Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
Vom Netzwerk:
Verkehrsgefährdung, Nötigung, versuchter Totschlag mit Fahrerflucht, der gehört in den Knast!
    Wie gut, dass du beide Hände am Lenkrad hattest. Als ob ich es geahnt hätte.
    Deine berühmte Nase, sagte sie. Die kannst du meinetwegen bei der Hofkunst übernachten lassen, den Rest hätte ich lieber bei mir.
    Er hob langsam den Kopf und machte die Augen auf.
    Vielleicht ist ja auch in der Künstlerwohnung Damenbesuch erlaubt.
    Dass ihm der plötzliche Schwindel auf den Magen schlug und ihm übel war, verschwieg er. Auch, dass er sich im Moment nicht danach sehnte, mit Michaela in ihrer Wohnung heftig bewegten Sex zu haben, sondern sich auf die Ruhe unter dem Dach der Mayer’schen Hofkunstanstalt an der Münchener Seidlstraße freute.
    Die Maße des Fensters hatte er vor Wochen durchgegeben, und Max Reber, der Glasmalermeister, der ihm helfen würde, hatte vorgeschlagen, die Bereiche des Fensters aufzuteilen:
    Ich würde aus dem unteren Teil zwei hohe Rechtecke machen und das Bogenfeld drüber auch aus zwei Segmenten zusammensetzen, wie zwei Flügel. Dann haben wir in der Mitte eine große senkrechte und kurze waagrechte Bleifuge, ein Kreuz.
    Swoboda hatte zugestimmt. Reber klang vertrauenswürdig. Die vier Glasscheiben lagen nun in der Hofkunst, bereit zum Auftrag der Farben und anschließendem Brennen.
    Michaela Bossi genügte ein Seitenblick auf ihn.
    Dir geht’s nicht gut. Soll ich rausfahren?
    Nein, alles im grünen Bereich.
    Lüg nicht. Dreh die Lehne zurück und leg dich. Wir haben noch eine Stunde. Du brauchst Ruhe.
    Sie bemühte sich, nicht mütterlich zu klingen, doch er hörte die Fürsorge heraus, die ihm seine Schwäche bewusst machte.

    Er bekam nicht mit, dass sie die Tür aufbrachen. In seinen Kopfhörern mischte sich das Knattern und Bellfern der Waffen mit Todesschreien, brechenden Knochen, platzendem Fleisch und dem Schmatzen der Blutpfützen, durch die er als Hero Kles watete. Er vernichtete die letzten Krieger der Wachmannschaft, die Heka, die bestialische Herrin der Festung, ihm in den Gängen zu den Kellerverliesen entgegenschickte.
    Als jemand ihm die Kopfhörer abzog, fuhr er herum und blickte in die Mündung eines schwarzen Schnellfeuergewehrs, das ihm von einem Mann in Gesichtsmaske und voller Sicherheitsmontur vor die Nase gehalten wurde. Er glaubte, das Ego-Shooter-Spiel sei in sein Zimmer übergesprungen, und tastete nach der Wunderwaffe vor der eigenen Brust. Sein Griff ins Leere machte ihm klar, dass der Gegner aus einem anderen Spiel kam, wahrscheinlich einem Realitygame, in dem Frank Züllich kein Held war.
    Das Polizeikommando hatte ihn beim Sicherungsangriff in weniger als dreißig Sekunden überwältigt und abgeführt. Danach betrat die Mannschaft zum Auswertungsangriff den Schuppen, fotografierte, sammelte Fingerabdrücke, packte die Computerausrüstung und sämtliche DVDs, die Spiele wie die Pornos, ein, fand auch ein bisschen Haschisch und – das stellte sie besonders zufrieden – im hinteren Zimmer neben seinem Bett eine kleine Ausstellung von Säbeln, Schwertern und Macheten, die an der Wand arrangiert waren.
    Verena Züllich verschlief die Verhaftung ihres Sohnes im Kräuterbitterrausch auf dem Sofa ihrer Küche. Sibylle Lingenfels gelang es nicht, sie zu wecken.
    Törring, der die Operation leitete, betrat den Schuppen erst, als alles dokumentiert, die wichtigsten Asservate abtransportiert waren. Er sah sich um und hatte plötzlich nicht mehr das gute Gefühl wie vor Beginn des Einsatzes.
    Die routinemäßige Durchforstung von Internetbestellungen, in denen unübliche Computerausrüstungen gelistet waren, hatte für Zungen an der Nelda einen einzigen Treffer ergeben:
    Frank Züllich hatte an seine Adresse Höllacker 2 vor einem Jahr im Versand Heavygamerstore für zweitausend Euro einen Plazza Gamer PC mit übertakteter GeForce GTX 560 Ti OC – Dual Fan bezogen, eine Ausrüstung, die eine überdurchschnittliche Videoleistung ermöglichte.
    Er wurde nur einen Tag lang beobachtet. Als man ihn in seinem schwarzen Joggingoutfit laufen sah, das zur Beschreibung des Täters passte, die Wilfried Herking zu Protokoll gegeben hatte, fiel die Entscheidung: Der Einsatz wurde auf Törrings Antrag von Polizeirat Klantzammer genehmigt. Man wartete, bis er von seinem einstündigen Lauf am Mahrufer zurück war, und griff zu.
    In Frank Züllichs Schuppen spürte Törring nichts von der abgründigen Wahnhaftigkeit, die er erwartet hatte. Was er sah, war von einer so biederen

Weitere Kostenlose Bücher