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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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er sich die Mühe hier
schenken.
    Das Feuerzeug in
seiner Hand war glühend heiß geworden. Er verbrannte
sich die Finger, fluchte, ließ den Knopf des Feuerzeuges los,
stand von einer Sekunde zur anderen im Dunkeln. Wütend stapfte
er zum Wagen zurück und klemmte sich hinters Steuer. Innerhalb
weniger Minuten waren die Scheiben von innen beschlagen.
    Belter zog das Handy
aus der Tasche und tippte die Nummer des Polizei-Notrufes ein.
Übertrieb er es jetzt? Es dauerte nicht lange, und ein Beamter
meldete sich.
    »Mein Name ist
Thomas Belter. Ich möchte meine Freundin als vermisst
melden«, sagte er mit zitternder Stimme, während er mit
der freien Hand den Beschlag von der Windschutzscheibe fortwischte
und wieder nach oben spähte. Dort rührte sich
nichts.
    »Wie heißt
Ihre Freundin und wie sieht sie aus?« Die Stimme klang
gelangweilt.
    »Mandy Klimmek,
sie ist siebenundzwanzig Jahre, schlank, hat lange blonde Haare,
blaue Augen, hat eine Narbe über dem rechten Hüftgelenk,
da ist sie als Kind mal mit dem Fahrrad gestürzt. Und ein
Tattoo über dem Hintern.« Er sagte dem Polizisten nicht,
dass er dieses Tattoo hasste und es abschätzig immer als
Arschgeweih bezeichnete.
    »Wie lange
vermissen Sie denn Ihre Freundin?« Der Beamte am anderen Ende
der Leitung klang desinteressiert. Er hackte auf einer Tastatur
herum, durchsuchte scheinbar parallel die
Vermisstenanzeigen.
    »Seit…
seit rund zwei, zweieinhalb Stunden.«
    »Da kann ich
nichts für Sie tun, junger Mann.« Das Hacken wurde
unterbrochen, der Polizist in der Notrufzentrale seufzte
gequält auf.
    »Hören Sie
- ich habe sie bei einem zwielichtigen Fotografen abgeliefert. Sie
… sie arbeitet als Model. Wir waren am Haus des Fotografen
verabredet, eine uralte, baufällige Fabrik. Sie ist nicht da,
und im Haus ist alles dunkel. Ich werde den Verdacht nicht los,
dass ihr etwas zugestoßen ist.«
    »Hatten Sie
Streit?«
    »Nun ja, Streit
wäre übertrieben. Es hat mir nicht gepasst, dass sie
mitten in der Nacht zu diesem wildfremden Mistkerl
geht.«
    »Es ist gerade
mal Abend. Vielleicht handelt es sich hier eher um ein
Eifersuchtsgeplänkel? Haben Sie schon mal darüber
nachgedacht, dass Ihre Freundin mit Trotz auf Ihre Eifersucht
reagieren könnte?«
    »So etwas tut
sie sicher nicht. Sagen Sie mal, sind Sie von der Polizei oder von
der Seelsorge? Nehmen Sie jetzt diese verdammte Vermisstenanzeige
auf?«
    »Nein, werde ich
nicht, junger Mann. Ich muss warten. Nach zweieinhalb Stunden kann
ich unmöglich schon eine Fahndung einleiten, tut mir
leid.«
    »Dann schicken
Sie wenigstens einen Streifenwagen vorbei und bitten Sie Ihre
Kollegen, das Gebäude zu durchsuchen. Ich bin sicher, dass der
Kerl meine Freundin in seiner Gewalt hat.« Belter nannte dem
Polizisten die Adresse, wo er Mandy abgeliefert
hatte.         
    »Ohne
richterlichen Durchsuchungsbeschluss dürfen wir nirgendwo
rein, solange keine Gefahr im Verzug ist. Und die sehe ich hier nun
wirklich nicht«, wurde Belter belehrt.
    »Sie sollen
keine Wohnungen durchsuchen, Sie sollen Ihre Kollegen vorbei
schicken und hier nach dem Rechten schauen, mehr
nicht.«
    »Sie verlangen
ernsthaft, dass ich eine Streifenwagenbesatzung vorbei schicke, die
dann ein altes, wahrscheinlich sogar leer stehendes Fabrikgebäude
durchsucht, das möglicherweise sogar einsturzgefährdet
ist?« Der Polizist lachte verhalten.
    »Sollte das der
Fall sein, ist meine Freundin erst recht in Lebensgefahr, also
schicken Sie Ihre Kollegen hierher!«
    »Wenn sie ein
Handy hat, versuchen Sie, die Dame anzurufen.«
    »Das habe ich
schon mehrfach getan. Sie hat ihr Handy
ausgeschaltet.«
    »Was meinen
Verdacht bestätigt, dass sie nichts von Ihnen hören
möchte. Bitte machen Sie sich keine Sorgen, ich bin sicher,
morgen sieht die Welt schon ganz anders aus. Und um Ihre Sorge zu
entkräften: Wenn da alles dunkel ist, dann hält sich Ihre
Freundin bestimmt nicht mehr in dem Gebäude auf. Wir werden
uns die alte Fabrik morgen, bei Tageslicht, einmal ansehen. Mehr
kann ich Ihnen jetzt nicht zusichern.«
    »Morgen kann es
zu spät sein.«
    »Das glaube ich
nicht.«
    »Sie haut nicht
einfach so ab.«
    Der Polizist am
anderen Ende der Leitung schlug den Ton eines Grundschullehrers an.
Beruhigend, beschwichtigend. Und vor allem scheute er sich vor
unnötiger Arbeit. »Warten Sie trotzdem bis morgen.
Vielleicht muss die Dame sich auch erst einmal beruhigen und eine
Nacht darüber schlafen, wenn es wirklich Streit zwischen Ihnen
gab.

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