Mein ist dein Tod
anschließend miteinander geduscht hatten, saßen sie in Maximilians Küche und tranken Kaffee.
» Wann willst du es tun?«, fragte Lena.
» Morgen.«
Sie erschauderte. Angst kroch durch ihren Körper und fügte sich dort ein, wo zuvor die Entspannung gewesen war.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte Max selbstbewusst.
» Und wenn du dich irrst? Wenn doch jemand eingreift? Wenn der Mob dich lyncht? Oder die Polizei dich schnappt?«
» Dann habe ich Hoffnung für diese Gesellschaft.«
» Und was wird mit mir sein?«
Er setzte die Tasse ab und sah sie liebevoll an. »Das wird nicht geschehen. Niemand wird eingreifen. Sie alle werden zuschauen. Sie werden vielleicht nervös werden. Manche werden ihre Handys zücken und filmen, also genau das, was ich will.«
» Vielleicht deshalb, weil sie an eine Show glauben und annehmen, das sei nicht echt.«
» Sie werden es für echt halten, Lena, glaube mir. Und sie werden gaffen, aber sie werden dem Opfer nicht beistehen. Das tun sie nie. Besonders in dieser Stadt wächst die jugendliche Gewalt, auch wenn die Statistiken eine andere Sprache sprechen. Man versucht, die meisten Fälle unter der Decke zu halten, ihnen nicht zu viel öffentliche Aufmerksamkeit zu widmen, um Nachahmungstäter nicht zu ermuntern. Der Senat spricht von Einzelfällen, als handele es sich um Auffahrunfälle mit dem Auto. Doch schon zwanzig Übergriffe im Jahr sind zu viel, wenn sie verhindert werden könnten. Ich denke, du weißt besser als die meisten Menschen, was ich meine.«
» Und woher nimmst du dein Opfer?«
» Der Grund, warum ich es dir nicht verrate, ist einfach. Ich möchte, dass du alles mit meiner Kamera filmst, aber genauso überrascht zu sein scheinst, wie jeder sonst. Nur so wird dein Film echt wirken.«
» Schon morgen?«
Max nickte und bleckte die Zähne. »Morgen trete ich allen in den Arsch!«
Nun sah er weder attraktiv, noch humorvoll aus, sondern wirkte wie ein seltenes , schönes Raubtier, überlegen, mächtig, einmalig.
Und genau das machte Lena so sehr an, dass sie sich zusammenreißen musste, um ihm ihre Lust nicht erneut zu zeigen.
24
Elvira Kreidler, Gruppenleiterin der Abteilung Mord beim LKA Berlin, warf die Akte auf den Tisch. »Kann mir mal einer sagen, warum keine Spuren gefunden wurden, niemand was gesehen hat, obwohl der Täter ganz offensichtlich keine Schutzkleidung trug? Oder befindet sich die ganze Abteilung im Schlafmodus?«
Ihre Mitarbeiter zogen die Köpfe zwischen die Schultern, allesamt selbstbewusste Kriminalbeamte. Doch sie vergaßen nicht, dass sie es mit einer Frau zu tun hatten, die das Gesicht des LKA repräsentiert hatte, nachdem nicht nur die Schulmorde durch den Einsatz eines Ex-Beamten aufgeklärt worden waren, sondern sie auch die Leiche des Serienmörders Mark Rieger präsentiert hatte. Seitdem herrschte die Frau wie eine Fürstin über das Präsidium. Sie speiste regelmäßig mit dem Oberstaatsanwalt und es war ein offenes Geheimnis, dass ihr eine Professur angetragen worden war.
»Da marschiert jemand in diesen Plattenbau und tötet zwei junge Männer. Einer wird erstochen, dem anderen das Genick gebrochen. Verdammt, wir sind nicht in einem Rambo-Film. Man braucht schon einige Übung, um einem Menschen das Genick zu brechen. Um eine Frau handelt es sich bei dem Täter also vermutlich nicht, sondern um einen Mann, der eine Nahkampfausbildung hat und sich nicht scheut, eiskalt vorzugehen. Ein Rächer? Das könnte sein! Vergessen wir nicht, dass die beiden Opfer in einen Misshandlungsfall verwickelt waren und auf einen Termin zur Verbüßung ihrer Gefängnisstrafe warteten. Die Presse schrieb sich wie üblich die Finger wund und wir standen mal wieder da wie die letzten Tölpel. Da wird ein junger Türke ermordet und sein Freund schwer verletzt und wo war die Polizei? An der Pommesbude? Wie üblich waren wir mal wieder die Idioten, die nicht rechtzeitig zur Stelle sind. Da fahren hunderte Autos Streife, doch wenn es drauf ankommt, sind wir nicht zugegen. Und wenn ein besorgter Bürger anruft und die lieben Kollegen hören, dass es sich um eine Gruppe Russen handelt, die einen Opa auseinandernehmen, lassen sie sich besonders viel Zeit, schließlich will ja niemand seiner Mama zuhause ein blaues Auge präsentieren!«
» Nun mal langsam«, erhob ein Mann seine Stimme, der erst wenige Tage in dieser Abteilung seinen Dienst versah. Er war braungebrannt, wirkte drahtig und nicht älter als fünfunddreißig. Seine dunklen
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