Mein Ist Die Nacht
Hätte sie so
etwas wie einen Sparstrumpf gehabt, dann wäre er mir
sicherlich aufgefallen.«
»Ich
resümiere«, unterbrach Bever die Diskussion.
»Unser Mordopfer Nummer eins hatte ein geregeltes Einkommen,
mit dem es auch über die Runden kam und seinen bescheidenen
Lebensunterhalt problemlos bestreiten konnte. Dennoch hat die Frau
als Fotomodell im erotischen Bereich gearbeitet, aber wohl nicht
aus Geldnot. Da diese Jobs in der Regel zwar recht anständig
bezahlt werden, aber meist in bar, tauchen ihre Honorare nirgendwo
auf.«
»So ist
es«, bestätigte Franka, die noch einmal ihre Mappe
durchgeblättert hatte. »Also stellt sich uns die Frage,
was sie mit dem Geld getan hat. Vielleicht gibt es ein
Geheimversteck in der Wohnung, das wir nicht entdeckt haben - so
was ist nie auszuschließen.«
Micha zog die Lippen
herunter. »Vielleicht hat sie es Belter gegeben. Er war nicht
einverstanden damit, dass sie diese Fotos machte.
Möglicherweise hat sie ihm das Geld gegeben, als kleine
Entschädigung sozusagen.«
»Dann
müsste das Geld ja bei ihm auftauchen«, überlegte
Franka.
»Überprüft das
bitte morgen.«
»Es gibt da eine
gewisse Lisa Krämer. Sie war Mandy Klimmeks beste Freundin.
Das Verhältnis zwischen Klimmek und Belter hat sie stets mit
Argwohn betrachtet. Uns hat sich eher der Eindruck
aufgedrängt, dass sie ein Problem mit Belter hatte, weil er
ihr die beste Freundin wegnahm, als diese eine feste Beziehung mit
Mordopfer zwei einging.«
»Hat sie ein
Alibi?« Bevers Kopf ruckte hoch.
»Allerdings. Sie
hatte am nächsten Tag Frühschicht und war deshalb zu
Hause. Es gab ein Telefonat zwischen Belter und ihr, da er seine
Freundin bei Lisa vermutete. Das war aber nicht der Fall. Wir haben
das Telefon überprüft und die entsprechenden Daten beim
Netzbetreiber eingeholt. Lisa Krämer befand sich
tatsächlich in ihrer Wohnung an der Straße Weinberg. Sie
hat uns die Wahrheit gesagt und kommt als Täterin nicht in
Frage.« Franka hatte das alles von einem Zettel abgelesen.
Kurz vor dem Meeting hatte sie die angefragten Daten von Lisa
Krämers Mobilfunkbetreiber erhalten. Somit gab es eine
Tatverdächtige weniger.
Bever wandte sich an
Mellinghaus und Hanser. »Gibt es Neuigkeiten zum abgebrannten
Fabrikgebäude?«
Birgit Hanser
räusperte sich. »Grundstück und Gebäude
gehören einer Immobilienfirma, KBI, was für Klaus Baumann
Immobilien steht. Nach Angaben des Vermieters stand das Objekt
schon lange leer. Die Gegend ist nicht attraktiv für
Jungunternehmer, und ein Investor denkt darüber nach, am
Wupperufer neu zu bauen. KBI liegt ein Kaufangebot für das
Grundstück vor.«
»Also sollte die
Fabrik über kurz oder lang abgerissen werden«, murmelte
Bever und machte sich Notizen am Flipchart. »Wie steht es um
die finanzielle Situation von KBI?«
»Also, Baumann
war nicht darauf angewiesen, durch den Brand seine Versicherung in
Anspruch zu nehmen.«
»Eine
heiße Sanierung fällt demnach flach?« Micha
grinste.
»Aller
Wahrscheinlichkeit nach ja. Obwohl sich Klaus Baumann oft an der
Grenze der Legalität bewegt und häufig mit den
Anwälten seiner Gegner zu kämpfen hat, steht es
finanziell ganz gut um ihn.«
»Wir werden ihm
morgen einen Besuch abstatten«, beschloss Micha und warf
Franka einen Blick zu.
»Die
Brandursache steht übrigens inzwischen fest: Es war
Brandstiftung. Der Täter hat gewusst, was er tut und den Brand
so gelegt, dass er sich innerhalb kürzester Zeit ausbreiten
konnte und das Gebäude verwüstet hat. Wahrscheinlich kam
ein Brandbeschleuniger zum Einsatz. Beim Eintreffen der Feuerwehr
brannte das Gebäude bereits in voller Ausdehnung«,
berichtete Henrik Mellinghaus.
»Was ist mit
diesem Baumann - hat er ein Alibi für die Tatzeit?«,
fragte Micha.
»Allerdings«, nickte
Mellinghaus. »Und ich glaube nicht, dass er den Brand selber
legen würde. Sicherlich hat er Helfer für die
Drecksarbeit - sollte entgegen unserer Vermutungen doch er hinter
dem Brandanschlag stecken.«
Schweigen kehrte am
Besprechungstisch ein, dann meldete sich Hanser zu Wort. »Es
scheint, als hätte sich dort jemand eingeschlichen, um die
Fotos zu machen, und dann schnell wieder
unterzutauchen.«
Bever blickte erst
Micha Stüttgen, dann Staatsanwalt Stefan Adler an. »Was
hat denn die Obduktion ergeben?«
Adler, ein ruhiger
Mittvierziger mit ergrauten Schläfen und im korrekten Anzug,
räusperte sich, drückte den Rücken durch und blickte
in die Runde. »Todesursache war in der Tat der
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