Mein Ist Die Nacht
sogar eine
Kaffeemaschine. Es war wohl eine von diesen modernen Apparaten, die
man mit Kaffee-Pads futtern muss, eins von diesen
holländischen Dingern.«
»Das würde
bedeuten, dass er Elektrizität hatte«, murmelte Franka
nachdenklich.
»Aber welcher
Idiot schaltet in einem leerstehenden Gebäude den Strom nicht
ab?« Micha schüttelte den Kopf.
»Ein technischer
Defekt als Brandursache scheidet aus«, erstickte Zielke die
Gedanken des Kollegen im Ansatz. »Der Brandverlauf ist
typisch für eine Brandstiftung, und außerdem waren wir
bereits unten im Keller. Dort liegt der Energieraum. Der Täter
besaß definitiv keinen Anschluss an die hauseigene
Elektrizität. Ich habe bereits mit den Stadtwerken telefoniert
- sie haben alle zur Versorgung mit Strom nötigen Aggregate
vor langem ausgebaut.« Zielke grinste. »Und trotzdem
hatte er einen Fernseher, einen Kühlschrank und eine
Kaffeemaschine. Und nun seid ihr dran.«
Franka hatte keine
Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Sie wusste nur, dass ihr das
Phantom, dem sie hinterher jagten, immer unheimlicher
wurde.
35
9.45
Uhr
»Und
jetzt?«, wollte Micha wissen, nachdem sie die Begehung der
Brandruine beendet hatten.
»Fahren wir zu
Baumann. Scheint ein krummer Hund zu sein.« Franka
blätterte in ihren Notizen, die sie sich vorhin gemacht hatte.
»Wohnt und arbeitet in Nächstebreck, am Rand zu
Sprockhövel.«
Franka las ihm die
Adresse vor, und Micha nickte stumm.
»Also, statten
wir ihm einen Besuch ab.«
Sie stiegen in den
Dienst-Audi und fuhren los. Als die Heizung Wärme abgab,
spürte Franka, wie die Kälte langsam von ihr abfiel. Sie
betrachtete die Häuser der Stadt, wie sie an ihr
vorbeizufliegen schienen und dachte über den rätselhaften
Fall nach. Sie fahndeten nach einem Phantom, einer zwielichtigen,
aber gefährlichen Gestalt, die nachts ihr Unwesen trieb und
vor nichts zurückzuschrecken schien.
Inzwischen hatten sie
das Getümmel der Stadt hinter sich gelassen. Der Audi rollte
stadtauswärts, und obwohl sie nur wenige Höhenmeter
zurückgelegt hatten, lag hier bereits mehr Schnee. Auf den
Bürgersteigen waren dick vermummte Gestalten damit
beschäftigt, Schnee zu räumen. Die in der Nacht frisch
gefallene weiße Pracht glitzerte in der Morgensonne.
Über die Straße Mollenkotten gelangten sie in den Norden
der Stadt. Links befand sich ein Hotel der gehobenen
Kategorie und
rechterhand lud im Sommer ein Golfplatz zum Verweilen ein. Idylle
am Stadtrand, die durch den frisch gefallenen Schnee wie ein
Wintermärchen wirkte. Doch war Franka gar nicht romantisch
zumute, Der Rundgang durch die ausgebrannte Fabrik hatte sie
nachdenklich werden lassen. Der Täter hatte sich scheinbar
wochenlang und akribisch auf seine schreckliche Tat vorbereitet, um
dann alle Spuren ebenso gründlich zu vernichten.
»Ich frage mich,
ob wir Baumann in den Kreis der Tatverdächtigen einreihen
können«, sagte sie, an Micha gewandt. »Als
Hausbesitzer hat er einen Schlüssel zu der Fabrik. Hinzu
kommt, dass es nicht einmal auffallen würde, wenn er seinen
eigenen Besitz betritt. Lass uns mal überlegen. Baumann
spekuliert mit Immobilien. Es gibt offiziell keinen Mieter, der
Mandy in der Fabrik hätte empfangen können. Aber
hätte dieser Baumann irgendeinen Grund, Mandy Klimmek zu
töten? Wohl eher nicht. Die beiden kannten sich vermutlich
nicht einmal.«
»Es sei denn,
dieser Baumann ist auch der Fotograf, den wir suchen«,
überlegte Micha, ohne den Blick von der Fahrbahn zu nehmen. Da
ihn der frische Schnee blendete, hatte er sich eine Sonnenbrille
aufgesetzt. »Er ist im Internet auf der Suche nach einem
Opfer. Sie soll jung und hübsch sein. Und natürlich nicht
prüde und bereits Erfahrungen mit der erotischen Fotografie
gemacht haben. Für jemanden, der fit ist im Internet, ist das
eine der leichtesten Übungen, zumal Geld für diesen
Baumann wohl keine Rolle spielt. Ich könnte mir vorstellen,
dass er ein Doppelleben führt: Zum einen der aalglatte
Geschäftsmann, nicht sonderlich beliebt, aber wohl
erfolgreich, zum anderen hat er gesellschaftliche Probleme und
abnorme sexuelle Vorlieben. Aber zurück zum möglichen
Tathergang: Er sucht und findet sein zukünftiges Opfer im
Internet, er vereinbart Honorar und Termin mit ihr und sucht nun
nach einer Location für sein Verbrechen. Was liegt bitte
schön näher, als sie in eines seiner leerstehenden
Objekte einzuladen? Er hat freie Hand, besitzt einen Schlüssel
und kann in dem Gebäude tun und lassen, was
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