Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
Vom Netzwerk:
und zwei Regenbögen die Rede ist,
    die Gott dem Noah als Versprechen sandte,
    dass er hinkünftig keine Fluten sende.
    Ohne Swoboda zu fragen, startete er erneut die DVD Mein ist der Tod . Er markierte die Schrift Besiege die Hydra und überschrieb sie mit dem Passwort: Noah .
    Das Programm verweigerte sich mit identity unknown. Herking fluchte.
    Er versuchte es mit Arche , und sofort gehorchte das Programm. Als das Bild aufsprang und die hinter dem Passwort verborgene Wahrheit zeigte, schlug er sich die Hand vor den Mund, sprang auf und rannte ins Bad.
    Es war nicht nur der Anblick des Kopfes von Iris Paintner, der Herkings Übelkeit bewirkte. Schlimmer noch war die Wiege, in der er lag: Das in Klarsichtfolie verpackte Haupt lag in einem Bett aus niedlichen Stofftieren.
    Mein Gott, sagte Swoboda leise. Die Kinderarche in Sankt Aegidius ist seine vierte Dantebarke. Und ich habe die ganze Zeit neben ihr an der Auferstehung gearbeitet.
    Es war zwei Uhr, bis das Untersuchungsteam zusätzlich zu Swobodas Arbeitsscheinwerfer genügend Licht installiert hatte, um arbeiten zu können. Rüdiger Törrings Haar war ungekämmt, er fluchte und gähnte abwechselnd und roch Alexander Swobodas Weinfahne so deutlich, dass er sich entschied, seinen einstigen Chef erst am kommenden Vormittag zu vernehmen. Er saß neben ihm in einer Kirchenbank hinter dem abgesperrten Altarbezirk. Beide Männer sahen stumm den weiß vermummten Kollegen zu, die den Kopf von Iris Paintner luftdicht in eine Kühlkiste verpackt hatten und nun ein Kuscheltier nach dem anderen in sterile Plastiktüten einsiegelten. Das Holzschiff, das die Kinder zum Erntedankfest gebaut hatten, wurde zentimeterweise nach Abdrücken und DNA-Spuren untersucht.
    Swoboda gähnte, legte Törring die Hand auf die Schulter, stand auf und schob sich an ihm vorbei.
    Du hast wirklich einen Scheißberuf.
    Danke, du hast ihn mir beigebracht.
    Der Hauptkommissar blickte seinem Vorgänger nach, der müde zwischen den Bankreihen zum Ausgang lief und den hohen Türflügel hinter sich ins Schloss fallen ließ. Zum ersten Mal hatte Törring den Eindruck, dass Swoboda ein alter Mann war.
    Der Maler trat auf den Kranzplatz hinaus, atmete die kühle Nachtluft tief ein und fühlte sich befreit. Jetzt, dachte er, wäre eine Zigarette gut. Wenn Michaela Bossi hier wäre, hätte sie ihm eine geben können. Andererseits fühlte er sich allein sehr wohl.
    Er schlug den Weg zu seinem Atelier in der Prannburg ein und überquerte langsam den Platz. Der Gedanke daran, sein Leben noch einmal radikal zu ändern, hob seine Stimmung. Es gab so viele Orte, an denen er leben könnte.
    Er blieb stehen und sah zum Nachthimmel auf. Ihm fiel ein, dass sein Freund Klaus Leybundgut, der ungeachtet seines kuriosen Namens ein guter Arzt gewesen war, über das Weltall behauptet hatte, es sei schwarz. Er selbst hatte dagegengehalten, es könne sich schon aus physikalischen Gründen nur um ein stetig dunkler werdendes Blau in der Tiefe des Raums handeln, so dass am Ende und hinter allem dann Gott das absolut dunkelste Blau sei, was wiederum die einzige sichere Aussage sei, die man über Gott machen könne. Leybundgut war seit zwei Jahren tot. Vielleicht wusste er jetzt, wie dunkel das Blau wirklich war.
    Die Vorstellung, Zungen an der Nelda zu verlassen, sich von dieser Stadt frei zu machen wie vor fast fünfzig Jahren, als er zum Studium aufgebrochen war, beschwingte ihn, er fühlte sich plötzlich nur noch halb so schwer und lief weiter. Hätte der Jogger, der vom Ludwigsbühel her durch die Nacht lief, seinen Blick gehoben, hätte er sehen können, dass Swoboda zwischen seinen Schritten kleine Sprünge einlegte.
    Plötzlich schwankte er. Hielt sich an der Hauswand fest. Das hohe Kesselpfeifen, das wie auf Knopfdruck in seinem rechten Ohr eingesetzt hatte, wurde unerträglich.

TAGEBUCH

    Herakles hat die Köpfe der Lernäischen Schlange angeblich nicht von ihrem Rumpf geschnitten, sondern mit seiner Keule totgeschlagen. Ein brutales und unsauberes Verfahren. Natürlich bloß eine Legende.
    Nachdenklich hat mich gemacht, dass diese Hydra neun Schlangenköpfe hatte und einer davon nicht durch Schwert oder Keule, Feuer oder Gift umzubringen war. Der neunte Kopf lebte abgeschlagen und ohne Hals weiter! Herakles hat ihn in der Erde vergraben und einen Felsen darauf gewälzt. Angeblich half das gegen ihre Unsterblichkeit.
    Glaubhaft oder nicht?
    Mein Kontrollgang durch die Stadt hat übrigens nichts ergeben, was auf eine

Weitere Kostenlose Bücher