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Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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auf, dass er verändert war, vermutete dahinter seine Befangenheit gegenüber Aminata, die offensichtlich war. Er sah ihr nicht in die Augen, hatte ihr zwar zögerlich die Hand gegeben, sie ihr aber so rasch wieder entzogen, als ob er sich verbrannt hätte.
    Bei Tisch hob er kaum den Blick von seinem Teller, so dass Freya ihn schließlich fragte: Freust du dich nicht mit mir, dass ich heute einen verlorenen Sohn wiedergefunden und eine Enkelin geschenkt bekommen habe?
    Er sah sie an und blieb stumm. Dann stand er auf.
    Ich freue mich. Natürlich. Willkommen, Frau Mboge.
    Nun sag schon Aminata zu ihr, sie ist schließlich die Tochter meines Sohnes, also deines Bruders!
    Ja. Willkommen zu Hause, Aminata.
    Noch immer sah er sie nicht an. Seine Adoptivmutter ließ nicht locker.
    Das klingt nicht gerade begeistert. Du könntest deine Nichte ruhig umarmen!
    Mir ist nicht gut, Freya, den ganzen Tag schon nicht. Ich wünsche dir einen schönen Abend.
    Er wandte sich so rasch ab, dass er beinahe seinen Stuhl umgestoßen hätte, und lief zur Tür des Salons, riss sie auf, verschwand, schloss sie nicht ganz hinter sich. Sein überstürzter Aufbruch war Freya peinlich, sie entschuldigte sich bei Aminata für Korell.
    Er ist sonst ganz anders, glaub mir, vielleicht hat er Fieber, vielleicht hat er sich Knall auf Fall in dich verliebt!
    Die Frauen mussten lachen, und Korell, der vor der Tür stehen geblieben war, hörte ihr Gelächter. Wahrscheinlich würde Freya ihre Enkelin einladen, hier im Haus zu übernachten.
    Das Gästezimmer lag im ersten Stock, neben seinem. Er beschloss, das Bad, das er bislang allein nutzte, aufzuräumen und stieg die Treppe hinauf.

    Die Lichtröhren im Arbeitstisch zuckten auf, entwickelten ihre volle Stärke und erzeugten eine zehn Quadratmeter große, milchig helle Fläche, auf der Reber schon eine der beiden unteren Fensterhälften gelegt hatte. Gemeinsam entrollten sie den entsprechenden Teil von Swobodas Papierentwurf und hängten ihn an ein Wandgestell.
    Das flutende Raumlicht ließ die Dämmerung vor den hohen Fensterscheiben dunkler erscheinen, als sie war. Der große Spiegel an der Decke des Ateliers zeigte den darunterstehenden Leuchttisch, so dass man im Spiegelbild oben die Glasmalerei besser begutachten konnte als in der schrägen Aufsicht vom Rand des Tisches.
    Sieht gefährlich aus, sagte Swoboda.
    Er stand vor der Regalwand mit den viereckigen Glasdosen, die Pigmente enthielten. Die meisten Behälter in den bunten Reihen trugen kleine orangefarbene Aufkleber mit einem schwarzen Totenkopf vor gekreuzten Knochen.
    Ja, fast alle Farben sind giftig, lachte Reber. Wir nutzen Schwermetalle und viele Metalloxyde, Eisen für Grün, Kobalt für Blau, aber wenn Sie die Pigmente auf Glas brennen wollen, wären die nötigen Temperaturen zu hoch, und deshalb wird Bleioxyd beigesetzt, vierzig bis fünfundvierzig Prozent, das senkt den Schmelzpunkt.
    Gold?, las Swoboda von einem Behälterschild ab.
    Kann sein, dass Sie das brauchen werden. Gold, in Königswasser gelöst, das wird ein wunderbares Pigment, ein tiefes Rot, hier ist Silber für Gelb, aber da kommen wir schnell in die höhere Preisklasse. Pigmente um sechshundert Euro pro Kilo.
    Ich verlasse mich auf Sie, Herr Reber, mir geht es nur darum, das Fenster unten düster und schwer wirken zu lassen, um dann farbiger, leichter zu werden und oben sozusagen in den Himmel zu steigen.
    Rebers Gesichtsausdruck zeigte, dass er Feuer gefangen hatte. Da sich sein Ehrgeiz darauf richtete, künstlerische Vorgaben nicht nur handwerklich gut auszuführen, sondern sie kreativ mit seinem Können zu verbinden, arbeitete seine Phantasie bereits an der Übersetzung des Papierentwurfs in die Möglichkeiten der Glasmalerei.
    Swoboda musste an diesem Abend noch einiges lernen, bevor der Meister ihn in seine Wohnung unterm Dach entließ. Dort schrieb er auf, was Reber ihm über die mit Wasser und Gummiarabikum angesetzten Farben erzählt hatte, von ihrer Veränderung durch den Brennvorgang, dessen Langsamkeit, das drei Stunden lange Aufheizen auf sechshundert Grad, die zwanzig Minuten Brenndauer, die vierundzwanzig Stunden, in denen das Glas mit der eingebrannten Farbe gleichmäßig abkühlen musste.
    Swoboda eröffnete sich hier eine andere Welt der Kunst. Allein der Umgang mit den nur acht Millimeter dicken Glasscheiben, die erst am Schluss noch einmal durch Hocherhitzung gehärtet wurden, vorgespannt, wie Reber sagte, und bis dahin immer in Gefahr waren zu

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