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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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mehr. Thomas spürte,
wie die Kraft aus seinem Körper wich. Er kämpfte gegen
die Ohnmacht an, doch lange konnte er sich ihr nicht mehr
widersetzen. Sein gesamter Körper bestand aus einem einzigen,
alles vernichtenden Schmerz. Er fühlte, wie sich die
Messerklinge seines Angreifers immer wieder in seine Brust bohrte,
spürte, wie seine Lungen durchlöchert wurden.
    Als er den Geschmack
seines eigenen Blutes im Mund schmeckte, wusste er, dass er den
ungleichen Kampf verloren hatte. Seine Hände ruckten hoch, hin
zu der Stelle, wo sich die Stichwunden befanden, und er fiel in
einen dämmrigen Zustand. Seine Muskeln brannten, und Belter
fühlte, wie das Leben aus seinem Körper wich.
    Blitze tanzten grell
vor seinen Augen. Ein asthmatisches Pfeifen entwich seiner Lunge.
Dann wurde es dunkel um Belter, und er glaubte, ins Bodenlose zu
stürzen.
    Er hatte das Haus
verlassen, um sich Zigaretten zu besorgen. Nun lag er, zerfetzt von
einem übermächtigen Gegner, auf dem Bürgersteig,
keine zehn Meter von der schützenden Haustür entfernt.
Alles für eine einzige Zigarette.
    Das Letzte, was durch
seinen Kopf geisterte, war ein kurzer Satz. Rauchen
tötet.

 
    12
    22.10
Uhr
    Es dauerte einen
Moment lang, bis er registriert hatte, dass sein Opfer den Kampf
bereits verloren hatte. Wie im Wahn hatte er auf den Kerl
eingestochen. Erst, als der Mann leblos vor ihm lag und sich ein
feiner Blutfaden den Weg aus dem
Mundwinkel herunter zum Kinn bahnte, ließ er von ihm ab. Der
gesamte Oberkörper des Mannes war eine einzige blutige Masse.
Er wusste nicht, wie oft er die Klinge in die Brust des Mannes
gerammt hatte, hatte die Hiebe gar nicht mehr gezählt, hatte
es genossen, wie sich der wehrlose Körper immer wieder unter
ihm aufgebäumt hatte. Erschöpfung stieg in ihm auf, als
er sich mühsam aufrichtete und mit verächtlichem Blick
auf den Kerl hinabblickte. Er hatte es geschafft. Die Hand, mit der
er das große Messer umklammert hielt, zitterte. Schnell zog
er ein Tuch aus der Innentasche seiner Jacke und wischte die
blutverschmierte Klinge sauber. Dann ließ er Tuch und Messer
wieder in der Tasche seines langen schwarzen Mantels
verschwinden.
    Er überlegte, ob
er seine Zähne in das noch warme Fleisch seines Opfers
schlagen sollte, um sich eine kleine Belohnung zu gönnen.
Sekundenlang zögerte er und blickte auf die angeschwollene
Halsschlagader des Toten. Fast glaubte er das Blut zucken zu sehen
und leckte sich genießerisch über die Zunge. Als er kurz
die Augen schloss und tief durch die Nase einatmete, war da noch
ein Geruch neben der würzigen Schneeluft: Er roch das Blut
seines Opfers und verspürte das Verlangen, dem er aber nicht
nachgeben durfte. Nicht jetzt.
    Es wäre
töricht gewesen, in diesem Moment schwach zu werden. Er konnte
es sich einfach nicht leisten, bei seiner Blutmahlzeit gesehen zu
werden.
    Nachdem er sich
umgeblickt und davon versichert hatte, keinen ungebetenen Zeugen zu
haben, beugte er sich über den Toten und griff ihm unter die
Arme, um ihn unter das Vordach eines Wohnhauses zu ziehen. Dort
angekommen, legte er Belter auf die Seite und breitete den
Wintermantel, den der Tote trug, wie eine Decke über ihm
aus.
    Ein
Spaziergänger, der zufällig vorbeikam, würde ihn
für einen besoffenen Penner halten. Dann wäre er selbst
längst weg.
    Rasselnd ging sein
Atem; er hätte nicht damit gerechnet, welch körperliche
Schwerstarbeit er in dieser Nacht noch hatte leisten müssen.
Sekundenlang stand er breitbeinig über seinem Opfer und
ergötzte sich an dem Machtgefühl. Er hatte bereits zum
zweiten Mal in dieser Nacht Herr über Leben und Tod gespielt
und dem Tod den Vorrang gegeben.
    Obwohl es sich bei
seinem Opfer um einen Mann handelte, spürte er wieder die
Erregung in sich aufsteigen.
    Er hatte den Fremden
besessen, war in sein Leben und Reich eingedrungen, um seinem
kläglichen Dasein ein Ende zu bereiten. Nun war es Zeit, in
seine Welt zurückzukehren, in die Welt der
Finsternis.
    Die Nacht war sein
Reich. Und dennoch konnte er sich noch keine Ruhe
gönnen.
    Es gab noch viel zu
tun, wollte er seine Spuren endgültig verwischen. Die Bullen
würden ihn nicht finden, dafür würde er
sorgen.
    Schnell wandte er sich
ab, blickte sich um. In den Fenstern der umliegenden Häuser
brannte noch immer kein Licht. Niemand war geweckt worden, niemand
hing neugierig am Fenster. Nachdem er sein Opfer mit einem letzten,
mitleidigen Blick bedacht hatte, ging er gemächlich, ohne
Eile, zu seinem Wagen, stieg

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