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Mein ist dein Tod

Mein ist dein Tod

Titel: Mein ist dein Tod
Autoren: Volker Ferkau
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ihr: Lena, geh mal da hin. Der Doktor Jung ist ein guter Psychologe! Er ist kein Psychiater, verstehen Sie? Medikamente verschreiben darf er nicht, aber er kann gut therapieren. Und dann ist sie zu dem gegangen. Seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen, denn wir treffen uns nur hin und wieder, also nicht so oft.« Sie lächelte verschmitzt. »Ich hab mich übrigens von meinem Mann getrennt.«
    » Der Psychologe heißt Doktor Jung?«
    » Max Jung. Steht auch auf seinem Schild an der Hauswand. Einer von denen, die richtig gut aussehen. Wie ein Filmstar. Einer, dem man vertraut. Und als er geschimpft hat, Sie müssen wissen, er hat sich über meinen Mann aufgeregt, da war seine Stimme die gleiche wie im Film.«
    Die rundliche Frau, deren Figur ihrem Nachnamen alle Ehre machte, verdrehte erneut die Augen. »Aber nicht, dass ich mich irre und harmlose Leute in Verdacht kommen. Das wäre schrecklich und Lena würde nie wieder ein Wort mit mir reden.«
    Donald fing an zu beben. Das war es! Sie waren dem Mörder auf der Spur. Ruhig und konzentriert sagte er: »Wir müssen das noch aufschreiben, Frau Drops. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie haben nur ihre Pflicht getan. Schön, wenn viele Bürger so denken würden wie Sie.«
    Erika Drops wirkte glücklich und blinzelte Donald zu. Offensichtlich sah sie auch in ihm einen Filmstar.
    Donald stand auf. »Ich schicke Ihnen jetzt einen Kollegen. Dem erzählen Sie das nochmal. Dann unterscheiben Sie das und schon ist alles erledigt.«
    » Und wenn ich mich irre? War ja nur so eine Idee.«
    » Dann danke ich Ihnen trotzdem. Schließlich müssen wir alle dafür sorgen, dass unsere Stadt sicher bleibt, nicht wahr?«

40
     
    George sagte:
    » Das erste Mal nach dem Tod meiner Frau fiel Max auf, als er etwas Scheußliches tat. Ich erwischte ihn, als er eine weiße Maus, die er aus der Schule mitgebracht hatte, im Waschbecken ertränkte. Er ließ sie so lange schwimmen, bis sie versank. Als ich ihn fragte, warum er das getan hätte, sagte er, ich hätte es ihm befohlen. Das war merkwürdig, denn er war die ganze Zeit alleine im Badezimmer gewesen. Ein Arzt, mit dem ich das besprach, bagatellisierte es. Max sei mit dem Tod seiner Mutter nicht klargekommen, meinte er, außerdem seien Kinder in diesem Alter wissbegierig, was manchmal auch vor Grausamkeiten nicht Halt mache.«
    » Er hat es mir ganz anders geschildert«, flüsterte Lena.
    » Das glaube ich, denn in seinem Kopf ist es anders gewesen. Er hat sich seine eigene Erinnerung gebastelt.«
    Lena, die sich erinnerte, wie Max über die Ungenauigkeit der Erinnerungen doziert hatte, sagte: »Warum sollte ich Ihnen glauben?«
    » Was hätte ich davon, Sie zu belügen?«
    Das klang logisch.
    »Und wie ging es weiter?«, fragte Lena.
    » Mein Sohn war ein intelligenter Junge. Eines Tages hatte ich etwas zu viel getrunken. Ich trinke eigentlich nie etwas, aber an diesem Tag überfiel mich die Trauer und ich ließ mich gehen. Max kam ins Wohnzimmer und fand mich mit einer Flasche Whisky. Ich war allerdings klar genug, um mit ihm zu reden. So erzählte ich ihm von einer Sache, die mich ein Leben lang verfolgte, nämlich von meiner Teilnahme am Experiment 1961 in New Haven. Wie ich Ihnen schon sagte, drückte ich den letzten Knopf. Seither geht mir die Idee nicht aus dem Kopf, dass wir alle nahe dran sind, Mörder zu sein.«
    » Genauso denkt Max.«
    » Das war vielleicht der Fehler meines Lebens. Er war noch zu jung für meine Beichte, und als ich am nächsten Tag nüchtern war, schwor ich mir, nie wieder Alkohol anzufassen, was mir bis heute gelungen ist. Zwar sprach Max nicht mehr über die Sache, doch dann geschah etwas, das mich erschütterte. Ich fand in seinem Zimmer eine Videokassette. Damals, als das losging, gab es diese Kassetten in zwei Formaten. Da alles ganz neu war, kamen auch Filme auf den Markt, die ‚Unglaubliche Bilder’ oder ähnlich hießen. Wie ich hörte, sind diese Filme heute gesucht und sehr wertvoll. Die Titel waren unverfänglich, doch der Inhalt grauenvoll. Von Affen, deren Gehirn gegessen wurde, bis hin zu Hinrichtungen wurde alles gezeigt. Diese Filme wurde geheim verkauft und Max hatte eine davon. Endlich konnte man sich das verbotene Grauen ins Wohnzimmer holen.«
    Er zündete sich eine Zigarette an und knüllte die Packung zusammen.
    »Das wäre vielleicht nicht schlimm gewesen, wenn nicht einige Zeit später etwas Bizarres geschehen wäre.«
    Lena schluckte. Vieles, was George erzählte, deckte sich mit den
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