Mein Ist Die Nacht
verloren, und es dauerte ein
paar Minuten, bis sie die Nachricht vom Tode Mandy Klimmeks
verarbeitet hatte. Regungslos stand sie am Fenster und blickte
scheinbar gedankenverloren hinaus. Am Zucken ihrer Schultern
konnten Franka und Micha erkennen, dass sie leise
weinte.
»Wer tut so
etwas?«, fragte sie, ohne sich umzuwenden.
»Das
möchten wir auch gern wissen, Frau Krämer, deshalb sind
wir hier.«
Die junge Frau drehte
sich zu den Polizisten um. Ein wütendes Funkeln lag in ihren
Augen. »Wollen Sie damit vielleicht sagen, dass ich unter
Mordverdacht stehe?«
»Nein, das
natürlich nicht, aber wir erhoffen uns von Ihnen, etwas
über die beiden Mordopfer zu erfahren. Leider können wir
weder Thomas Belter noch Mandy Klimmek befragen.«
»Fragen Sie
mich. Mandy kannte ich gut, Tom eher nicht. Ich weiß nur,
dass er, wie gesagt, rasend vor Eifersucht war. Mandy war
hübsch, sehr hübsch. Kein Wunder, dass die Männer
auf sie flogen. Oft haben sie Mandy angemacht, wenn ich mit ihr
unterwegs war. Aber sie ist Tom niemals
fremdgegangen.«
»Niemals?«
»Nein.
Niemals.«
Franka dachte an die
Spermaspuren, die der Gerichtsmediziner am Leichnam von Mandy
Klimmek gefunden hatte. Sie war gespannt, ob das Sperma die gleiche
DNA aufwies wie die von Thomas Belter. Dagegen sprach jedoch die
Tatsache, dass Belter unmittelbar vor seinem Tod keinen
Geschlechtsverkehr mehr gehabt hatte.
»Sie war
ziemlich … nun, offen, wenn Sie verstehen.«
»Nein, ich
fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Sie liebte
heißen Sex. Tom zwar auch - er war wohl ständig …
scharf auf Mandy.« Jetzt lächelte Lisa Krämer.
»Naja, verstehen kann ich ihn, so gut, wie seine
Süße aussah. Aber er wollte sie nicht
teilen.«
»Wie kommen Sie
darauf?« Micha beugte sich weit vor und hing an den Lippen
der jungen Frau. Er war sicher, dass er etwas Wichtiges erfahren
würde. Es musste voran gehen in dem Fall.
»Mandy wollte
unbedingt mit ihm in den Swingerclub.«
»Sie stand auf
Partnertausch?«
Schulterzucken.
»So offen hat sie das nie zugegeben, aber ich glaube, sie war
voyeuristisch veranlagt. Sehen und gesehen werden eben. Jedenfalls
hat sie mir erzählt, dass sie es mal ausprobieren wollte. Hier
in Wuppertal gibt es ja einen Club, der muss irgendwo in der
Nähe vom Zoo sein. Und in Solingen, in der Nähe von
Schloss Burg. Da kommen sie aus Hamburg hin, aus Frankfurt, aus
allen Ecken des Landes.« Sie hatte im Internet recherchiert.
»Für hundert Euro Eintritt pro Paar kann man sich in den
Läden den ganzen Abend amüsieren. Aber Tom hatte keinen
Bock auf Zuschauer oder sogar auf Partnertausch. Deshalb hatten sie
auch mal Streit, ist noch gar nicht so lange her.«
»Sie schienen
recht locker im Umgang mit ihrem Liebesleben gewesen zu
sein«, hakte Franka noch einmal nach.
»Relativ«,
erwiderte Lisa Krämer und winkte ab. »Ich weiß
nur, dass sie eine ganze Batterie Sexspielzeuge besaßen und
auch mal experimentiert haben. Aber alles hatte seine Grenzen,
dafür hat Tom schon gesorgt, da bin ich mir ziemlich
sicher.«
»Können Sie
sich vorstellen, dass Belter gewalttätig wurde, wenn Mandy
Klimmek diese Tabus doch einmal gebrochen hat?«
Erneutes
Schulterzucken. »Ich weiß es wirklich nicht. Wir
konnten uns eben einfach nicht leiden, das war so. Allerdings habe
ich von Mandy nicht gehört, dass er ihr Prügel oder sonst
was angedroht hat.«
»Wissen Sie, ob
es Angehörige gibt?«
»Mandy hatte
Zoff mit ihren Eltern, die waren ihr zu spießig. Es gibt noch
eine Schwester, ich weiß aber nicht, wo sie wohnt. Und Tom
… warten Sie mal, er hatte einen guten Freund, so einen
dicken Kumpel, Sie wissen schon.«
»Haben Sie einen
Namen oder eine Adresse für uns?« Franka erhob sich. Sie
hatte genug gehört. Vorerst. Das Gehörte musste sie erst
einmal verdauen.
»Er heißt
Bernd Wiesinger. Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen, und das
hat mir auch gereicht. Ein widerlicher Kerl. Den Blick, mit dem er
mich damals angegafft hat, werde ich nie vergessen. Dass
Männer uns Frauen angaffen, kennen wir ja, aber so, wie der
Typ mich beäugt hat, das war die reinste Fleischbeschau. Ist,
glaub ich, auch irgendwo im Rotlichtgewerbe tätig, aber das
können auch Gerüchte sein. Tom hatte damals mal versucht,
mich mit diesem Widerling zu verkuppeln.« Sie schüttelte
sich angewidert.
»Bernd
Wiesinger, sagten Sie?« Micha kritzelte den Namen in sein
Notizbuch, bevor er Franka ein Zeichen gab.
»Ja, aber mehr
kann ich Ihnen nicht über ihn
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