Mein ist dein Tod
sorgen ... er hat noch rechtzeitig reagiert und konnte fliehen. Er ist zwar wahnsinnig, aber auch clever.«
» Er drohte, mich zu töten. Ich war wütend. Hätte er das nicht gesagt, wäre ich Ihnen niemals gefolgt. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich kenne Sie ja überhaupt nicht.«
Nicht weinen. Jetzt nicht weinen!
»Sie haben sich gerettet.«
Lena stemmte sich gegen das Gefühl, jemand wolle ihrer Liebe einen Riegel vorschieben und fauchte: »Hören Sie auf, so zu reden. Max liebt mich.«
George nickte sanft. »Ja, das mag sein. Auf seine Weise. Aber sobald Sie ihm nicht mehr folgen, wird er Sie umbringen.«
» Und Sie? Sie sagten, Sie wären sein Vater, aber wer beweist mir das?«
» Wenn Sie mir zuhören, werde ich das tun, Lena.«
George stand auf und riss zwei Blätter von der Küchenrolle, die er ihr reichte. Er sagte: »Es tut mir schrecklich leid.«
Lena trocknete ihre Tränen.
»Stress!«, wisperte sie. »Alles war nur Stress! Da sagt man Dinge, die nicht so gemeint sind.«
George sagte: »Ein Mann, der so diszipliniert ist, Menschen vor Gaffern zu töten ... steht der unter Stress?«
» Es könnte doch sein?«, bettelte sie, doch sie wusste, dass Fielding Recht hatte.
» Er ist eiskalt. Er weiß, was er tut. Und das, was er Ihnen sagte, wird er ausführen. Er ist unterwegs. Er ist entkommen. Die Polizei hat ihn nicht erwischt. Er wird Sie suchen. Und er wird versuchen, Sie zu töten. Er fühlt sich von Ihnen verraten. Damit kommt er nicht klar.«
» Ich habe ihn verraten.«
» So denken Sie jetzt, aber bald nicht mehr. Nicht mehr, wenn Sie die Wahrheit kennen.«
» Noch mehr Lügen?«
» Nein. Die absolute Wahrheit über meinen Sohn.«
Lena sank in sich zusammen und nickte. »Fangen Sie an.«
37
Das Gesichtserkennungsprogramm fand niemanden, der aussah wie der hochgewachsene Mann, der die Frau mit dem Kopftuch aus dem Café geholt hatte. Die Profiler analysierten das Alter des Mannes. Auf jeden Fall über sechzig. Zwar war der Geheimnisvolle bemüht, sich geschmeidig zu bewegen, aber es gab viele Hinweise darauf, dass seine Gelenke sich der jugendlichen Bemühung widersetzten, was zum Beispiel an der starren Rückenpartie zu erkennen war.
Bisher war noch nicht ein einziger Handyfilm beim Präsidium eingegangen.
Kaum hatten die Polizeisirenen geheult, hatten die Leute ihre Handys versteckt, und niemand hatte sein Gerät der Polizei ausgehändigt. Viele entzogen sich der Lüge, indem sie Geld auf den Tisch warfen und sich blitzschnell unter die immer größer werdende Zuschauermenge mischten.
Es war völlig anders als bei der ersten Tat. Fast schien es, als würde man den Täter schützen. Es war zum Mäusemelken.
Wieder und wieder sah Donald sich die wenigen Aufnahmen des Tathergangs an. Die Überwachungskameras lösten zwar sehr gut auf, denn sie waren neuester Generation, doch der Mann im Trenchcoat schien genau gewusst zu haben, wie er sich bewegen musste, um nicht identifiziert zu werden. Das wies auf einen vielleicht alten, aber hellen Verstand hin.
Sicher war, er stand in einem persönlichen Verhältnis zum Täter.
Lippenleser hatten einige Worte übersetzt.
‚Du nimmst mir nicht meine Frau’, war ein wichtiges Indiz. Doch es wurde noch deutlicher. ‚Bleibe bei mir, Lena.’ Dann wurde es schwierig, denn der Täter blickte den Mann im Trenchcoat an und sein Gesicht lag im Schatten. Als er jedoch wieder zur Kopftuchfrau blickte, hatten die Lippenleser den Satz eindeutig definieren können: ‚Und wenn du gehst, töte ich dich. Du wirst nie wieder ruhig schlafen können, Lena. Ich werde dich finden.’
Somit war der Vorname der Frau bekannt - Lena, Magdalena, Eilena, Leonore – und brachte sie keinen Schritt weiter. Sicher war, dass der Mann im Trench und der Täter sich gut kannten, vielleicht verwandt waren, und es war sicher, dass Täter und Kopftuchfrau verheiratet oder zumindest fest liiert waren. Weiterhin gab es keinen Zweifel, dass es sich bei dem Täter um einen Psychopathen handelte. Er betrachtete Lena als seinen Besitz. Seine Emotionen waren die einer Nussschale auf hoher See. Man wusste nie, wohin die Wellen sie trieben. Er würde die Frau bestrafen, wenn sie mit dem Mann im Trench wegging. Er drohte, sie zu töten. Dennoch schien er sie zu lieben, zumindest machte es den Eindruck, dass er fürchtete, sie zu verlieren. Vermutlich fühlte er sich von ihr verraten und hatte sie mit seinen Worten so tief verletzt, dass ihr nichts anderes
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