritt in die Seite, daraufhin ein Schlag ins Gesicht.
    »Nein!«, schrie Max und hob schützend die Hände vor die Augen. Dennoch sah er, wie sein Vater erneut ausholte. Ein brutaler Tritt und noch einer. Schließlich durchfuhr ihn ein brennender Schmerz.
    Und sein Schädel explodierte.

23
     
    Berlin, 2013
     
    »Meine Zeit ist gekommen«, sagte Max. »Die Zeit, zu beweisen, dass wir alle Mörder sind.«
    Lena hatte das erwartet, denn immerhin war sie nun ein Teil von Maximilians Bild, denn sie war Mittäterin. Sie war Max dankbar, denn seitdem sie sich der Schuld entledigt hatte, träumte sie nicht mehr schlecht. Hinzu kam, dass die Realität besser war als jeder Traum. Mit dem Tod der zwei Beteiligten hatte Lena sich eine Form der Leichtigkeit geschenkt, die zuvor undenkbar gewesen war.
    Obwohl sie sich dafür schämte, sagte sie sich, dass sie richtig gehandelt hatte. Sie hatte n sich der Kakerlaken entledigt, hatten Recht gesprochen.
    Ja, sie war glücklich!
    Sie war mit Max zusammen und diese Zeit war wunderbar!
    Endlich, endlich, hatte sie das Glück ge funden, welches ihr ihre Eltern nicht gegönnt hatten. Endlich fühlte sie sich geborgen, daheim. Das war der wichtigste Punkt. Sich daheim zu fühlen. Aufgehoben und behütet.
    Denn Max wusste, was sie wollte. Er wusste, was sie begehrte. Er war wie ein Teil ihrer Gefühlswelt, der sich immer dann offenbarte, wenn sie es am allerwenigsten vermutete.
    »Dann werde ich dir helfen«, sagte sie. »Wie willst du es machen?«
    Sie lagen auf dem Bett und blickten an Zimmerdecke.
    »Bevor ich dazu komme, solltest du einen Teil meiner Geschichte erfahren.«
    Sie richtete sich auf. »Das klingt ja richtig geheimnisvoll.«
    » Ich liebe dich, Lena, deshalb möchte ich, dass du weißt, mit wem du diese schlimmen Dinge tust. Ich habe dir noch nicht viel über mich erzählt. Umso erstaunlicher, dass du mir so sehr vertraust.«
    Sie schmiegte sich an ihn. »Hältst du mich für naiv?«
    » Nein. Wirklich nicht. Aber für gutgläubig. Du hast ein großes Herz.«
    Die runzelte die Stirn. »Ein großes Herz? Ich war dabei, als du einem Mann die Kehle durchgeschnitten hast und habe es so gewollt. Bedeutet ein großes Herz nicht auch barmherzig zu sein?«
    » Du hast ihn bestraft, wie man jedes gottverdammte Tier bestrafen würde.«
    Lena wünschte sich, es so einfach zu sehen. Andererseits hatte die Bluttat sie gereinigt und von den grausigen Träumen befreit. »Hast du was dagegen, wenn ich ausnahmsweise eine rauche?«
    » Wir werden später lüften. Vielleicht sollte ich es dir gleichtun, denn das, was du gleich erfährst, ist eine düstere Geschichte.«
     
     
    Max nahm kein Blatt vor den Mund.
    Er begann mit seiner Mutter.
    » Von ihr weiß ich nicht viel. Meine Erinnerungen sind Bilder, sind Fotos. Künstliche Bilder, die nichts mit meinen Gefühlen zu tun haben.«
    Er war acht gewesen, als sie starb. Lena blickte ihn erstaunt an.
    »Goethe meint in seiner Biografie, sich an das Wetter bei seiner Geburt erinnern zu können. Dickens schilderte ähnliches bei seinem David Copperfield. Nicht wenige nahmen das Licht wahr, in das sie gestoßen wurden. Ich erinnere mich an nichts. Oder genauer gesagt, nur an sehr wenig. Und jede dieser Erinnerungen basiert auf

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