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Mein ist dein Tod

Mein ist dein Tod

Titel: Mein ist dein Tod
Autoren: Volker Ferkau
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hob die Kamera. Sie klappte den Sucherbildschirm auf und schaltete die Kamera ein. Alles in ihr brüllte, dieses Mal würde es nicht gut gehen , und erneut fragte sie sich, welcher Teufel sie geritten hatte, Max zu überreden, es noch einmal zu tun.
    Andererseits war Max kein Mann, der etwas tat, was er selbst nicht für richtig hielt.
    Chuzpe!
    Ein seltsames Wort. Aber vermutlich genau passend für diese Situation. Max würde dem Rabbi ein weiteres Geldstück abluchsen. Ja, das würde er. Wenn es einer vermochte, war er es. Er, der sie geheilt hatte.
    Die Belichtung stimmte, alles war glasklar zu erkennen.
    Und schlagartig geschah es. Max griff sich erneut einen alten Mann, kleiner als beim letzten Mal, hager und grau. Er wollte auf Nummer sicher gehen. Von diesem Opfer war keine Gegenwehr zu erwarten. Dafür war das Zeitfenster zu klein. Mehr als fünf Minuten hatte Max nicht zur Verfügung.
    Er schlang seinen Arm um den Mann und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Sofort fingen die Gäste des Café King an zu murren. Füße scharrten. Stühle wurden gerückt, doch niemand erhob sich, niemand sprang auf, alle starrten zu Max und dem Alten.
    Die üblichen Gaffer blieben stehen. Nicht wenige lachten, andere zogen lange Gesichter.
    Auch dieses Mal zwang Max den Mann auf die Knie. Der Alte wackelte mit dem Kinn und für einen Moment hatte Lena Sorge, er würde sein Gebiss ausspucken, was ihn seiner letzten Würde beraubt hätte.
    Max zückte sein Tranchiermesser. Dann ließ er die Umhängetasche fallen. Er hielt die Klinge an den Hals des Alten, der leise , aber vernehmlich jammerte.
    Die Kamera in Lenas Hand filmte erbarmungslos.
    Sie fixierte die Kamera, denn heute würde sie den Sucher vernachlässigen. Der winzige Bildschirm zeigte ihr genug, um zu wissen, dass die Bilder perfekt würden. Stattdessen starrte sie wie jeder im Café auf den seltsamen Vorgang.
    Eine Passant rief: »He, das ist nicht lustig, Mann!«
    Ein anderer: »Lass den Scheiß! Das tut man nicht!«
    Eine Frau: »War das vor einer Woche nicht schon schlimm genug?«
    Eine andre Frau: »Hören Sie sofort auf. Sonst rufe ich die Polizei!«
    Sie hielten es tatsächlich nicht für echt, hielten Max für einen Clown, der eine Show abzog und den echten Täter imitierte.
    Im Café kicherten einige Gäste.
    Stimmen erhoben sich, schwirrten durcheinander.
    In diesem Moment legte sich eine schwere Hand auf Lenas Schulter.
    Sie fuhr herum und starrte in das Gesicht eines alten Mannes, der eine frappierende Ähnlichkeit mit Clint Eastwood hatte, auch dessen schlaksige hohe Gestalt. Der Mann trug einen altmodischen Hut und hatte den Kragen seines Mantels hochgeklappt.
    » Kommen Sie!«, befahl er.
    » Wer sind Sie?«, fauchte Lena, die die Kamera nicht aus den Augen ließ. Gleich musste sie das Gerät hochnehmen, um die Reaktion der Gäste und Passanten zu filmen.
    » Kommen Sie mit. Dieser Mann wird Sie unglücklich machen.«
    » Was wollen Sie von mir?«
    » Ich bin nicht von der Polizei.« Die Stimme des alten Mannes klang freundlich und vertrauensweckend. »Aber ich gebe Ihnen den guten Rat, sofort und auf der Stelle mitzukommen.«
    » Nein!«, schleuderte Lena ihm entgegen. »Hauen Sie ab!«
    Währenddessen schnitt Max seinem Opfer ein Ohr ab.
    Frauen kreischten, Männer fluchten, Kinder heulten, und manche sprangen auf, aber blieben an Ort und Stelle.
    »Ich will Sie retten« , sagte der alte Mann.
    Sie wollte sich seiner schweren Hand entledigen, sprang auf, starrte ihn an und blickte in warme blaue Augen. »Glauben Sie mir. Maximilian wird Sie vernichten.«
    » Wer sind Sie?«, stammelte Lena.
    » Später, junge Frau!«
    Sie blickte zu Max, der zu erstarren schien. Er sah zu ihnen herüber. Er ließ das Ohr fallen und löste seine Finger vom Kragen des Greises. Sein Gesicht war ein großes Fragezeichen.
    »Bitte kommen Sie mit mir. Schnell! Ganz schnell!«, forderte der alte Mann.
    » Neeeein!«, schrie Max. Er schien sich für sein Opfer, das heulend und jaulend auf den Steinen lag, nicht mehr zu interessieren. »Neeeein! Das tust du mir nicht an!«
    Lena wusste nicht, wie ihr geschah.
    »Nehmen Sie die Kamera mit. Ihre Fingerabdrücke sind daran. Und kommen Sie endlich.« Nun zerrte der alte Mann an ihrem Arm.
    Lena war völlig durcheinander.
    Max kam über den Platz auf sie zu.
    Der Greis jammerte.
    Männer und Frauen gestikulierten, wurden immer lauter. Manche wiesen auf Max, der in größter Gefahr war. Erneut wurde mit Handys gefilmt.
    » Sie werden ihn
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