Mein Ist Die Nacht
aufgelegt.
Thomas Belter starrte
auf das Gerät in seiner Hand, schüttelte den Kopf und
warf es wütend auf das Sofa. Diesmal blieb es ganz.
Plötzlich sehnte
er sich nach einer Zigarette. Und das, obwohl er vor drei Monaten
das Rauchen aufgegeben hatte. Mandy hatte es gehasst, wenn er nach
kaltem Nikotin stank. Ihr zuliebe hatte er aufgehört. Manchmal
aber sehnte er sich immer noch nach einer Zigarette. In Momenten,
in denen er unter Stress stand. In denen er Sorgen
hatte.
Dies war eindeutig so
ein Moment. Durch die Diele marschierte er in die dunkle
Küche, schaltete das Licht ein und fingerte auf dem
Hängeschrank herum. Hier hatte er sich eine Packung Marlboro
versteckt - für Notfalle. Doch die Packung war verschwunden.
Vermutlich hatte Mandy sie gefunden und weggeworfen.
»Verdammt«, zischte
er, wandte sich ab, trat an die Garderobe und zog sich den Mantel
über. Dann würde er sich eben eine neue Packung aus dem
Automaten ziehen. Sie war nicht da, also würde es sie auch
nicht stören, wenn er nach Rauch stank. In der Manteltasche
klimperte Kleingeld, er zählte vier Euro ab, griff nach dem
Haustürschlüssel und war schon draußen. Die beiden
Türme der Christuskirche waren stimmungsvoll angeleuchtet.
Irgendwo plätscherte es. Der schmelzende Schnee auf dem Dach
prasselte auf den Kirchhof. Belter hatte im Nu nasse
Füße, stieg fluchend die Stufen zum Altmarkt herab und
stand ein wenig unschlüssig vor den Parkbuchten. Das La Grappa
auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes hatte
geschlossen. Also würde er den Weg zum Zigarettenautomaten auf
sich nehmen müssen. Ein paar hundert Meter durch die
Kälte.
Mit einem
mürrischen Gesichtsausdruck stapfte Belter los.
Kaum ein paar Schritte
gegangen, vernahm er ein Geräusch hinter sich. Er blieb wie
angewurzelt stehen. Sein Puls raste. Als er sich umwandte,
erblickte er einen hoch gewachsenen Schatten.
Der Typ hatte in etwa
seine Größe und Statur, trug einen langen Mantel. Mehr
sah Belter nicht von ihm.
»Haste mal
Feuer?« Die Stimme klang rau.
»Klar«,
nickte er und fingerte in der Manteltasche herum. Plötzlich
spürte er kaltes Metall an seiner Kehle. Er wollte
zurückweichen, doch die Klinge eines Messers bohrte sich
ruckartig in sein Fleisch. Ein krächzender Laut kam über
seine Lippen.
Thomas Belters Atem
ging rasselnd.
Ehe er sich versah,
wurde er von einer kräftigen Hand gepackt und herumgewirbelt.
Er taumelte, riss die Arme hoch und trat einen Schritt nach hinten.
Sein Angreifer riss die Hand, mit der er das Messer hielt,
zurück. Der Arm ruckte hoch und sauste jetzt geradewegs auf
Toms Brust zu. Belter stand wie erstarrt da und war nicht in der
Lage, der tödlichen Klinge auszuweichen. Im Augenwinkel sah
er, dass in den Fenstern der gegenüberliegenden Häuser
kein Licht mehr brannte. Er versuchte zu schreien, doch mehr als
ein weiteres Krächzen kam nicht über Belters Lippen.
Gebannt starrte er auf das riesige Messer. Das Gesicht des
Angreifers war zu einer Fratze verzerrt. Die Klinge blitzte im
Licht der Straßenlaternen. Im nächsten Augenblick
erschien es Belter, als würde die Welt vor seinen Augen
explodieren. Ein brennender Schmerz lähmte seinen Körper.
Er riss die Arme schützend hoch, doch zu spät. Tief drang
die Klinge in seinen Brustkorb. Er sah Sterne vor seinen Augen
aufblitzen, spürte die Hitze, die sein Herz durchströmte
und sackte kraftlos zusammen. Belter rang nach Atem, doch die Luft
blieb ihm aus. Immer und immer wieder rammte der Fremde ihm die
Messerklinge in den Oberkörper. Tom presste die Hände auf
die Stelle, von der der Schmerz ausging.
Er spürte etwas
Warmes, Klebriges … Blut. Sein eigenes.
Bevor er sich versah,
stach sein Peiniger weiter auf ihn ein. Röchelnd brach Belter
zusammen und schlug rücklings auf dem Pflaster des
Bürgersteiges auf, spürte den harten Schlag am
Hinterkopf, der ihm den Schädel zu zerreißen schien,
krümmte sich vor Schmerzen, doch der Fremde warf sich auf ihn, riss ihm
die schützenden Arme von der Brust fort und stach immer wieder
zu.
Belter spürte,
wie der klamme Matsch seine Kleidung durchdrang. Die nasse
Kälte drohte seinen Körper zu lähmen. Er war dem
Fremden ausgeliefert. Wie ein Gefangener in seinem eigenen
Körper musste er machtlos mitansehen, wie sich der
Messerstecher über ihn beugte. Sein Gesicht glich einer
Maske.
Immer und immer wieder
bohrte sich die blitzende Klinge des Messers in seinen
Oberkörper und lähmte ihn immer
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