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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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auf einem der zahlreichen Friedhöfe
aufzuhalten. Er hatte zu tun, um die Polizei in die Irre zu
führen. Schlafen konnte er tagsüber.
    Er war zu einem
Geschöpf der Nacht geworden.
    Inzwischen hatten sie
den Ortseingang von Schwelm erreicht. Verlassen lagen das
Möbelhaus und der Baumarkt da, nur die grellen Leuchtreklamen warfen
ihren bunten Schein in die Dunkelheit und blendeten ihn. Er hasste
dieses grelle Licht. Die Burger-Schmiede hatte noch geöffnet,
aber wegen des miesen Wetters schien auch hier kaum Betrieb zu
herrschen. Der Parkplatz war ziemlich leer.
    Die kleinen
Straßen von Schwelm, durch die der Astra nun rollte, waren
ihm unbekannt. Er war selten hier. In einer Seitenstraße
passierten sie ein Industriegelände. Auf dem Hof ragten
Türme, aufgeschichtet aus roten Bierkästen, in den
Nachthimmel. Das muss die Schwelmer Brauerei sein, dachte er, als
er die markanten Kästen sah.
    Kurz daraufhatte er
sein Ziel erreicht. Der Astra rollte langsam über einen Platz,
der von Restaurants und kleineren Geschäften umgeben war. Die
meisten Fassaden der Häuser waren verschiefert und strahlten
einen historischen Charme aus.
    Belter suchte und fand
einen Parkplatz und rangierte den alten Kombi in die freie
Lücke. Noch immer hatte er nicht bemerkt, dass ihm ein
unsichtbares Phantom bis hierher gefolgt war.
    »Altmarkt«, las sein
Verfolger derweil den Namen des Platzes auf einem
Schild.
    Er lenkte seinen Wagen
in gebührendem Abstand an den Straßenrand und wartete
ab. Von hier aus konnte er ihn noch immer sehen. Er beobachtete,
wie der Mann ausstieg und den Wagen abschloss. Ohne sich
umzublicken, marschierte er über den Platz. Scheinbar
fühlte sich Belter nicht verfolgt. Gut so.
    Zwei mächtige
Kirchtürme ragten hinter einer höher gelegenen
Häuserzeile in den Himmel. Die Ziffernblätter der Uhren
waren erleuchtet und rückten unaufhaltsam der vollen Stunde
entgegen.
    Belter erklomm die
breiten Stufen, die zum Kirchplatz hinaufführten.
    Was hatte das zu
bedeuten? Wollte er jetzt in die Kirche?
    Arbeitete er hier
vielleicht sogar? Um diese Zeit? Kaum denkbar.
    Er beschloss,
abzuwarten. Nachdem Belter aus seinem Blickfeld verschwunden war,
stieß er seinen Wagen in eine freie Parklücke und zog
den Zündschlüssel ab. Er war seinem Opfer nicht hierher
gefolgt, um es dann entwischen zu lassen. Im Fenster eines der
Häuser ging Licht an. Es dauerte nicht lange, und er sah einen
Schatten hinter den verschlossenen Gardinen umher huschen. Den
Bewegungen nach musste er das sein.
    Er beobachtete das
Treiben in der Wohnung. Als sich die Tür eines winzig kleinen
Balkons öffnete und sein Opfer sich über die
Brüstung lehnte, bestätigte sich sein Verdacht. Der Typ
wohnte in einem der Häuser an der Kirche. Von dort aus musste
man einen stimmungsvollen, fast romantischen Ausblick auf die alten
Fachwerkhäuser am Altmarkt haben. Beinahe wäre
Melancholie in ihm aufgekommen. Er stieß sie ab.
    Er war nicht hier, um
eine Aussicht zu genießen.
    Als die Glocken der
Kirche zur vollen Stunde schlugen, zuckte er zusammen. Unheimlich
hallte der Glockenschlag über die kleine Stadt, die wie im
Dämmerschlaf dazuliegen schien. Sein Blick schweifte über
die Fassaden der Häuser. Nur in wenigen Fenstern brannte noch
Licht.
    Oben zog sich Belter
vom Balkon zurück und zog die Gardinen zu.
    Am kalten, flackernden
Lichtschein erkannte er, dass der Mann den Fernseher eingeschaltet
hatte. Scheinbar wollte er noch nichts ins Bett. Wahrscheinlich
wartete er auf seine Freundin. Sicher grübelte er noch ein
bisschen.
    Doch da konnte er
lange warten. Und grübeln.
    Ein Grinsen lag auf
seinen Gesichtszügen, als er aus dem Wagen ins Freie trat. Die
Hände in den Jackentaschen versenkt, näherte er sich dem
Haus und blieb davor stehen, um es in aller Ruhe zu betrachten.
Für Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, stand er in
der nasskalten Winternacht und schmiedete einen Plan, wie er den
lästigen Zeugen aus dem Weg räumen könnte. Mandys
Freund war zu einer Gefahr geworden, die er beseitigen
musste.
    Dazu war ihm jedes
Mittel recht.

 
    11
    22.05
Uhr
    An Schlaf war nicht zu
denken.
    Unruhig wanderte er
durch die Wohnung, trat an das Wohnzimmerfenster, zog die Gardinen
zur Seite und blickte aus dem Fenster. Die benachbarten Häuser
wirkten leblos und trist. Die Schneehaube auf den am
Straßenrand geparkten Autos schmolz und hatte sich in
tropfende Matsche verwandelt. Der Mond hatte Mühe, die grauen
Wolken zu durchdringen.

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